CSU: Generalsekretär auf Probe:Schützenkönig mit Ladehemmung

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Alexander Dobrindt ist bodenständig und bedächtig - seine Zukunft in der Seehofer-CSU hängt vom Ausgang des Superwahljahres ab.

Kassian Stroh

Dass er am Anfang die Sache mit dem Schützenkönig erwähnt hat, bereut Alexander Dobrindt nicht. Damals, am 9. Februar, ein paar Stunden nachdem ihn Horst Seehofer zum CSU-Generalsekretär ernannt hatte. Auf der Pressekonferenz erwähnte Dobrindt, er sei gerade zum dritten Mal Schützenkönig in Peißenberg geworden. Seitdem klebt dieses Etikett an ihm. Schützenkönig im Oberland - da ist für viele Journalisten, in Berlin zumal, so exotisch wie ein Kopfjäger auf Borneo. "Dreimal Schützenkönig in Peißenberg - damit gilt man in der CSU schon als Intellektueller", höhnte der Kabarettist Django Asül beim Hofbräu-Maibockanstich.

CSU-Generalsekretär Dobrindt: So exotisch wie ein Kopfjäger auf Borneo (Foto: Foto: ddp)

Ein mitreißender Redner ist Alexander Dobrindt nicht; auch in kleineren Runden spricht er oft quälend bedächtig. Was für ein Kontrast zu seinem weltmännischen, in rhetorische Girlanden verliebten Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg. Ein Schütze brauche Ruhe und Konzentration, sagt Dobrindt. Das Schützenkönig-Etikett passt schon. Auch für ihn selbst. Er sieht es nach wie vor als Ausweis von Bodenständigkeit, von Verbundenheit mit den Menschen, von bürgerlich-konservativen Werten.

Bald drei Monate ist er nun im Amt. Sein Start war nicht einfach, anfangs trat er kaum in Erscheinung. Dabei muss ein Generalsekretär zwei Dinge beherrschen: Er muss die Partei organisieren, im Moment vor allem die Wahlkämpfe. Und er muss sie ins Gespräch bringen. Da aber ist für Dobrindt neben Seehofer nicht viel Platz. "Er organisiert das Grundrauschen, über dem der Parteivorsitzende die Themen setzt", sagt einer aus der CSU-Führung. Und meint das gar nicht abwertend.

Erstsemester im Auditorium

Nimmt Seehofer Dobrindt mit zu einer Pressekonferenz, kann man sicher sein, dass alle Fragen Seehofer gestellt werden. Und wenn Seehofer alleine auf dem Podium steht, sitzt der 39-jährige Bundestagsabgeordnete manchmal im Auditorium und schreibt mit wie ein Student in der Vorlesung für Erstsemester.

Was die parteiinterne Arbeit angeht, bereist Dobrindt die CSU-Basis im ganzen Land. "Dialogtour" nennt sich das Unterfangen, das Guttenberg begonnen hat. Dobrindt arbeitet an einem Konzept für mehr Mitbestimmung und Basisbeteiligung in der CSU. Und er schlägt sich mit seinem CDU-Kollegen Ronald Pofalla herum, um ein gemeinsames Programm für die Bundestagswahl zu formulieren. Eine Bewährungsprobe.

Die Grundstruktur steht schon, die inhaltlichen Differenzen in einzelnen Punkten aber sind enorm. Jeden Sonntag nimmt Dobrindt an Seehofers jüngst eingeführtem Treffen von CSU-Spitzenpolitikern teil, in dem die Strategien der kommenden Woche beraten werden und auch, wer sie verkünden darf.

In den Medien taucht Dobrindt mittlerweile öfter auf; noch nicht mit den eigenen Akzenten, aber mit den von einem Generalsekretär erwarteten Attacken auf den Gegner. Bittet man ihn um eine Aussage zu dieser oder jener Äußerung der SPD, fragt er schon mal zurück: "Wie scharf soll es denn sein?"

Die ganze Kampagne geändert

Dass das bei ihm zu Beginn nicht so rund lief, erklärt Dobrindt damit, dass er vollauf damit beschäftigt gewesen sei, den Europawahlkampf umzukrempeln. Sichtbarster Ausdruck: Der Slogan wurde geändert, von: "Bayern im Herzen, Europa im Blick" zu: "Nur wer CSU wählt, gibt Bayern eine eigene Stimme in Europa". Das habe er veranlasst, sagt Dobrindt, und gleich die ganze Kampagne geändert. Die alten Ideen hätten nicht mehr gepasst.

Dobrindt steht in der CSU unter scharfer Beobachtung - auch weil nicht wenige sich bestätigt sehen wollen, dass er eine schwache Besetzung sei. Vergangene Woche ließ der jüngst zum CSU-Ehrenvorsitzenden gekürte Theo Waigel im Radio wissen, er verstehe nicht, wie man im Bundestag gegen den EU-Reformvertrag von Lissabon stimmen könne. Dobrindt hat das getan. So laufe die CSU Gefahr, zur "Bayernpartei" zu degenerieren, sagte Waigel. Kein gutes Prädikat für ihren Generalsekretär.

Wie wenige seiner Vorgänger hängt Dobrindt von seinem Parteivorsitzenden ab. Wenn es schlecht läuft bei den Wahlen in diesem Jahr, könnte er wieder entlassen werden, mutmaßen einige in der CSU. Als Ventil des Unmuts quasi, als Bauernopfer auch für Seehofer. Auch deshalb habe sich der CSU-Chef in Dobrindt einen schwachen, von ihm abhängigen Generalsekretär ausgesucht. Und wenn die Wahlen ein Erfolg werden sollten? "Dann wird er das Glück haben, dass es gut läuft, ohne dass es an ihm liegt", sagt einer der wichtigen CSU-Männer. So ist das in der Seehofer-CSU.

© SZ vom 27.04.2009/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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