CSU-Wahlkampf:Hymnus voller Peinlichkeit

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Die CSU ist stolz auf ihren Freistaat. Offenbar so stolz, dass inzwischen ein Wahlkampflied die bayerische Herrlichkeit preist. Ob der Song die Wähler wirklich überzeugen kann, ist fraglich.

Kassian Stroh

Linus Förster ist ebenso leidenschaftlich SPD-Abgeordneter wie Freizeitmusiker. So erklärt es sich, dass er das Anti-CSU-Liedchen "Drum wählt sie ab" geschrieben hat, bei dem trotz mäßigen Gesangs selbst frustrierteste Genosen mittanzen.

Hätte Förster Talent zur Wahlkampfsabotage, er hätte auch den Song "Stolz auf Bayern" geschrieben. Der steht seit drei Wochen als Film im Internet-Videoportal YouTube: 2:35 Minuten wahlweise "unerträglicher Schwachsinn" (so kommentiert es der User schmuddelschwester) oder "musikalisch eine Katastrophe" (CFeihl). Doch es ist nicht Försters Gemeinheit, sondern eine Auftragsarbeit der CSU.

Langsamer Beat, ein Balladen-Piano mit schmachtenden Streichern im Hintergrund, dem Refrain verleiht eine E-Gitarre den nötigen Nachdruck. Schlimmer noch der Text: Da reimt sich "zusammenstehen" auf "ernten, was wir säen".

Die Lage des Landes analysiert der unbekannte Interpret treffend mit den Worten: "Komm! Wir wissen eins genau: / Der Himmel ist weiß-blau. / Alles fühlt sich hier so frei an."

Und heimlicher Höhepunkt sind die von einer Frau leicht knödelnd vorgetragenen Zeilen: "Es ist die Magie / aus Tradition und Phantasie. / Wir kommen hoch hinaus, / doch verlier'n den Boden nie."

Die Bilder dazu zeigen viele glückliche Familien, noch mehr gesunde Kinder, und Sehenswürdigkeiten aus allen Landesteilen, mit starkem Überhang oberbayerischer Bergwelt-Idyllen. So also will die CSU im Wahlkampf Emotionen wecken.

Nur welche? Aus Stolz kann schnell Scham werden. User dezibel83 etwa erwägt bereits den Parteiaustritt: "Für sowas will ich keinen Mitgliedsbeitrag zahlen", kommentiert er auf YouTube.

So richtig überzeugt vom Ergebnis scheint auch die CSU selbst nicht zu sein: Auf ihrer Internet-Seite findet sich das Werk nicht. Nur die vergleichsweise wenigen Menschen, die in der Parteizentrale anrufen, bekommen das Lied in der Telefon-Warteschleife zu hören.

So kann die CSU von Glück reden, dass sie zwar seit Monaten ein tolles Förderprogramm für schnelle Internetanschlüsse auf dem Land verspricht, dieses aber noch nicht angelaufen ist.

So lange kann in den entlegenen Land-Strichen Bayerns niemand YouTube anklicken. Wetten, dass die CSU dort gut abschneidet?

© SZ vom 2.7.2008/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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