CSU-Chef Huber:Kuhschwanz-Politik

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Die Diskussion um die Pendlerpauschale bringt den CSU-Chef in die Kritik: Ist Erwin Huber ein Populist? Im konkreten Fall will er einfach populär sein - und stellt sich dabei täppisch an.

Heribert Prantl

Wenn dem CSU-Politiker Huber Populismus vorgeworfen wird, trifft es keinen falschen. Manchmal wäre Huber nur zu gern ein Populist: Einer also, der auf der Klaviatur der gefährlichen Stimmungen und Vorurteile spielen kann, einer, der zur rechten Zeit draufhaut, so wie es einst der große Franz Josef gekonnt hat - etwa beim politischen Aschermittwoch. Huber wäre gern ein Populist "on demand".

Kuhschwanz-Politik: Erwin Huber macht sich unglaubwürdig. (Foto: Foto: dpa)

Im konkreten Fall aber tut man Huber Unrecht: Seine jüngste Forderung, die alte, also die ungekürzte Pendler-Pauschale wieder einzuführen, ist nicht populistisch, sondern populär (und womöglich gar verfassungsrechtlich begründet). Huber trachtet nun danach, dass die Popularität dieser Forderung auf ihn abfärbt.

Abträglich bei diesem Vorhaben ist nur, dass der CSU-Chef bisher das Gegenteil, also die Kürzung der Pauschale, vertreten hat - wie sie, nicht zuletzt auch auf Betreiben seiner CSU hin, Gesetz geworden ist. Aber so ein Hin und Her ist nicht Populismus, sondern Kuhschwanz-Politik, also ein politisches Herumwedeln. Solche Kuhschwanz-Politik ist nicht gefährlich, sondern allenfalls unglaubwürdig - es sei denn, sie wird mit gewandelter Überzeugung gut begründet.

Der Populismus wird immer gegen etwas eingesetzt; populistische Politik versucht, Emotionen dort zu wecken, wo Verstand nötig wäre. Populistisch ist also ein Politiker, der mit Ängsten arbeitet - vor dem Terrorismus, vor Ausländern, vor Kriminalität. Seine Politik ist populistisch, weil sie auf Instinkte setzt, zumeist auf niedere, und dies häufig auf Kosten von Minderheiten geht.

Weil aber auch Ängste Konjunkturen haben, ist es nicht gewiss, dass das Spiel mit der Angst, das vorgestern noch gut funktioniert hat, auch heute noch funktioniert. Dann kann es dem Populisten ergehen wie dem Zündler, dem versehentlich das eigene Haus abbrennt. Roland Koch hat das jüngst schmerzlich erfahren müssen.

Politik wie immer

Populismus verketzert, er vergröbert und vergrößert das Angstmachende. Manchmal ergeht es Politikern dabei wie dem Zauberlehrling: Die Ängste geraten außer Kontrolle, sind nicht mehr zu bändigen. Das alles aber trifft auf Erwin Hubers Forderung, die alte Pendler-Pauschale wieder einzuführen, nicht zu. Sie ist, wie gesagt, nur das Gegenteil von dem, was er früher gesagt hat.

Aber solche Widersprüchlichkeiten gehören zum Alltag der Politik. So war Politik immer: Sie kämpft mit Macht für eine Sache, der sie dann einfach wieder den Rücken kehrt. Erst vertritt sie bestimmte Rechtspositionen, sodann hilft sie bei deren Zerstörung mit. "All das ist Politik, und zwar gute, so gut zumindest, wie die menschliche Schwäche es erträgt" - so hat das vor 150 Jahren der Franzose Maurice Joly formuliert. Aber warum hat solches Hin und Her der Politik kaum Konsequenzen? Weil die Leute schnell vergessen, heute noch mehr als früher. Gleichwohl haben sie ein gewisses Gespür für Ernsthaftigkeit: Hat ein Politiker eine Überzeugung, ringt er um sie? Bei Erwin Huber hat man dieses Gefühl nicht.

© SZ vom 26.03.2008/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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