CSU-Kandidatencheck:Dreikampf im Zeichen des Löwen

Lesezeit: 4 min

Das gab es noch nie: Drei Bewerber für den CSU-Vorsitz. Eine rebellische Landrätin tritt in dem skurrilen Dreikampf gegen zwei politische Schwergewichte an. Was Huber, Seehofer und Pauli wirklich draufhaben - der Kandidaten-Check.

Birgit Kruse und Bernd Oswald

Erwin Huber ist der Favorit, Horst Seehofer kann nur noch auf eine fulminante Rede hoffen, Gabriele Pauli nimmt niemand ernst. sueddeutsche.de hat die drei Kandidaten in den sechs Kritierien Kompetenz, Innovationsfreude, Charisma, Integrationsfähigkeit, Kommunikationstalent, Glaubwürdigkeit untersucht und mit 0 bis 10 Punkten bewertet.

Erwin Huber, Horst Seehofer und Gabriele Pauli treten morgen gegeneinander an - es kann nur einen geben. (Foto: Fotos: AP (2), dpa)

KOMPETENZ

Erwin Huber ist ein alter Hase. Seit mehr als 20 Jahren macht er in der ersten Reihe CSU-Politik. Erwin Huber mag kein mitreißender Redner sein, aber wenigstens weiß er, wovon er spricht. Hat in der bayerischen Regierung Schlüsselressorts wie Finanzen und Wirtschaft betreut. Einziges Manko: War noch nie Bundespolitiker. Dennoch: 9 Punkte

Horst Seehofer war ein zupackender Gesundheitsminister, wird auch im gegnerischen Lager als kompetenter Sozialpolitiker geschätzt. Auch als Landwirtschafts- und Verbraucherschutzminister macht er keine schlechte Figur. Sitzt eine Ewigkeit im Bundestag, was allerdings auch bedingt, dass ihm die Landespolitik fremd geworden ist. Dennoch kann man ihm nichts vormachen. 9 Punkte

Gabriele Pauli macht seit 17 Jahren als Landrätin Kommunalpolitik. Sie ist zwar genauso lang Mitglied des CSU-Vorstands, gesteht aber offen ein, dass sie sich in Landes- und Bundespolitik einarbeiten müsste - auch wenn sie gar nichts dabei findet. 2 Punkte

Lesen Sie weiter, wie innovationsfähig die Kandidaten sind

INNOVATIONSFREUDE

In Sachen Innovationsfähigkeit liegt Seehofer vorn. (Foto: Montage: sueddeutsche.de)

Erwin Huber: Ein Ausbund an Ideenreichtum ist Huber nicht. Will zwar kein "Weiter so", setzt aber stark auf Kontinuität und will keine grundlegende Erneuerung. Identifiziert sich total mit Stoibers Werk, wie gerade beim Transrapid zu sehen ist. Will ein bisschen verjüngen und mehr auf Klima- und Umweltschutzpolitik setzen, allerdings unter dem Primat der Wirtschaftsverträglichkeit. 4 Punkte

Horst Seehofer : Kein großer Unterschied zu Huber: Verjüngung, mehr Transparenz und ein offenerer Stil, fordert er. Außerdem sieht Seehofer Nachholbedarf beim Thema Umwelt, will erst die Schulden abbauen und dann Steuern senken. Kann man als Programm sehen, wirklich innovativ ist es nicht. 6 Punkte

Gabriele Pauli : Keine Frage, mit einer Vorsitzenden Pauli würde sich die CSU am meisten verändern, vor allem was die Sozialpolitik betrifft. Ihr Vorschlag der Ehe auf Zeit ist zwar neu, wird aber von niemandem ernst genommen. Auch liberale Aspekte würde Frau Pauli gerne stärker betont sehen. Eine sozial-liberale CSU wäre der Innovation dann aber doch zu viel. 3 Punkte

Lesen Sie, welcher der drei Kandidaten über das größte Charisma verfügt

CHARISMA

Erwin Huber: Char...was? Erwin Huber wirkt in Bierzelten, Sälen und TV-Studios so charismatisch wie ein hochgeklappter Bordstein. Er wird sein provinzielles Image nicht los. Sein mangelhaftes Englisch trägt auch nicht gerade zum Eindruck von Weltläufigkeit bei. Andererseits: Im persönlichen Gespräch sitzt ihm auch schon mal der Schalk im Nacken. 5 Punkte

Horst Seehofer : Wenn die CSU einen charismatischen Politiker hat, dann ist es Horst Seehofer. Der Mann hat Format, funktioniert in der Masse ebenso wie im persönlichen Gespräch. Stattliche Statur und Bass-Stimme untermalen seine Ausstrahlung. 9 Punkte

