Bayerischer Landtag:SPD-Fraktion düpiert ihren Chef

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Eine holprige Revolution: Der Widerstand der eigenen Leute gegen die Pläne des SPD-Fraktionschefs Markus Rinderspacher ist größer als gedacht. Rinderspacher wird nur mit 76 Prozent im Amt bestätigt.

Frank Müller

Das hatte sich SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher deutlich einfacher vorgestellt: Die Gegenwehr der Landtagsfraktion gegen seine Revolution von oben ist heftiger als gedacht. Gegen sein neues Führungssextett zeichneten sich mehrere Gegenkandidaturen ab.

Die Revolution von oben mag nicht recht gelingen: SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher hat bei seinen eigenen Leute eine Schlappe eingefahren. (Foto: Manfred Neubauer)

Eine erste Schlappe hatte die Fraktion ihrem Chef da aber schon beigebracht. In einer vorgeschalteten Sitzung kippte die Fraktion Rinderspachers Plan, seine drei neuen zentralen Politiksprecher automatisch zu Mitgliedern des Fraktionsvorstandes zu erklären. Dafür wäre eine Änderung der Geschäftsordnung der Fraktion notwendig gewesen, die die Abgeordneten mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschließen müssten.

Diese verfehlte Rinderspacher aber knapp. Unklar blieb, ob die Führung einen neuen Anlauf für diesen Beschluss nehmen würde. Dagegen wurde schon vorab Unmut laut: "Sollen wir etwa solange abstimmen, bis es passt?'' murrten Abgeordnete.

Der Punkt ist in Rinderspachers Konzept weit mehr als nur eine Geschäftsordnungsfrage. Der Fraktionschef wollte damit sein neues Machtgefüge so zusammenzimmern, dass es ohne zu großen Gesichtsverlust für Beteiligte abgeht. Wie berichtet, gehört zu Rinderspachers Plan nicht nur, alle seine drei Vizechefs auszutauschen.

Er will daneben noch einen Kreis aus drei weiteren Sprechern für die zentralen Politikbereiche etablieren - mit Sitz im Vorstand. Dazu soll der Münchner Bildungssprecher Hans-Ulrich Pfaffmann den Bereich Soziales übernehmen, Martin Güll aus Dachau das Thema Bildung beackern, und Thomas Beyer, bisher Fraktionsvize, soll Wirtschaftssprecher werden.

Beyer wurde zugleich zur Schlüsselfigur in der Neuaufstellung. Er ist bislang Stellvertreter Rinderspachers, sollte diesen Posten aber ebenso räumen wie seine Vizekollegen Johanna Werner-Muggendorfer und Christa Naaß. An ihre Stelle sollen die SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen, die Landesbank-Expertin Inge Aures und der Finanzpolitiker Volkmar Halbleib treten. Als die Fraktion die automatische Aufnahme von Pfaffmann, Güll und Beyer in den Fraktionsvorstand blockierte, geriet diese ganze Machtbalance aus den Fugen.

Beyer kandidierte daraufhin doch wieder für einen Vizeposten - ein klarer Affront gegen Rinderspachers Plan. Der Ausgang von Beyers Kandidatur gegen Halbleib blieb bis zuletzt offen, Beyer selbst wollte sich nicht äußern. Auch andere Mitglieder der Fraktion liebäugelten mit Gegenkandidaturen.

Dafür ersparte die Fraktion ihrem Chef aber den kompletten GAU: seine eigene Abwahl. Sie wählte ihn auch für die zweite Hälfte der Legislaturperiode an die Spitze - allerdings mit dem erwarteten kräftigen Dämpfer: Rinderspacher bekam 29 von 38 Stimmen, das entspricht 76 Prozent. Vor zwei Jahren waren es noch 90.

Der Fraktionschef hatte sich schon vor der Sitzung halbwegs optimistisch gezeigt: ,"Die kollektive Intelligenz in der SPD wird sich durchsetzen.'' Er räumte aber ein, dass es immer noch viel Gesprächsbedarf zu seinen Plänen gebe. Den hatte Rinderspacher eigentlich schon am Vorabend abhandeln wollen: Dreieinhalb Stunden lang saß die Fraktion zusammen und debattierte über die Pläne.

In der Fraktion hieß es danach, etwa ein Drittel der Mitglieder sei gegen die Pläne ihres Chefs. Sie halten ihm vor, zu sehr auf Außenwirkung und mediengerechte Darstellung zu setzen - auf Kosten politischer Inhalte. Rinderspacher habe sich dagegen gewehrt, hieß es. Es gebe in der SPD immer noch Leute, die am liebsten so lange über Inhalte diskutieren wollen, "bis wir bei fünf Prozent sind'', soll Rinderspacher betont haben.

© SZ vom 9.6.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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