CSU:Seehofer gibt den Ton an

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In der CSU fällt derzeit vornehmlich einer mit eigenen Akzenten auf: Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer.

Kassian Stroh

Horst Seehofer hat einen neuen Rinderpass gefunden. Der Rinderpass, besser gesagt: die Abschaffung dieses von den Bauern als überflüssige Bürokratie empfundenen Papiers, war Seehofers Schlagerthema in den Bierzelten, im vergangenen Jahr, als er CSU-Chef werden wollte und übers Land tingelte.

In seiner Partei argwöhnisch beäugt: Landwirtschaftsminister Horst Seehofer. (Foto: Foto: dpa)

Nun hat der Bundeslandwirtschaftsminister, streng in den Kompetenzgrenzen seines Amtes, ein neues hitverdächtiges Thema gefunden: die Kehrtwende in der Agrarpolitik.

"Wir brauchen eine Renaissance der Landwirtschaft, einen Ausbau der Agrarproduktion in Deutschland, der gesamten EU und vor allem in den Entwicklungsländern", sagte er der Bild am Sonntag. Und er garnierte dies mit harscher Kritik an den Agrarkonzernen, denen es nur um "Gewinnmaximierung und nicht um die Versorgung der Menschen" gehe.

Das ist nicht nur insofern interessant, als Seehofer der CSU angehört, einer Partei, die sich als Hüterin der Marktwirtschaft versteht, deren Grundprinzip nun mal das Streben nach Gewinn ist. Vielmehr wurde in der CSU aufmerksam registriert, was Seehofer so von sich gab.

Wie der bayerische Löwe brüllt

Es ist seit jeher seine Gabe, große, diffuse Probleme auf einen Satz zuzuspitzen. Auf einen Satz, den die Leute verstehen, der im Bierzelt Beifall bringt. Nicht nur deshalb wird er argwöhnisch beäugt.

Anlass dazu gaben auch zwei weitere Aussagen Seehofers, diesmal außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs. Kaum hatte am Montag CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer den Vorschlag abgelehnt, eine Art Mindestrente einzuführen, sagte Seehofer, er habe dafür "sehr viel Sympathie".

Und zuvor hatte er sich in der Welt am Sonntag zum Gesundheitsfonds ausgelassen: Er wolle, dass der Fonds funktioniert. Und man könne ihn auch so gestalten, dass er für Bayern keine Nachteile bringe.

Nun ist gerade dieser umstrittene Fonds das Thema, bei dem CSU-Chef Erwin Huber und Ministerpräsident Günther Beckstein beweisen wollen, dass der bayerische Löwe in Berlin noch brüllt. Inhaltlich bleibt Seehofer auf der Linie, die die CSU jüngst beschlossen hat: Der Fonds könne nur zu den Konditionen kommen, die die negativen Folgen für Bayern abfedern sollen.

Doch die Betonung ist eine andere. Die CSU-Spitze sagt: Der Fonds muss verschoben werden, wenn die Bedingungen nicht erfüllt werden. Und manche schieben nach: Hoffentlich kommt er nicht. Seehofer hingegen verteidigt als nahezu Einziger in der CSU die Reform. "Ich akzentuiere die Diskussion deutlich anders", räumt er ein.

"Sonst kommt der Seehofer"

Will er sich also vom CSU-Tandem abgrenzen, sollte der Fonds doch kommen? Diese Frage erregt Seehofer: Der Versuch, in jede Äußerung eine Meinungsverschiedenheit der CSU-Führung hineinzuinterpretieren, sei ein "krampfhaftes und zu durchsichtiges Spiel". Darüber sei er "richtig sauer".

Dass in der CSU jede Äußerung Seehofers fein registriert wird, illustriert jedoch auch, dass ihm zugetraut wird, noch einmal anzugreifen und Huber zu verdrängen. Kein Zufall, dass vor einem Monat Fraktionschef Georg Schmid die Kritiker des CSU-Tandems mahnte, Ruhe zu geben. "Sonst kommt der Seehofer", sagte er halb scherz- und halb ernsthaft - und es klang wie im Kinderspiel vom Schwarzen Mann.

Seehofer habe seine Meinung und spiele sein Spiel, heißt es in der Partei. Zwar habe er inzwischen erkannt, dass er zumindest vor der Landtagswahl keine Chance mehr habe, doch noch CSU-Chef zu werden. Längerfristig aber komme er dafür selbstverständlich in Frage, sollte Huber stürzen. Und so lange arbeite er daran, eine populäre Alternative zu bleiben, sagen selbst Huber-Freunde.

Mit der Landwirtschaft hat er ein zugkräftiges Thema. Seehofer weist Ambitionen auf den CSU-Vorsitz von sich und klagt, es sei das Geschäft seiner Gegner, ihn als Populisten zu schmähen. Als solcher gelte man ja schon "in dem Moment, wo man eine Position vertritt, die den Menschen dient".

© SZ vom 22.4.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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