CSU:Dem Ekel ausgeliefert

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Bis vor kurzem konnte man auf der Homepage des CSU-Politikers Wuermeling noch dessen Vita nachlesen. Jetzt finden sich dort Pornos.

Olaf Przybilla

Auf seiner Homepage konnte man bis vor wenigen Monaten die Stationen im Leben des CSU-Politikers Joachim Wuermeling nachlesen. Der Jurist war Referatsleiter in der Bayerischen Staatskanzlei, bevor er 1999 ins Europäische Parlament einzog - als CSU-Abgeordneter aus Oberfranken.

Joachim Wuermeling (Foto: Foto: dpa)

Seit Wuermeling im Jahr 2005 als Staatssekretär ins Bundeswirtschaftsministerium wechselte, ist Oberfranken nicht mehr durch einen Parlamentarier in Brüssel vertreten. Eine Tatsache, die die Oberfranken-CSU im Dezember dazu bewogen haben dürfte, nach einer besonders chancenreichen Kandidatin Ausschau zu halten. Unter Anleitung von CSU-Chef Horst Seehofer fiel die Wahl auf eine Frau aus Oberbayern, Monika Hohlmeier.

Das freilich kann man auf seiner ehemaligen Webseite nicht mehr nachlesen. Darauf finden sich nun brutale Pornofilme mit zumeist jugendlichen Akteuren.

Mit Wuermeling, dem CSU-Politiker, haben diese Bilder nichts zu tun. Denn nachdem der 48-Jährige im Januar 2008 vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Michael Glos entlassen worden war - der ehrgeizige Staatssekretär stand mitunter häufiger in der Zeitung als der Minister -, entschied sich Wuermeling, seine Domain aufzugeben.

Im Juli 2008 heuerte Wuermeling als Lobbyist beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft an. Danach habe er entschieden, "künftig keine eigene Webseite mehr bezahlen" zu wollen, sagt Wuermeling. Im Nachhinein hält er dies für einen schweren Fehler. Als eine Freundin ihn kürzlich auf die Umwidmung der Seite aufmerksam machte, sei er "völlig schockiert" gewesen. Wuermeling nennt die Abbildungen "Ekel erregend und hochgradig widerlich".

Inzwischen hat sich der Jurist und ehemalige Staatssekretär einen Anwalt genommen. Auch der angebliche Name jenes Mannes, der Wuermelings ehemalige Domain erworben hat, konnte ermittelt werden. Ein "Serkov Andrey aus Leningrad" soll die brutalen Pornofilme ins Netz stellen.

Einen Kontakt hat der CSU-Politiker zu diesem Mann gleichwohl nicht herstellen können. An einen Erpressungsversuch glaubt Wuermeling deswegen nicht mehr.

Warum aber erwirbt jemand die Domain eines früheren Abgeordneten, um "brutal teen movies" darauf anzubieten? Internetexperten erläutern die Geschäftsidee so: Da die meisten Domains einschlägigen Inhalts vergeben sind, erwerben Sex-Anbieter für geringe Summen abgelegte Domains - in der Hoffnung, von irregeleiteten Nutzern aufgerufen zu werden. Finden sich unter den früheren Inhabern Prominente - umso besser. Denn juristisch können die Betroffenen kaum etwas gegen die neuen Betreiber unternehmen.

Das einzig wirksame Mittel, sich vor Missbrauch zu schützen, sei die Verlängerung der Lizenzen, sagt Torsten Wabnitz, der Wuermelings Webseite einst gestaltet hat.

Für Wuermeling, weiter Mitglied im CSU-Vorstand Oberfrankens, ist das besonders ärgerlich. Seit nicht mehr Glos dem Bundeswirtschaftsministerium vorsteht, sondern der Oberfranke Karl-Theodor zu Guttenberg, wird bereits über ein Comeback Wuermelings im Ministerium spekuliert.

© SZ vom 24.03.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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