Comeback in Bayern:Die FDP wird wieder gebraucht

Lesezeit: 2 min

Nach 14 Jahren kehren die Liberalen ins Maximilianeum zurück. Eine Viererkoalition lehnen sie jedoch ab.

Christine Burtscheidt

Martin Zeil steht auf einer provisorisch errichteten Bühne im Landtag, die Hände über dem Bauch gefaltet, und kündigt die FDP als neue Landtagsfraktion an. 14 Jahre lang haben die Liberalen auf diesen Moment gewartet. Aber ausgerechnet jetzt, da sie die Rückkehr ins Maximilianeum geschafft haben, findet ihr Spitzenkandidat aus Gauting nicht die richtigen Worte.

Nach Bekanntgabe der ersten Wahlergebnisse bricht bei den Liberalen Jubel aus. Erstmals seit der Wahlschlappe von 1994 sitzen sie wieder im bayerischen Landtag. (Foto: Foto: AP)

Als würde er Wirtschaftsdaten im Uni-Seminar herunterleiern, so emotionslos spricht er über die Aufbruchstimmung, die von diesem Wahltag ausgehen soll. Doch der Funke will auf das Publikum nicht überspringen. Am Ende muss sich Zeil sogar selbst Mut zusprechen: "Wir haben uns vorgenommen, uns heute richtig zu freuen."

Ganz anders die Stimmung 100 Meter weiter. Im Hofbräukeller befinden sich die Liberalen seit 18 Uhr im Jubelrausch. Das Klatschen hört gar nicht mehr auf, seit die Hochrechnungen die Partei bei knapp acht Prozent sehen. Als endlich um 20.30 Uhr zum Defiliermarsch aufgespielt wird und ihr Spitzenkandidat einzieht, spenden sie ihm stehenden Applaus. "Martin, Martin!", skandieren sie.

"Wir haben es geschafft, wir werden eine starke Landtagsfraktion sein", begrüßt ihn die FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und fügt hinzu: "Es ist für uns ein ganz toller Tag." Die Liberalen haben mit 8,0 Prozent ihr bestes Ergebnis in der Nachkriegszeit eingefahren. Womöglich werden sie für die Regierungsbildung gebraucht.

Man sei keine Protestpartei, "sondern der deutlichste Kontrast zu Schwarz", sagt Leutheusser-Schnarrenberger bei ihrem ersten Fernsehauftritt an diesem Abend und kann sich ein Siegeslächeln nicht verkneifen. Gleichwohl weiß auch die ehemalige Bundesjustizministerin, wem die FDP die Rückkehr auf die landespolitische Bühne zu verdanken hat.

Wie die Freien Wähler profitieren sie vom dramatischen Absturz der CSU. "Der effektivste Denkzettel ist der Stimmzettel", hatte die FDP plakatiert. Diese Botschaft haben die Wähler offenbar beherzigt. Und so mischt sich auch ein bisschen Schadenfreude in den Jubel.

Denn noch unmittelbar vor der Wahl waren die Liberalen gerade von ihrem Wunschpartner schlecht behandelt worden. "FDP und FW helfen Rot-Grün-Links", simste die CSU am Freitag noch an ihre Wähler, und Zeil hatte zu tun, die "Falschaussage" zu korrigieren. Rein rechnerisch ist eine solche Vierer-Koalition mit SPD, Grünen und Freien möglich. Doch kaum einer glaubt an diesem Wahlabend, dass die FDP sich mit diesen "politischen Geisterfahrern" (Zeil) verbündet.

Zeil hat sich von Beginn an als seriöser Juniorpartner der CSU im Lodenjanker dargestellt, um so erfolgreich auf Stimmenfang beim frustrierten Mittelstand, bei genervten Ärzten, enttäuschten Wirten und verärgerten Lehrern zu gehen. In der Wirtschafts-, Schul- und Gesundheitspolitik sprach er dem CSU-Führungsduo Günther Beckstein und Erwin Huber jegliche Gestaltungskraft ab. In der Rechts- und Sicherheitspolitik sieht sich die FDP schon lange als notwendiges "Korrektiv" zur CSU. Wählerzulauf versprach sich die FDP nicht zuletzt auch davon, dass sie sich eindeutig gegen das von der CSU erlassene Rauchverbot positionierte.

Die Rechnung ist aufgegangen. "Nach vielen Tiefs sind wir wieder auf die landespolitische Bühne zurückgekehrt", sagt Leutheusser-Schnarrenberger. Sie will mit der CSU koalieren, aber anbiedern will sich die FDP an den Wahlverlierer auch nicht. "Wir sind bereit, Verantwortung zu tragen. Wenn man uns fragt, werden wir auch Gespräche führen", sagt die Landeschefin.

© SZ vom 29.09.2008/cag/ssc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: