CSU:Söders Phantomschmerz

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Seit wenigen Wochen ist Markus Söder Bayerns neuer Europaminister - doch der CSU-Politiker handelt noch immer wie ein Generalsekretär.

Jens Schneider

"Grüß Gott, bin also wieder da", rief Markus Söder der Runde zu. Er klang erleichtert. Danach dauerte es viereinhalb Minuten - oder doch fünf? Viel mehr Zeit widmete er dem, was man für sein neues Kerngeschäft halten sollte, nicht.

Markus Söder: Sein Abschiedsschmerz vom Amt des Generalsekretärs birgt für die CSU Konfliktpotential. (Foto: Foto: dpa)

Der frühere Generalsekretär der CSU ist jetzt bayerischer Staatsminister für Bundesangelegenheiten, und so sollte er vor der Sitzung des Bundesrates an diesem Freitag zu den Hauptstadtjournalisten über "bedeutsame Tagesordnungspunkte" sprechen. Doch in ihm drängten größere Themen nach vorn.

Über das Profil der Union wollte Söder reden, und über die Schwächen der SPD. Also das, was er immer gemacht hat in den vier Jahren als Generalsekretär von Edmund Stoiber: Abteilung Attacke. Söder offenbarte damit Symptome eines immer wieder in Berlin auftauchenden Phänomens. Man nennt es politischer Phantomschmerz. Da ist einer nicht mehr, was er war, und macht es doch weiter.

Im Fall Söder gibt es besonders heftige Anzeichen, weshalb ein schnelles Abklingen der Verlustbeschwerden nicht zu erwarten ist. Über die persönlichen Nöte hinaus birgt die Sache für die CSU Konfliktpotential. Es zeichnet sich ein Gerangel ab. Zu viele buhlen in Berlin um Aufmerksamkeit.

Da ist Landesgruppenchef Peter Ramsauer, dazu die neue Generalsekretärin Christine Haderthauer, die CSU-Chef Erwin Huber gerade erst eingeführt hat, und eben ihr Vorgänger.

Die CSU hat noch keine neue hierarchische Ordnung gefunden, das belastet das Verhältnis zwischen ihren Kräften in München und in Berlin. Ramsauer hat im Streit ums Arbeitslosengeld I offen gegen Huber gestänkert. Der Parteichef soll darüber arg verstimmt sein. Jetzt wird sich Ramsauer über Söder wenig freuen. Die "grundsätzlichen Anmerkungen zum Koalitionsausschuss", zu denen dieser ansetzte, sind Ramsauers Kerngeschäft.

Wo Ramsauer in der bayerischen Landesvertretung sonst Weißwürste bietet, ließ der Franke Söder Nürnberger Bratwürstchen auftragen. Dazu gab es Generalsekretärs-Botschaften: Er traue dem Frieden in der Koalition nicht. "Die SPD darf nicht Dauerwahlkampf führen." CDU und CSU müssten "aus der Defensive" kommen und die Deutungshoheit gewinnen. Nebenher stellte Söder zum Jahrestag des Mauerfalls den Solidaritätszuschlag in Frage, der "einem Bayern nicht die größte Herzensangelegenheit" sei.

Über seine schwierige Rollenfindung sprach er mit einer Selbstironie, die ihm viele nicht zutrauen würden. Kürzlich sei ihm während einer Sitzung im Ministerium eine Meldung mit Zitaten von SPD-Chef Kurt Beck gereicht worden, so Söder. Da müsse man dagegen halten, stachelte er die Kollegen an. Heiter gibt er ihre Antwort wieder: "Herr Staatsminister, das fällt nicht ganz in unsere Ressortzuständigkeit." Er wird sich schwer daran gewöhnen.

© SZ vom 8.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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