Bayerische Linke:Linke Possen

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In den Bundestagsausschüssen glänzte der Linken-Landeschef Klaus Ernst vor allem durch Abwesenheit. Ausgerechnet seine Parteifreunde machen das publik.

Uwe Ritzer

Für Klaus Ernst ist die Sache so gut wie ausgemacht, und so verschickte er dieser Tage auch gleich eine Autogrammkarte und ein Profilfoto von sich an Journalisten. Er werde wieder für Platz 1 der Kandidatenliste der bayerischen Linken antreten, kündigte der stellvertretende Partei- und Fraktionschef im Bundestag in der beigefügten Presseerklärung an.

Klaus Ernst: In den Bundestagsausschüssen hat er sich kaum blicken lassen. (Foto: Foto: dpa)

Deren Unterton ließ keinen Zweifel daran zu, dass er davon überzeugt ist, von der Landesvertreterversammlung seiner Partei am Sonntag in München auch tatsächlich zum bayerischen Spitzenkandidaten gekürt zu werden. Er könnte sich täuschen.

Denn seine innerparteilichen Gegner haben recherchiert, wie oft Ernst in der laufenden Legislaturperiode bei Sitzungen jener Bundestagsausschüsse anwesend war, deren Mitglied er ist.

Das Ergebnis liest sich katastrophal. Ernst sei nur bei drei, maximal vier der insgesamt 104 Sitzungen des Gesundheitsausschusses anwesend gewesen, hieß es. Bei den 118 Zusammenkünften des Ausschusses für Arbeit und Soziales sei er nur zehn Mal aufgetaucht.

Ein Volksvertreter also, der das Volk gar nicht vertritt und lieber den politischen Überflieger gibt als parlamentarische Kärrnerarbeit zu leisten?

Ernst widerspricht. Sein Arbeitsschwerpunkt in Berlin sei der Vorstand der linken Bundestagsfraktion und die Leitung des Partei-Arbeitskreises Gesundheit und Soziale Sicherung. In beiden Gremien liege seine Präsenz "bei über 95 Prozent", verteidigt er sich. Und in den Ausschüssen? Im Gesundheitsausschuss habe Ernst von Januar 2006 bis Januar 2007 an 13 von 24 regulären Sitzungen teilgenommen, rechnet eine Mitarbeiterin vor.

Für den Rest der Legislaturperiode könne man die Anfrage so schnell nicht beantworten, weil die Sitzungsprotokolle samt Anwesenheitslisten nichtöffentlich seien. Im Ausschuss für Arbeit und Soziales sei Ernst ohnehin nur stellvertretendes Mitglied und nur bei Bedarf anwesend.

Allein der Umstand, dass Parteifreunde Material gegen ihren prominentesten Bundespolitiker sammeln zeigt, wie zerstritten der bayerische Landesverband ist. Bis zur Landtagswahl hielt man noch einigermaßen zusammen, geeint von der Hoffnung auf einen Einzug ins Parlament. Damit sind die Linken gescheitert und seither bekriegt man sich. Hauptsächlich wenn es um Pöstchen geht.

Altkommunisten, Trotzkisten, Maoisten, Sektierer, Pragmatiker und Gewerkschafter - zu heterogen ist der Haufen. Untereinander sind die Grüppchen wenig zimperlich und überziehen sich schon mal mit Parteiausschlussverfahren. Zuletzt gab es mehrere Austritte von Aktiven, die beim Landtagswahlkampf in ihren Kreisverbänden vorne mitgemischt hatten. Viel gestritten wird auch um Geld. Orts- und Kreisverbände werfen Landes- und Bundespartei vor, zu viel Geld auszugeben. Bei einem Parteitag im Dezember traten die massiven Konflikte offen zutage.

Obwohl einzige Kandidatin, wurde die Ingolstädter Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter mit kläglichen 54 Prozent als Landessprecherin bestätigt. Zur anderen Hälfte der Doppelspitze wählte die Basis nicht den favorisierten Wolfgang Ziller, einen langjähriger Spezi von Klaus Ernst aus gemeinsamen Schweinfurter Gewerkschaftszeiten, sondern den unbekannten Aschaffenburger Franc Zega. Am Sonntag droht der Partei nun die nächste Zerreißprobe. Denn Ernst ist als Spitzenkandidat alles andere als unumstritten.

Man wirft ihm vor, zu viel Zeit in Talkshows zu verbringen und zu wenig mit Sacharbeit. Auch sei er fern der Parteibasis und vertrete die linke Sache nicht mit der nötigen Begeisterung. Es heißt, er bekomme Gegenkandidaten.

© SZ vom 27.03.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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