Bayerns Umweltminister Schnappauf:Der Unkündbare geht

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Mit großer Leidensfähigkeit hat Werner Schnappauf zahlreiche Krisen und Pannen überstanden - jetzt wird er Deutschlands oberster Industrielobbyist.

Kassian Stroh

Vielleicht war Werner Schnappauf in Gedanken ja schon bei seinem neuen Job. Vergangenen Mittwoch überschlugen sich die Meldungen zum neuesten Ekelfleischskandal, aber der Minister äußerte sich nicht. Er war auf dem Heimweg vom Urlaub.

Vom Umweltminister zum BDI: Werner Schnappauf. (Foto: Foto: ddp)

Für einen wie Schnappauf, der sein Handy immer angeschaltet hat, wäre das eigentlich kein Hindernis gewesen. Doch Schnappauf schwieg - so erlebte man ihn selten. Vielleicht hatte er einfach keine Lust mehr auf Krisenmanagement, vielleicht wird er deshalb nun Deutschlands oberster Industrielobbyist.

Leicht hatte es Schnappauf, 54, als Minister nie - auch in der eigenen Partei nicht. Als Umweltminister hatte ihn Edmund Stoiber 1998 ins Kabinett geholt. Damals war Schnappauf Landrat von Kronach. Solche Seiteneinsteiger sind in der CSU-Fraktion unbeliebt, blockieren sie doch eigene Karriereträume. Immer wieder ließen die Abgeordneten ihren Minister auflaufen - ob es um Factory-Outlet-Center ging oder das Dosenpfand.

Bei der Wahl 2003 wollte er sich mit einem Landtagsmandat absichern, einen eigenen Stimmkreis aber verweigerte ihm die CSU. Schnappauf baute sich nur langsam eine Hausmacht auf, 1999 wurde er Bezirkschef der Oberfranken-CSU - sonst hatte er nur Stoibers schützende Hand über sich. Er war dessen Musterschüler, fleißig, Tag und Nacht Politiker. Und immer wollte er das Prinzip Stoiber umsetzten: Der Erste und der Beste sein. Schon rein phänotypisch wirkte der korrekte Schnappauf in der CSU-Fraktion stets wie der Klassenprimus.

Dieses Prinzip wurde ihm später zum Verhängnis: Denn 2003 bekam er auch noch die Zuständigkeit für Gesundheit übertragen - und damit die Veterinärkontrollen. Sie entpuppten sich als Minenfeld für den Minister. Kaum hatte er 2005 den ersten Schlachtabfall-Skandal überstanden, kam das Passauer Wildfleisch.

Schnappauf hatte dem Befund, es laufe einiges schief bei den Kontrollen, nur die Parole entgegenzusetzen: Jetzt wird knallhart durchgegriffen. Im März 2006 gab es in einer Geflügelmast bei Lichtenfels den Verdacht auf Vogelgrippe. Die Behörden ließen alle Tiere töten, Schnappauf wollte sich auf einer live übertragenen Pressekonferenz als Mann der Tat feiern - und dann stellte sich der Verdacht als falsch heraus.

Minister für Krisen und Kommunikationspannen

Fachlich war ihm nichts vorzuwerfen, aber nicht nur die Opposition rügte Schnappaufs "Aktionismus" und "Hysterie". Auch mit seinem Parteifreund, dem Bundesverbraucherminister Horst Seehofer, lieferte er sich einen öffentlichen Schlagabtausch. Schnappauf war zum Minister für Krisen und Kommunikationspannen geworden. Und mit jedem neuen Skandal sah er sich mehr dem Vorwurf ausgesetzt, zwischen Ankündigungen und Realität gebe es doch eine tiefe Kluft.

Spätestens nach dem Auftauchen des Bären Bruno in Bayern, den er erst überschwänglich willkommen hieß und wenig später zum Abschuss freigab, rechneten deshalb selbst in der CSU viele damit, Schnappauf werde nach der nächsten Kabinettsumbildung nicht mehr Umweltminister sein. Noch im Juli dementierte der Minister Gerüchte, er suche einen Job in der Wirtschaft. Aus der Regierung geflogen wäre er wohl kaum. Als Chef der Oberfranken-CSU war er quasi unkündbar.

Als Umweltminister wollte Schnappauf den vermeintlichen Widerspruch zwischen Ökonomie und Ökologie durchbrechen. Sein Mittel waren zahllose runde Tische und Pakte. Meist ohne großen Erfolg. Den erzielte er nur dann, wenn er sich etwas in den Kopf setzte und durchboxte. Bei der Verbesserung des Hochwasserschutzes.

Oder beim Nichtraucherschutz. Oder als er gegen harte Widerstände im Kabinett für den Fall einer Grippe-Epidemie Medikamentenvorräte anlegte. Und auch hier verfuhr Schnappauf ganz nach dem Prinzip Stoiber: Natürlich bunkerte kein Bundesland so viele Medikamente wie Bayern. Natürlich waren die Bayern die ersten, die ihre Pläne zum Nichtraucherschutz vorstellten. Nur bei der Umsetzung werden sie zu den letzten gehören.

© SZ vom 5.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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