CSU preist Franz Josef Strauß:Der Mann, der die Zeitläufte aufwirbelte

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Edmund Stoiber und Markus Söder würdigen die bayerische Ikone Franz-Josef Strauß in Berlin: Der eine sieht sich als Ziehsohn, der andere mindestens als Enkel.

Hermann Unterstöger

Wo immer sich Hauptsachen tun, fallen auch Nebensachen an, und so sei gleich hier wiedergegeben, wie Markus Söder im Lichte Franz Josef Strauß' erscheint. Das Detail kam an den Tag, als Söder, Bayerns Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, in der Berliner Bayerischen Vertretung die Ausstellung "Strauß - Ein deutsches Leben" eröffnete.

Franz-Josef Strauß: Am 3. Oktober jährt sich der Todestag des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten zum zwanstigsten Mal. (Foto: Foto: AP)

Um sein Grußwort nach guter Rednersart auch persönlich einzufärben, erzählte er, dass er, nachdem er als sehr junger Mann in die CSU eingetreten war, in seinem Schlafzimmer ein FJS-Poster aufgehängt habe. Das habe, fügte er hinzu, seine damalige Freundin ziemlich verwirrt.

Allgemeinens Schmunzeln, und vielleicht hat sich der eine oder andere Journalist die Anekdote als Mosaikstein für die irgendwann sicher fällige Söder-Biographie zurückgelegt.

Am 3. Oktober jährt es sich zum zwanzigsten Male, dass Strauß gestorben ist - derart jählings, dass in Bayern manchem die alte Volksliedzeile "Er wurd' hinweggerafft von dieser Erd'" in den Sinn kam. Sie gilt zwar dem Wildschützen Jennerwein, aber da Strauß an Beliebtheit mit diesem allemal mithalten konnte, waren dabei sowohl der Respekt als auch die Relation gewahrt.

Obwohl bis heute keine wissenschaftlich fundierte Biographie dieses Homo politicus vorliegt, hat sich der Staub der Zeitläufte, den aufzuwirbeln er selbst ja meisterhaft verstand, so weit verzogen, dass sein Bild um einiges klarer geworden ist. Die Hanns-Seidel-Stiftung jedenfalls nahm den äußeren Anlass gern wahr, um dieser klareren Wahrnehmung mit einer kleinen, in der Kleinheit freilich recht dichten Ausstellung weiter behilflich zu sein.

Gerda Hasselfeldt, die das Publikum namens der Stiftung willkommen hieß, sprach von "zehn Stationen" der Ausstellung. Das klang zunächst nach einem Kreuzweg, doch wer dann die Stationen - stelenartige Gebilde, deren jede einem Teilthema gewidmet ist - der Reihe nach abschritt, ließ den Gedanken an eine Passion schnell fallen.

Das heißt, mit Passion hat es natürlich schon zu tun, insofern als Strauß bei allem und jedem con passione dabei war, als ihm Lauheit etwas vom Verwerflichsten war, das er sich denken konnte. Auf dem Gebiet der Politik wurde ihm das von einem bestätigt, der sonst nicht sein Herzensfreund war, nämlich von Helmut Schmidt.

Eine der "Stationen" steht unter einem Motto, das der frühere Kanzler einmal formuliert hat: "Hier handelt einer, der ganz und gar von der Leidenschaft erfasst ist, der res publica zu dienen."

Wie es der Gedenktag nahelegt, beginnt die Ausstellung mit Straußens Beerdigung. Wer seinerzeit daran teilnahm, wird das durchaus fürstliche Gepränge so leicht nicht vergessen. Prunk wie Trauer waren so überbordend, wie Strauß gelebt hatte, und die allerältesten Bayern mochten sich an die Beisetzungsfeierlichkeiten für Prinzregent Luitpold selig erinnert fühlen.

Dazu passt ein Schaukasten, in dem ein paar repräsentative Papiere die Fülle der Kondolenzbekundungen dokumentieren, vom Ortsverein Schrobenhausen bis hin zum ägyptischen Informationsminister Safwat El Sherif, der wissen lässt, dass er "a true and loyal friend" verloren habe. Der Bibelspruch auf Strauß' Sterbebild könnte charakteristischer nicht sein: "Diese Augen sollen geradeaus schauen, und dein Blick richte sich nach vorn."

Ist man schon bei den Vitrinen, sollte man noch zwei, drei Blicke verlieren. Der eine könnte den paar Ehrenzeichen gelten, die für viele andere gezeigt werden, und auch hier geht es von der Heimat in die große Welt, von der Ehrenmitgliedschaft beim Ortsverband Schongau zum Großkreuz des Ordens "Isabel la Catolica". Einen zweiten Blick sind sicherlich die Werbemittel für Strauß wert, all die Buttons, Autogrammkarten und Aufkleber à la "FJS - Frauen für Strauß".

Strauß wäre in der Küche selbst das Wasser angebrannt

Der dritte Blick muss dann etwas ausdauernder sein. Er fällt in die Vitrine mit Straußens Memoiren, von deren Manuskript er nur noch wenige Seiten redigieren konnte. Die erste Seite ist ausgestellt, ein Typoskript, das förmlich eingerahmt wird von Korrekturen in seiner kräftigen, dabei kernig schönen Schrift.

In dieser kondensierten, zugespitzten Weise geht es durchs persönliche wie politische Leben dieses Mannes, wobei sich selbst Schnappschüsse wie der finden, der für eine Homestory entstand und Strauß in einer Küchenschürze zeigt, mit Wasserkessel und Teekanne in den Händen.

Glücklicherweise war bei der Eröffnung auch seine Tochter Monika Hohlmeier zugegen, die auf die Frage, ob ihr Herr Vater auch Küchenkompetenz besessen habe, nur auflacht: "Da hat ma höchstens aufpassn müassn, dass eahm 's Kaffeewasser net anbrennt."

Edmund Stoiber hatte zum Schrecken aller angedeutet, dass er über Strauß drei Stunden reden könne; er beschied sich dann aber mit der ihm zugeteilten Zeit, ein Akt, der ihm ähnlich viel Sympathie eintrug wie sein Bestreben, der ihm eigenen Trockenheit mit Anekdotischem abzuhelfen.

Dabei ging er nicht so weit zurück wie Söder, aber seine Schilderung der legendären Moskaureise vom Dezember 1987 war ebenfalls nicht von schlechten Eltern: Wie die Moskauer Flughäfen wegen Nebels gesperrt waren; wie man nach Minsk ausweichen wollte; wie der Pilot - Strauß - mitteilte, dass dafür der Sprit nicht reiche; wie die Mitreisenden, Spin-Doctor Scharnagl eingeschlossen, darüber vor Angst fast vergangen wären.

Das war in der Tat nicht unkomisch, und da er solches zu bieten wusste, folgte man Stoiber auch gern auf das Feld des Sentimentalen. Es ging dabei einerseits um die Lebenstragik, bewirkt durch den frühen Tod der Gattin, andererseits um die politische Tragik, dass er die Wiedervereinigung nicht mehr erleben durfte: Wie Moses, sagte Stoiber, der vom Berg Nebo aus das Gelobte Land sieht, aber nicht mehr betreten darf.

© SZ vom 12.07.2008/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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