CSU:Das Ende einer Legende

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Der EU-Politiker Weber lässt derzeit kein gutes Haar an seiner CSU. Jetzt zeigt sich, wie es in der Partei um die Balance zwischen Selbstlob und Selbstkritik bestellt ist.

Peter Fahrenholz

Die Frage, wie es bei der CSU um die Balance zwischen Selbstlob und Selbstkritik bestellt ist, lässt sich sehr einfach beantworten: Von einer Balance kann keine Rede sein, denn die CSU hält von Selbstlob sehr viel, von Selbstkritik hingegen gar nichts.

Wie ist es bei der CSU um die Balance zwischen Selblob und Selbstkritik bestellt? (Foto: Foto: ddp)

Unentwegt ist der Propagandaapparat von CSU und Staatsregierung damit beschäftigt, das eigene Handeln zu Heldentaten zu verklären; seit Edmund Stoiber regiert, sind es natürlich alles auch ganz persönliche Heldentaten. Wer sonst hätte auch schon die Kompetenz-Kompetenz, wie Stoiber das selber einmal genannt hat? Selbstverständlich deckt das ruhmreiche Wirken sämtliche Felder der Politik ab. So gibt es nach CSU-Lesart auch in der Europapolitik keine kompetentere, politisch besser vernetzte Partei.

Jetzt hat freilich der Europaabgeordnete und bayerische JU-Chef Manfred Weber dieses Selbstbild als Selbsttäuschung entlarvt. Der "destruktive Umgang" seiner Partei mit der EU habe Bayern geschadet, Bayerns Minister müssten sich in Brüssel viel stärker einbringen, um etwas zu bewegen, kritisierte Weber.

Die CSU hat immer beides gekonnt: in Sonntagsreden die Bedeutung Europas zu beschwören und in Wahlkämpfen Stimmung gegen den EU-Moloch in Brüssel zu machen.

Wenn Franz Josef Strauß über die EU-Bürokraten räsonierte, die den Krümmungsgrad von Bananen und den Neigungswinkel von Traktorsitzen festlegen wollten, war das in den Bierzelten immer ein Brüller. Und nirgendwo sonst ist der Kampf gegen den Euro so vehement geführt worden wie in der bayerischen Staatskanzlei.

Mit seiner populistischen Bedenkenträgerei trieb Stoiber den eigenen Parteichef und Bundesfinanzminister Theo Waigel an den Rand des Rücktritts. Die Abteilung Geschichtsklitterung hat später freilich den Eindruck erweckt, der eigentliche Erfinder des Euro sei Edmund Stoiber gewesen.

Dass Weber die eigene Partei-Propaganda so brutal demaskiert hat, zeigt zweierlei: Die Angst vor Stoiber und seinen Büchsenspannern ist in einem Ausmaß geschwunden, das fast schon an Meinungsfreiheit grenzt. Und die CSU-Europaabgeordneten, die in der Partei immer so ein bisschen das fünfte Rad am Wagen waren, haben die ewige Schulmeisterei aus München satt. Sie verstehen nämlich viel mehr von den europäischen Dingen.

© SZ vom 9.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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