Bürgermeister Michael Adam:"Man muss realistisch bleiben"

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Michael Adam ist jung, evangelisch, schwul und in der SPD - und trotzdem Bürgermeister in einer Gemeinde im Bayerischen Wald. Sein Ziel: Berlin. Doch das hat Zeit.

O. Klasen

Er ist alles, was man im Bayerischen Wald bislang eigentlich nicht sein sollte: jung, evangelisch, schwul und in der SPD. Trotzdem gewann Michael Adam vor einem Jahr in seiner Heimatgemeinde Bodenmais die Wahl und wurde mit 23 Jahren der jüngste Bürgermeister in ganz Deutschland. Nun hat ihn die SPD als Bundestagskandidaten nominiert.

Praxis statt Studium: Michael Adam wurde mit 23 Jahren Bürgermeister in der Gemeinde Bodenmais. (Foto: Foto: dpa)

SZ: Sie sind erst zehn Monate lang im Amt, und jetzt wollen Sie nach Berlin. Wie erklären Sie das Ihren Wählern?

Adam: Den Bodenmaisern ist klar, dass ich nicht nächstes Jahr schon im Bundestag sitzen werde, sondern dass das mein langfristiges Ziel ist. Es geht eben nicht, dass ich sage, jetzt bin ich einige Jahre Bürgermeister gewesen - liebe Bayern-SPD, stell mich bitte sofort auf. Da braucht es einen langen Atem.

SZ: Ihr Listenplatz ist aussichtslos, aber Sie sind auch Direktkandidat. Was machen Sie, wenn Sie den Sprung nach Berlin wider Erwarten doch schaffen?

Adam: Man muss schon realistisch bleiben. In Bayern gibt's noch immer die Tendenz zur CSU. Zu glauben, dass ich den Wahlkreis gewinne, wäre absolut vermessen. Da sind schon Prominentere in der bayerischen SPD dran gescheitert.

SZ: Sollte man junge Talente wie Sie nicht vorne auf der Liste platzieren?

Adam: Die Jusos hätten das gerne gesehen, aber es ist ein Problem in allen Parteien, dass zu viel Rücksicht genommen wird auf Regionalproporz und Leute, die in irgendwelchen Gremien sitzen und deshalb versorgt werden müssen.

SZ: Kann die SPD die Bundestagswahl überhaupt noch gewinnen?

Adam: Absolut, 2005 hat auch keiner einen Pfifferling auf uns gesetzt.

SZ: Da gab es auch Gerhard Schröder.

Adam: Stimmt, aber viele Leute sagen, wenn man die Augen zumacht, dann hört sich Steinmeier fast genauso an. Im Ernst, Steinmeier muss sich nicht verstecken.

SZ: Sie sind angetreten, die hohe Verschuldung in Bodenmais zu senken. Wie geht es voran?

Adam: Durch den Tourismus sind wir finanzkräftig und kommen relativ zügig von den Schulden runter. Auch die Finanzkrise ändert da nichts. Wir haben Ferienunterkünfte, die gerade für Leute attraktiv sind, die aufs Geld schauen müssen.

SZ: Was macht eigentlich Ihr Politikstudium?

Adam: Das ruht - leider. Ich dachte, ich könnte mir ab und zu mal für die Universität frei nehmen, aber das Amt fordert mich voll und ganz. Schade, dass man im Politik-Studium so wenig für die Arbeit als Bürgermeister lernt.

© SZ vom 02.03.2009/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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