Gabriele Pauli : Gabriele Pauli punktet in der Öffentlichkeit vor allem mit ihrem Mut und ihrer Konsequenz, gegen den Strom zu schwimmen. Ihr Äußeres weiß sie äußerst geschickt in Szene zu setzen. Charismatische Züge werden durch Profilneurose und Effekthascherei überdeckt. 4 Punkte

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INTEGRATIONSFÄHIGKEIT

Erwin Huber: Wer so lange wie Erwin Huber in CSU-Spitzenpositionen gewirkt hat, ist gut vernetzt. Verfügt als Vorsitzender des Bezirksverbandes Niederbayern über die nötige Hausmacht. Allerdings gilt er als Vertreter des wirtschaftsliberalen Flügels, müsste also den Arbeitnehmer-Flügel um Seehofer einbinden. Außerdem haftet ihm Stoiber-Stallgeruch an. Unter den drei Kandidaten derjenige, der am wenigsten polarisiert. 7 Punkte

Horst Seehofer : Gilt in der CSU als Einzelkämpfer. Hält sich aber selbst für einen Teamspieler. Als Vorsitzender der christlich-sozialen Arbeitnehmer-Union CSA vertritt er den "linken" Flügel der CSU, insofern eine Minderheitenposition. Ist zwar seit Jahren Parteivize, seine 27 Jahre im Bundestag haben aber dazu geführt, dass ihm in Bayern die Verankerung fehlt. An der Basis ist er zwar durchaus beliebt, hat sich aber durch seine Liebesaffäre viele Sympathien verspielt. 3 Punkte

Gabriele Pauli ist wie radioaktives Spaltmaterial für die CSU. 0 Punkte.

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KOMMUNIKATIONSTALENT

Erwin Huber ist zwar sicher kein Stotter-Stoiber-Typ, als Redner aber alles andere als mitreißend oder gar originell. Andererseits ist er auch nicht dafür bekannt, einsame Entscheidungen zu fällen. In der CSU genießt er ein hohes Ansehen, auch weil er ständig präsent ist und das Gespräch mit Parteifreunden nicht scheut. 6 Punkte

Horst Seehofer: Nicht seine Stärke, wie sich bei vielen Gelegenheiten zeigte: schottete sich im Streit um die Kopfpauschale mal tagelang ab. Sein Umgang mit der Entscheidung zwischen Frau und Geliebter war ein echtes Kommunikationsdesaster. Immerhin ein guter, manchmal sehr guter Redner. 4 Punkte

Gabriele Pauli ist die Meisterin der Kommunikation über die Medien. Die Kommunikation mit den Medien läuft bisweilen schief, wie sich beim legendären Park-Avenue-Shooting zeigte. Kommunikation mit anderen Parteimitgliedern findet so gut wie nicht statt. Paulis politische Entscheidungen, für den CSU-Vorsitz zu kandidieren, sowie ihr "Programm", hat sie allein mit sich selbst gefällt - wie sie offen einräumt. 2 Punkte

Lesen Sie, wer am glaubwürdigsten ist

GLAUBWÜRDIGKEIT

Erwin Huber: Ein Umfaller ist er nicht. War immer ein Muster an Loyalität und Pflichterfüllung gegenüber Stoiber - in der Fraktion sorgte das manches Mal für Unmut. Dennoch weiß man bei ihm fast immer, woran man ist. 8 Punkte

Horst Seehofer: Politisch steht er zu den Grundsätzen, an die er glaubt - auch im Sturm, wie sich zeigte, als er an seiner Ablehnung der Kopfpauschale festhielt und für seine Überzeugung sein Amt als Unionsfraktionsvize im Bundestag opferte. Das private Lavieren zwischen Frau und Geliebter hat allerdings auch diesen Ruf stark angekratzt. 6 Punkte

Gabriele Pauli: Konsequent war Paulis Kampf gegen eine abermalige Kandidatur Stoibers und für eine Urwahl des Spitzenkandidaten. Als Stoiber seinen Rückzug angekündigt hatte, gab es von Gabriele Pauli nur noch Konfuses. Ihre Ideen klingen wie die Ergebnisse eines Selbstfindungsseminars. 1 Punkt

DAS RANKING

1. Erwin Huber: 39 von 60 Punkten

2. Horst Seehofer mit 36 Punkten

3. Gabriele Pauli mit 12 Punkten.

Mal sehen, wie die CSU-Delegierten am Samstag abstimmen. Und wen würden Sie am liebsten als CSU-Chef sehen? Stimmen Sie ab!

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