CSU: Rauchverbot:Die neuen Rauchzeichen des Günther Beckstein

Lesezeit: 2 min

Ministerpräsident Beckstein will auf einmal das Rauchen in Festzelten erlauben - mit einem neuen Gesetz. Die Argumente liefert ihm ausgerechnet ein Brandbrief aus der SPD-regierten Landeshauptstadt München.

Birgit Kruse

Auch wenn Ministerpräsident Günther Beckstein immer wieder betont, dass das Rauchverbot nicht in Frage gestellt wird - nach der heutigen Kabinettssitzung ist die Aufweichung des striktesten Rauchverbots der Bundesrepublik so gut wie beschlossen. Vor dem Treffen der CSU-Fraktion am morgigen Mittwoch gibt Beckstein schon mal die Linie vor: Rund zwei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes hat sich das Kabinett für eine Lockerung entschieden - ein neues Gesetz erlaubt das Rauchen in Bier-, Wein- und Festzelten in diesem Jahr.

Ein neues Gesetz soll das Rauchen auf der Wiesn erlauben. (Foto: Foto: ddp)

Eine Aussetzung des Rauchverbots sei "die beste Lösung", erklärt Beckstein. Dabei bedient er sich der Argumente der Wiesnwirte - und setzt sich dem Vorwurf aus, er mache sich zu deren Handlanger. Ein Gedanke, den er sicherheitshalber gleich zurückweist: "Wir lassen uns nicht von den Wiesnwirten was diktieren!", sagt er - vielmehr gehe es um "dringende Interessen der Sicherheitsbehörden." Eine schöne Formulierung: Ausgerechnet die SPD-regierte Landeshauptstadt liefert ihm die passenden Argumente.

Konkret bezieht sich Beckstein auf ein Schreiben der Stadt München an Umweltminister Otmar Bernhard, das sueddeutsche.de vorliegt. Darin weist Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle auf die massiven Sicherheitsbedenken der Stadt und des Polizeipräsidiums München hin, wenn das Rauchverbot auch fürs Oktoberfest gelten sollte.

Blume-Beyerle glaubt, dass "bei realistischer Betrachtung davon ausgegangen werden kann, dass ein Teil der Zeltbesucher sich nicht an das Rauchverbot halten wird", und malt zugleich zwei mögliche "Problemszenarien" an die Wand: Zum einen die "soziale Kontrolle", also der Versuch von Nichtrauchergruppen, "das Rauchverbot eigenmächtig und gegebenenfalls gewaltsam durchzusetzen", wie es in dem Schreiben heißt. Zum anderen fürchtet der Beamte Eskalationen von Streitigkeiten "durch das Eingreifen von Ordnungskräften des Festwirts, indem sich andere Raucher solidarisieren, insbesondere in angetrunkenem Zustand". Darüber hinaus argwöhnt die Stadt, Zelteingänge und Notausgänge könnten durch herumstehende Raucher blockiert werden.

Gegenmaßnahmen wie die Errichtung von Raucherzonen könnten "jedoch heuer nicht mehr umgesetzt werden", klagt Blume-Beyerle - und appelliert an Minister Bernhard, "dass das Gesundheitsschutzgesetz auf der Wiesn 2008 noch nicht zur Anwendung kommt".

Argumente, die offenbar dem Landeschef Beckstein und seinen CSU-Kabinettskollegen wie gerufen kommen. Wie die Parteifreunde auf das erneute Vorpreschen ihres Ministerpräsidenten in der morgigen Fraktionssitzung reagieren werden, ist noch ungewiss - auch wenn Beckstein mit einer "ordentlichen Mehrheit" rechnet.

Wenn er sich da mal nicht verrechnet: In der Fraktion zeichnet sich Widerstand ab. Viele CSU-Abgeordnete haben bereits angekündigt, dass sie nicht gewillt sind, nach nur neun Wochen wieder an einem wichtigen Gesetz herumzudoktern. Unter anderem warnt Fraktionsvize Karl Freller vor Schaden für die Glaubwürdigkeit der CSU.

Auch der Nürnberger CSU-Politiker Hermann Imhof spricht von einem drohenden "Autoritätsverlust" für die gesamte Fraktion und die Parteispitze. Eine Krise der gesamten Partei sieht er jedoch nicht. Bezüglich des Rauchverbots sei jedoch sicherlich "ein Misstrauen entstanden", dass man aber nicht verallgemeinern dürfe. Aber: Die Partei "muss aus markanten Fehlern lernen." Wenn die CSU das Gesetz aufweicht, "würden wir unter einer erheblichen Autoritätskrise leiden", prognostiziert er: "Ich bin für diese knallharte Regelung. Ich stehe auf der Seite der Nichtraucher."

Verwundert zeigt sich Imhof darüber, wie über die Gesetzesänderung diskutiert wurde. Wie viele anderen Fraktionsmitglieder habe auch er erst über die Medien von der Debatte erfahren. Gespräche zwischen Regierung und Fraktion habe es nicht gegeben - auch wenn Imhof Beckstein bislang als "absolut dialogorientiert und kommunikativ" kennengelernt hat. "Die Fraktion hat rechzeitig eingebunden zu werden", kritisiert er: "Da spielt die Parlamentspause keine Rolle."

© sueddeutsche.de/jja/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken
OK