CSU mit Guttenberg:Der deutsche - oder nur der bayerische Obama?

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Schriftsteller und die Politik: Martin Walser hält Minister Guttenberg für den deutschen Obama. Wenn er sich da nicht täuscht.

Birgit Kruse und Oliver Das Gupta

Ja, die CSU ist in diesen Zeiten eher geschüttelt als gerührt.

Kann fast so gut formulieren wie Obama und spricht fast so fließend Englisch wie der US-Präsident: Wirtschaftsminister: Karl-Theodor von und zu Guttenberg. (Foto: Foto: dpa)

Vorbei die schöne Selbstgewissheit, als die Partei von Aschaffenburg bis Mittenwald nach Gusto schalten und walten konnte. Dem Kater der Landtagswahl könnte bald ein neuer Tiefenrausch folgen - wenn Bayerns langjährige Staatspartei aus dem Europaparlament fliegen sollte.

Vorbei auch das gute Gefühl, der CDU mächtig die Hölle heißmachen zu können. Angela Merkel, Kanzlerin und Vorsitzende der großen Unionsschwester, hat keine richtige Angst vor der Münchner Staatskanzlei. Zumindest macht ihr Horst Seehofer nicht mehr Sorgen als Wulff, Koch und Rüttgers.

Fatales Lob

Zum schwarzen Glück gibt es Karl-Theodor von und zu Guttenberg. Der hochwohlgeborene Franke spricht Hochdeutsch, ist aber zum Glück für die CSU männlich, katholisch und derzeit im Volk ziemlich gut gelitten: Auch über die Grenzen des Bayernlandes hängt ihm der Ruch des Machers an - und das in Zeiten, die nicht nur für die CSU krisenhaft sind.

Nun droht dem bundesministeriellen Freiherrn Ungemach der besonderen Art. Die Gefahr heißt: Martin Walser. Der inzwischen in allen Gefilden reitende Schriftsteller vom Bodensee hat einer bunten Illustrierten ein Interview gegeben. Und weil der inzwischen 82-Jährige sich so gut über Sex-Appeal auskennt, purzelte folgender Satz aus des Autoren Mund: "Er hat das Zeug zu einem deutschen Obama."

Das klingt gut - doch faktisch kann solches Lob fatal sein. Sicher: Walser attestiert korrekt, dass sowohl Guttenberg als auch der US-Präsident "hervorragend formulieren" können. Und: Beide sind charmant, juvenil und sportlich, sie tragen schicke Anzüge. Beide sprechen fließend Englisch. Doch damit hören die Gemeinsamkeiten eigentlich schon auf.

Lesen Sie auf Seite zwei, was Obama und Guttenberg trennt.

US-Präsident als Vorbild
:Deutschland, Deine Obamas

Von Ruhm, Glanz und Erfolg des US-Präsidenten hätte man auch in Deutschland gerne was ab. Die Politiker selbst halten sich zurück, es sind ihre Anhänger, die zu Obama-Vergleichen greifen.

Der wahre Barack Obama stammt aus einer Patchwork-Familie, die im klassischen CSU-Milieu abschätzig unter "Multikulti" läuft. Von Schlössern oder gar einem Ort, der den gleichen Namen trägt, keine Spur.

Obama steht vielmehr offen dazu, gekifft und gekokst zu haben - in Bayerns sauberen Gauen gilt als selten doof und politisch tot, wer über solche Dinge spricht. Dort prahlt man lieber mit den üblichen Schüler-Biergelagen.

Und überhaupt: Obama leitet einen Riesenstaat, der immer noch eine Weltmacht ist. Dem angeblichen bayerischen Obama ist aber weder der Kabinettsposten in Berlin sicher, noch der Sessel des Parteichefs in München in ein paar Jahren.

Karl-Theodor von und zu Guttenberg hätte noch ein weiteres Problem: Er steigt wie Ikarus empor, immer höher, kurz vor der Sonne. Zu hoch sollte er nicht fliegen - denn in der CSU wird sowas nicht gerne gesehen.

Schon zu Zeiten von Franz Josef Strauß herrschte in der CSU vor allem eins - eine klare Rangordnung. Oberstes Gebot für ein Parteimitglied war es, dem großen Vorsitzenden den nötigen Respekt zu zollen und ihm uneingeschränkte Loyalität entgegenzubringen. Es verstand sich also auch von selbst, dass Komplimente sich ausschließlich auf ihn bezogen.

Selbst mehr als 20 Jahre nach seinem Tod kommt es in der Partei einem Hochverrat gleich, wenn man sich kritisch über das CSU-Idol äußert.

Beim "deutschen Obama" schwingt mit, was der CSU derzeit fehlt: jugendliche Dynamik gepaart mit einer Extraportion Charisma. Das wird Guttenberg, den Transatlantiker, freuen.

Andererseits wird seit einigen Monaten jeder, der in diesen Landen einigermaßen charmant und charismatisch ist, als deutscher oder bayerischer oder niederbayerischer Obama geadelt. "Gesucht:der deutsche Obama" hieß es jüngst in "Spreng & Jürgs", einer Kolumne des Hamburger Abendblattes.

"Yes, pack mas!"

Ja, es wird derzeit viel gesucht im deutschen "Superwahljahr". Frank-Walter Steinmeier, das ist der Kandidat der SPD, zieht ins Tempodrom ein wie Obama in den Madison Square Garden. In den Ortsvereinen fassen sie sich alle tapfer bei der Hand und flüstern: "Yes, we can."

Auch das Fernsehen sucht mit: Das ZDF macht für junge Leute eine Politiker-Castingshow namens "Ich kann Kanzler". Unter den Kandidaten ist der 18-jährige dunkelhäutige Delano Osterbrauck, der Barack Obama tatsächlich ähnlich sieht. Der Münchner wurde von der Abendzeitung groß vorgestellt, und die Überschrift schrieb sich von selbst: "Yes, pack mas! Ein Obama für München?"

Da wächst Guttenberg wohl ganz neue Konkurrenz heran.

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