CSU-Generalsekretär:"Steinmeier handelt unverantwortlich"

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Alexander Dobrindt über CSU-Chef Seehofer als "Taktgeber politischer Inhalte", warum die CDU auf die CSU hören soll und warum er Steinmeier für selbstherrlich hält.

B. Kruse

sueddeutsche.de: Im Zusammenhang mit CSU-Chef Horst Seehofer liest man oft das Wort "überraschend" - etwa wenn er in der Debatte um eine Senkung der Mehrwertsteuer mit der Kanzlerin wieder einmal die Friedenspfeife raucht. Wie oft sind Sie in Ihrer Zeit als Generalsekretär von Seehofers Meinungsänderungen überrascht worden?

Alexander Dobrindt: "Ich finde es unverantworltich, wie sich Herr Steinmeier verhält" (Foto: Foto: dpa)

Alexander Dobrindt: Das passende Wort für Horst Seehofer ist "konsequent mit hoher Schlagzahl". Wenn man sich sehr stark mit ihm und seinen Inhalten auseinandersetzt, dann erkennt man eine ganz hohe Planbarkeit dabei.

sueddeutsche.de: Hat das die Partei auch schon verstanden? Oder empfindet sie ihren Vorsitzenden nicht eher als unberechenbar?

Dobrindt: Seehofer begeistert die gesamte Partei. Er treibt eine Vielzahl von Themen voran und ist zum Taktgeber für politische Inhalte in Deutschland geworden ist. Man kann ja feststellen, dass die SPD und Teile der CDU zur debattenfreien Zone geworden sind. Das wollen wir der Politik nicht zumuten. Wir glauben, dass es gerade jetzt in der Krise notwendig ist, die Inhalte zu betonen.

sueddeutsche.de: Bislang zahlt sich Seehofers Kurs aber nicht aus - die Umfragen sprechen eine eindeutige Sprache.

Dobrindt: Es geht hier nicht um reine Prozentdiskussionen. Nach der schweren Zeit im vergangenen Jahr gibt es jetzt in der Partei wieder ein neues Selbstbewusstsein. All diejenigen, die jahrelang eine Modernisierung der CSU gefordert haben, sind verstummt, weil wir die Modernisierung gemacht haben.

sueddeutsche.de: Aber ohne entsprechende Prozentpunkte lassen sich keine Wahlen gewinnen. Bei der Europawahl wird die CSU mit einem eigenen Programm antreten. Bei der Bundestagswahl soll es ein gemeinsames Unionsprogramm geben. Wie lässt sich das mit einem Parteichef realisieren, der ständig gegen die CDU-Chefin wettert?

Dobrindt: Es ist immer wieder eine Herausforderung, mit der CDU eine gemeinsame Linie zu finden. Vor allem dann, wenn man den Anspruch hat, dass in einem gemeinsamen Programm die CSU-Positionen deutlich vertreten sind. In Richtung Berlin kann ich nur sagen: Es war immer gut, wenn die CDU auf die Ratschläge der CSU gehört hat.

seuddeutsche.de: Könnten Sie sich vorstellen, auch in die Bundestagswahl mit einem eigenen Programm zu gehen?

Dobrindt: CDU und CSU sind sich bei der Bundestagswahl inhaltlich viel zu nahe, als dass ein eigenes Programm gerechtfertigt wäre. Bei ersten Gesprächen mit der Kanzlerin hat sich auch gezeigt, dass es in der CDU eine hohe Bereitschaft gibt, unseren Forderungen nachzugehen.

sueddeutsche.de: Bei dem CSU-Wahlprogramm für die vergangene Bundestagswahl stand der liberale Markt im Vordergrund. Erwin Huber sprach von einem Wahlprogramm "neuen Typs" und hat die CSU damit direkt in ein Desaster geführt. Wie wird diesmal die zentrale Botschaft lauten?

Dobrindt: Ganz klar: Renaissance der sozialen Marktwirtschaft. Die soziale Marktwirtschaft ist der Grundgedanke der Unionsparteien, weil sie für Stabilität in Wirtschaft und Gesellschaft steht. Deswegen müssen wir an unserem Kompass überhaupt nichts ändern.

sueddeutsche.de: Das mag zwar das Modell der CSU sein. Innerhalb der Union gibt es jedoch ein breites Meinungsspektrum. Das geht vom Arbeitnehmerflügel, der mehr Staat fordert, bis zum Wirtschaftsflügel, der für weniger Regulierung ist. Ist der Spagat für die Union nicht zu groß?

Dobrindt: Die Unionsparteien mussten schon immer das Kunststück vollbringen, in ihren Programmen die ganze Breite der Bevölkerung abzubilden. Das werden wir auch diesmal wieder schaffen. Das Bindeglied zwischen den Polen ist das Modell der sozialen Marktwirtschaft, die Verbindung von Freiheit und Verantwortung.

sueddeutsche.de: Ist die CSU auch so sozial, dass sie sich für Staatshilfen für Opel ausspricht?

Dobrindt: Um einem Unternehmen mit staatlichen Bürgschaften zu helfen, müssen erst drei Fragen geklärt sein: Ist das Unternehmen in Folge der Finanzkrise in die Schieflage geraten oder durch eigene Fehler? Gibt es ein zukunftsfähiges Konzept? Gibt es auch eine private Finanzierung beispielsweise über Investoren? Eine direkte Staatsbeteiligung halte ich für ausgeschlossen.

sueddeutsche.de: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zeigt da aber nicht so viele Bedenken. Seine Botschaft ist lautet: "Opel darf nicht sterben".

Dobrindt: Ich finde es unverantworltich, wie sich Herr Steinmeier verhält. Er wird seiner Verantwortung als Bundesaußenminister nicht gerecht. Statt sich über die Schicksale der Menschen Gedanken zu machen, betreibt er lieber Wahlkampf. Er wird den Menschen, die sich Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen, in keiner Weise gerecht. Mal schnell nach eigenem Gutdünken zu entscheiden, welche Arbeitsplätze man retten will und welche nicht, ist selbstherrlich.

Alexander Dobrindt ist seit Februar 2009 Generalsekretär der CSU. Parteichef Seehofer holte den Bundestagsabgeordneten als Nachfolger von Karl-Theodor zu Guttenberg in die Parteizentrale nach München. Bis dahin war der 38-Jährige wirtschaftspolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag.

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