Beginn der Waldfest-Saison:Ein Tegernseer im Himmel

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Blasmusik, Bier und Brezen - das ist Bayern. Will der Bayer wahren Frieden finden, begibt er sich aufs Land. Zum Beispiel zu den Waldfesten am Tegernsee. Sie beginnen an diesem Wochenende.

Beate Wild

Strahlender Sonnenschein, weiß-blauer Himmel, zünftige Blasmusik. Dazu eine frische Maß Bier und eine deftige Grillfleischsemmel. Das ist der Gefühlszustand, wie ihn der Bayer gerne mag. Sozusagen sein Paradies.

Bei den Wald- und Seefesten am Tegernsee kann man das bayerische Heimatgefühl bei Blasmusik, Bier und Brezen pflegen. (Foto: ddp)

Finden tut er diesen himmlischen Zustand aber nicht etwa auf dem Oktoberfest, wie preußische Mitmenschen vermuten. Nein, will der Bayer wahren Frieden finden, begibt er sich aufs Land.

Als ganz besonderes Kleinod ist hier der Tegernsee zu erwähnen. Sehr beliebt auch beim Münchner, zumal er ihn bequem in einer Stunde mit dem Auto erreichen kann. Längst kein Geheimtipp mehr sind die Wald- und Seefeste, die ab Mitte Juni bis Mitte August rund um den oberbayerischen See stattfinden. Tegernsee, Bad Wiessee, Kreuth, Rottach-Egern - sie alle haben ihr eigenes Waldfest - beziehungsweise sogar mehrere.

Die Münchner und viele andere Oberbayern aus der Umgebung haben diese Festivitäten seit Jahren für sich entdeckt und strömen an den Wochenenden im Sommer in Scharen raus aufs Land. Oft sehr zum Unmut der Tegernsee-Bewohner. Deren oberstes Ziel scheint nämlich zu sein, "ihre" Waldfeste geheim und damit für sich zu behalten.

Organisiert werden diese Landpartys von ortsansässigen Trachten- und Schützenvereinen. Stark vereinfacht, kann man sagen: Was dem Münchner seine Wiesn ist, ist dem Tegernseer sein Waldfest. Na ja, fast. Aber auch das emotionale Verhältnis der Einheimischen zu ihren Besuchern weist Parallelen auf: Wie dem Münchner die Oktoberfest-Touristen nicht ganz geheuer sind, beäugt der Tegernseer die auswärtigen Waldfest-Besucher mit Argwohn.

Ganz so schlimm ist es in der Praxis dann aber doch nicht. Denn der Münchner weiß sich auf dem Waldfest meist zu benehmen. Der Vergleich mit besoffenen Italienern und strippenden Australiern hinkt. Gut, vielleicht fällt der Großstadtmensch optisch auf, wenn er ein Trachten-Komplett-Set für den Herrn für 199 Euro trägt oder mit seinem billigen Kaufhaus-Dirndl von der Stange gegen die Landdamen, die maßgeschneiderte Tegernseer Tracht tragen, antritt.

Im Falle geschmackloser Bekleidung lästern die Tegernseer dann gerne über die Auswärtigen - und man kann nicht umhin zu sagen: nicht ganz zu Unrecht.

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Beate Wild

Dabei geht es immer so zünftig zu auf den Landpartys. Am Wochenende geht es wieder los mit den Waldfesten. Den Anfang macht am Freitag die Festivität des Kreuther Fußballvereins am Leonhardstoana Hof in Kreuth.

Dann ist die Welt für den Bayern wieder in Ordnung. Er sitzt auf Bierbänken mitten in der Natur und freut sich seines Lebens. Die Waldfeste beginnen schon am Nachmittag, stets mit bayerischen Schmankerln und bayerischem Bier. Zu fortgeschrittener Stunde geht es dann weiter an die örtliche Schnaps-Bar.

Das kann äußerst gefährlich werden, vor allem für die Frauen, denn die Burschen vom Land - hat man sie erst einmal kennengelernt - erweisen sich stets als sehr spendabel.

Wer nach der Schnaps-Bar immer noch nicht genug hat, zieht mit ein paar Leuten, die er gerade erst kennengelernt hat, in einem Sammeltaxi weiter ins Moschner, eine Dorfdisko, in der es zu Waldfest-Zeiten schon mal recht ausgelassen zugeht.

Mit steigendem Alkoholpegel sind die Einheimischen übrigens auch nicht mehr abweisend zu den Zuagroasten. Man kommt schnell ins Gespräch und kann bei einem Getränk oder mehreren die gegenseitigen Vorurteile überwinden.

Außer man stellt sich an, wie einst ein Düsseldorfer, der ein paar Einheimische allen Ernstes gefragt hat, ob auf diesen Waldfesten die "Ureinwohner" ( die Tegernseer, Anm. d. Red.) auch diesen "seltsamen Schenkelklopftanz" aufführen würden. Er meinte einen Schuhplattler.

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