Burgberg:Der Herr der Unterwelt

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Unter Tage: Die Besucher sind begeistert von den Schächten und Felsen, die ihnen der "Grubi" zeigt. (Foto: Gabriele Fischer)

Bürgermeister Dieter Fischer und seine Erzgruben im Grünten

Dieser Bürgermeister hat schon viele lange Jahre in der Unterwelt des Allgäus verbracht, und er erzählt davon voller Stolz. Dieter Fischer ist wahrlich ein ungewöhnliches Gemeindeoberhaupt: Er erscheint mit Sportschuhen, Goretex-Hose und Funktionsoberhemd. Er ist nicht nur der Chef im Rathaus von Burgberg, sondern auch einer der Pioniere bei der Erforschung der Erzgruben im Grünten.

Zum Beispiel die Annagrube. "Die haben wir zu dritt selbst gepickt", erzählt Fischer. "Wir sind arschlings nei. Mit Seilsicherung am Baum draußen." Zehn Meter tief hätten sie sich abgeseilt. Danach seien sie kaum mehr hochgekommen. "Ausg'schaut haben wir wie Schlammsäue." Doch die Mühe hat sich gelohnt. Inzwischen ist die Grube auch für die Öffentlichkeit begehbar, ganz ohne Seil und Dreck. Nur mit einem Plastikhelm. Sie gehört zur "Erzgruben-Erlebniswelt", die 2006 eröffnet hat.

Bis 1859 wurde im Grünten noch nach Erz gegraben. Dann lohnte sich der Aufwand nicht mehr, weil die Eisenbahn besseres und billigeres Eisen aus England und Schweden ins Allgäu brachte. Viele Bergmänner wanderten deshalb aus. Ins Ruhrgebiet, ins Saarland, oder nach Amerika. In Burgberg selbst verblasste die Erinnerung an die harte Arbeit im Berg allmählich. "Irgendwie hat die Bevölkerung gewusst, dass da mal was war", berichtet Bürgermeister Fischer. "Aber nix Genaues." Bis sich in den Neunzigerjahren eine Handvoll Männer daran machte, die Vergangenheit zu erforschen, die im eigentlichen Sinne des Wortes verschüttet war. Aus Sicherheitsgründen wurden die Gruben in den Dreißigerjahren "zugesprengt" - und das gründlich. "Das war unser größtes Problem", erinnert sich Fischer. Aber jetzt, nach dem Einsatz "Tausender ehrenamtlicher Stunden" und einer Million Euro, lockt die Erlebniswelt jährlich etwa 20 000 Gäste an.

Ein Besuch der Gruben lohnt sich. Die einzelnen Schächte sind meist windschief. Hier wurde nicht systematisch im rechten Winkel mit Maschinenkraft gebohrt, sondern mit Hammer und Meißel der Erzader hinterhergehackt. Übrig geblieben sind abenteuerlich anmutende Höhlenformationen. Mit Hölzern, die quer in den Fels gerammt wurden. Man ahnt, wie gefährlich die Arbeit damals war. Die Wände sind feucht und glitschig. Dieter Fischer weiß genau, wo er mit seiner Taschenlampe hinleuchten muss, damit er dem Besucher ein Ah und Oh entlockt. Er zeigt Stellen mit vielen weißen Flecken. "Das sind verpilzte Spinnen", sagt er. Sie starben und wurden dann von Pilzen befallen.

Im Museumsdorf informieren mehrere Hütten über die Geologie des Grünten und über das Arbeiten und Leben der Bergknappen. Es werden Führungen durch die Gruben angeboten, zudem gibt es eine Schauschmiede, in der sich Kinder an Aktionstagen Glückshufeisen machen lassen können.

© SZ vom 11.08.2015 / stma - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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