Bayerische Spielbanken:Kasinos suchen ihr Glück im Umbau

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In den bayerischen Kasinos soll das Spiel an den Automaten ausgeweitet werden. Kritiker sagen: Der Staat will so Reibach machen.

K. Stroh

Den Krawattenzwang gibt es schon seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Doch um "gepflegte Kleidung" bitten die neun bayerischen Spielbanken noch immer. Schließlich sei der Besuch am Roulettetisch für viele Menschen "ein besonderes Ereignis" - was für die Männer eine Sakko-und-Hemd-Pflicht nach sich zieht.

Spielbanken stehen offenbar vor einem radikalen Umbau: Die Trennung zwischen dem klassischen "Großen Spiel" wie Roulette und dem Spiel an Automaten wird wohl aufgehoben. (Foto: Foto: dpa)

Doch womöglich ist auch die schon bald Geschichte. Denn die Spielbanken stehen offenbar vor einem radikalen Umbau: Die Trennung zwischen dem klassischen "Großen Spiel" wie Roulette und dem Spiel an Automaten werde aufgehoben. Letzteres wolle der Freistaat massiv ausbauen. Diese Klage führt die Gewerkschaft Verdi. Ihr Verdacht: Der Staat wolle Reibach machen, auch auf Kosten der Angestellten.

Zum Beispiel in Bad Steben im Landkreis Hof: "Da macht man aus einer Spielbank eine Daddelhalle", klagt Oliver Ostmann, bei Verdi Bayern für "Finanzdienstleistungen" zuständig, was auch die Kasinos umfasst. Jüngst sei den Beschäftigten dort sowie in Bad Kötzting (Kreis Cham) eröffnet worden, dass im Sommer umgebaut werde.

Die bisherige Trennung von Großem und Kleinem Spiel - der Fachmann spricht auch von Lebend- und Automatenspiel - werde aufgehoben. Das bestätigt Erwin Horak, der Leiter der Staatlichen Lotterieverwaltung. Die entsprechenden Vorschriften seien zum Jahresanfang gefallen.

Getrennt werden künftig aber Raucher- und Nichtraucherbereiche, mit einer Glasscheibe. Das ist pikant: Der Freistaat, der Wirten erlauben will, in Nebenräumen das Rauchen zu erlauben, baut in seinen Spielbanken eigens solche Räume ein, um das Rauchen wieder zu ermöglichen.

Denn im bisherigen Rauchverbot sieht das Finanzministerium den Hauptgrund dafür, dass in den Kasinos, die ihm zweistellige Millionenbeträge im Jahr einbringen, immer weniger gespielt wird. 2008 ging der Umsatz um fast ein Drittel zurück. Als im Kabinett über die Aufweichung des Rauchverbots verhandelt wurde, soll das Finanzministerium daher auf eine Ausnahme für die Spielbanken gedrängt haben, heißt es in der CSU. Ohne Erfolg. Nun baut man die Spielbanken eben um.

Vor allem aber personell: Denn zugleich sollen von den jeweils etwa 50 Mitarbeitern in Bad Steben und in Bad Kötzting jeweils 15 gehen, wie Verdi berichtet - von den Damen an der Garderobe bis hin zu den Croupiers am Spieltisch. Horak verspricht, Kündigungen zu vermeiden: Die Betroffenen würden versetzt oder bekämen eine Abfindung.

Das Problem sei, dass in beiden Spielbanken der Umsatz besonders stark zurückgegangen sei, sagt Horak. Das habe auch schon der Bayerische Oberste Rechnungshof bemängelt. Man müsse also etwas tun, der Radikalumbau diene der "Standortsicherung" und der "Steigerung der Attraktivität dieser Standorte".

Doch Ostmann fürchtet, das alles sei erst der Anfang von Größerem: Die Lotterieverwaltung habe intern bereits ähnliche Maßnahmen in anderen Spielbanken angekündigt; als Nächstes seien wohl Lindau und Bad Reichenhall dran.

Horak spricht von "Zukunftsmusik", räumt aber ein, dass Großes Spiel und Automaten bald überall zusammen angeboten werden könnten - wenn das Rauchen in eigenen Räumen wieder erlaubt sei. Nur noch Automaten werde es in den Kasinos künftig aber auch nicht geben.

Ostmann vermutet hinter all diesem harte Geschäftsinteressen des Freistaats: Das Spiel an den Automaten koste weniger als das am Roulettetisch. "Hier soll rein betriebswirtschaftlich mit möglichst wenig Personal ein Maximum an Gewinn abgegriffen werden", klagt er.

Mit dem Schutz vor Spielsucht, womit der Freistaat sein Glücksspielmonopol rechtfertige, habe das nichts mehr zu tun. Und noch unangenehmer werde es für die Beschäftigten, wenn bald mit Plastikchipkarten gespielt werde statt mit Chips. Dann entfielen die üblichen Trinkgelder der Spieler für die Spielbank-Mitarbeiter, die einen nicht unerheblichen Teil von deren Gehältern ausmachten.

© SZ vom 21.04.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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