Bayern will in Afghanistan helfen:"Grüß Gott" am Hindukusch

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Bayern ist das einzige Land, das sich bisher weigert, in Afghanistan beim Polizeiaufbau mitzuhelfen: Innenminister Herrmann will das jetzt ändern.

Annette Ramelsberger

Der Freistaat Bayern ist zwar bekannt für seine jahrelang gepflegte Neben-Außenpolitik in Richtung Albanien, Paraguay oder Südafrika; Franz Josef Strauß selig hatte die weiß-blaue Kunst der Globalzuständigkeit in seiner Zeit zur Vollendung gebracht.

Schluss mit der "splendid isolation": Jetzt müssen auch Bayerns Polizisten an den Hindukusch. (Foto: Foto: ddp)

Seine Nachfolger dagegen pflegten lieber die splendid isolation im Schatten der Alpen - vor allem dann, wenn es im Ausland unangenehm zu werden drohte. Und in den vergangenen Jahren zeigte sich Bayern sogar bis zur Peinlichkeit verschlossen, was den Einsatz im Ausland anging: Bayern ist das einzige Land, das sich bisher weigert, in Afghanistan beim Polizeiaufbau mitzuhelfen, obwohl es ständig die Bedeutung der Sicherheitspolitik betont.

Während alle anderen Bundesländer, selbst kleine wie Berlin, ihre Polizisten nach Kabul senden, um dort die afghanischen Kollegen auszubilden, hat sich Bayern dagegen vehement verwahrt. Der frühere Innenminister Günther Beckstein hatte die politische Auswirkung gefürchtet, die Bilder von Särgen mit toten bayerischen Beamten haben könnten, die vom Hindukusch zurückkehren.

Das wird sich nun ändern. Innenminister Joachim Herrmann will einen radikalen Wechsel beim bayerischen Engagement in Afghanistan einleiten. Noch im Februar wollen die Bayern die Vorbereitungen dafür treffen, dass auch bayerische Polizisten nach Afghanistan gehen können - als Teil jener etwa 150 Männer und Frauen starken Gruppe, die von der Bundespolizei geleitet wird und dort den Aufbau der landeseigenen Polizei vorantreibt.

Herrmann sagte der Süddeutschen Zeitung: "Es ist ein falsches Signal, dass wir hier bisher nicht mitmachen. Wir machen das nicht den Afghanen zuliebe, sondern, weil es auch um unsere Sicherheit geht. Es war den anderen Ländern nur noch schwer zu vermitteln, dass Bayern bei dieser Aufgabe nicht dabei ist."

Immer wieder waren die Bayern auf den Innenministerkonferenzen von den anderen Ländern hart angegangen worden. Insbesondere Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hatte Kritik geäußert. Bayern ziehe sich "in seine von Bergen umstandene Sicherheit zurück", hatte er gesagt. Doch auch Unionskollegen brandmarkten die Zurückhaltung Bayerns mehr laut als leise als "Drückebergerei". Vor allem, weil aus Bayern auch der erste deutsche Selbstmordattentäter kam, der sich in Afghanistan in die Luft gesprengt hatte - Cüneyt Ciftci aus Ansbach.

Nun sollen etwa 20 Polizisten aus Bayern nach Afghanistan gehen, auf freiwilliger Basis. Keiner wird dienstverpflichtet. Die Polizisten erhalten noch in Deutschland ein spezielles Sicherheitstraining. Das allerdings bietet keinen Rundum-Schutz, wie sich im Sommer 2007 gezeigt hat: Damals starben drei deutsche Polizisten in der Nähe von Kabul, als unter ihrem Geländewagen eine Miene detonierte.

"Dieser Einsatz ist mit Gefahren verbunden, die man nicht unterschätzen darf. Da darf man sich nichts vormachen", sagt Herrmann. "Es ist ein gefährlicher Einsatz. Aber wir dürfen hier nicht länger abseits stehen." Zumal es eine Tradition zu bewahren gilt. Bayern hat in den 60er und 70er Jahren schon einmal afghanische Polizisten ausgebildet, eine ganze Reihe war zum Training an die Isar gekommen und hat offensichtlich auch viel gelernt. So kommt es noch heute vor, dass erfahrene afghanische Polizisten an Grenzübergängen mit einen freundlichen "Grüß Gott" grüßen.

© SZ vom 30.01.2009/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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