CSU will Rauchverbot lockern:Vom Raucher verweht

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In der CSU geht Seltsames vor sich: Nicht nur, dass Horst Seehofer zum Heilsbringer der Partei wird - jetzt ist auch das Rauchverbot plötzlich Teufelszeug.

A. Ross

Es sind dies die Tage, an denen in der CSU politische Bekundungen und starke Worte mindestens so rasch welken wie das Herbstlaub auf den Bäumen. Man schaue sich nur die Ergebenheitsadressen an, die jetzt gegenüber dem neuen Heilsbringer Horst Seehofer abgegeben werden.

Nach dem Wahldebakel räumt die CSU ein, beim Rauchverbot Fehler gemacht zu haben. (Foto: Foto: ddp)

Jenem Seehofer, den viele, die ihn jetzt in den Himmel loben, noch vor einem Jahr als Parteichef nicht für vermittelbar gehalten haben. Was doch so eine gründliche Kopfwäsche, die der Wähler der CSU am 28. September verpasst hat, alles bewirken kann.

Denn nun gilt auch das Nichtraucherschutzgesetz plötzlich als Teufelszeug, das nach Auffassung von Innenminister Joachim Herrmann "korrigiert werden muss". Und selbst Fraktionschef Georg Schmid, der sich gerne als der geistige Vater des Rauchverbots sah, räumt kleinmütig ein, dass er bei dessen Einführung wohl Fehler gemacht habe.

Das ist insofern schon bemerkenswert, weil es ja erst einige Wochen her ist, dass das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe feststellte, das bayerische Nichtraucherschutzgesetz sei zweifelsfrei im Einklang mit der Verfassung. Das war im August, und der Jubel darob war groß in der CSU, denn mit dem Votum der Karlsruher Richter wähnte man sich im Landtagswahlkampf auf der Siegesspur.

Bayerns Gesundheitsminister Otmar Bernhard, sonst eher einer der Stillen im Kabinett, sah gleich Großes für die Republik voraus: "Ich gehe davon aus, dass es jetzt eine Diskussion auf Bundesebene geben wird, in der die Staatsregierung ihre Regelung als bayerisches Vorbild vertritt", tönte der Münchner CSU-Politiker.

Und Ministerpräsident Günther Beckstein tat Kritik der Oppositionsparteien an der bayerischen Linie, die mit Billigung von Raucherclubs und der Qualmerlaubnis in Festzelten ja nicht wirklich konsequent war, als "reines Wahlkampfgetöse" ab.

Vergangen, vergessen, vorüber. Die Wahlohrfeige für die CSU stammte schließlich auch von erzürnten Rauchern. Da trifft es sich gut, dass FDP und Freie Wähler als mögliche Koalitionspartner das weiterhin umstrittene Gesetz ohnehin korrigieren wollen. Und schon beginnt die CSU ihre gerade noch gefeierte Position zu räumen. Die Raucher wird es freuen, die Nichtraucher wohl weniger. Die aber sind die mehreren.

© SZ vom 09.10.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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