Barbara Rütting wird 80:Immer volles Korn

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Sie ist die einzige Abgeordnete, die von Besuchern um ein Autogramm gebeten wird: Barbara Rütting, die ehemalige Schauspielerin, feiert ihren 80. Geburtstag und kündigt an, wieder für den Landtag zu kandidieren.

Katja Auer

Ihren Geburtstag wird Barbara Rütting im Gefängnis verbringen.

Mittwochnachmittag - andere Damen würden an ihrem 80. Geburtstag zum Kaffeekränzchen laden - besucht die Grünen-Abgeordnete in ihrer Funktion als Gefängnisbeirätin eine junge Frau im Knast.

"Ich bin eben anders", sagt sie lapidar. Rütting wurde als Filmstar berühmt, warf ihre Karriere hin, um für den Frieden, Tiere und vollwertige Ernährung zu kämpfen. 2003 schließlich zog sie als älteste Abgeordnete in den Landtag ein. Im kommenden Jahr will Rütting wieder kandidieren.

"Dabei hatte ich nicht gedacht, dass ich das erste Jahr überstehen würde", sagt sie. Nun hat sie Gefallen am Politikerdasein gefunden - zum Missfallen mancher Kollegen.

Denn der Promibonus der Rütting lässt manchen jungen Grünen neidisch werden, zumal es auf der Oberbayern-Liste eng wird, da auch Landeschef Sepp Daxenberger wieder ins Parlament einziehen will.

Die Grünen-Fraktion weiß dennoch, was sie an ihrem bisweilen recht anstrengenden Mitglied hat, der einzigen Abgeordneten, die von Besuchern des Landtags um ein Autogramm gebeten wird.

Am 29. November gibt es ihr zu Ehren ein großes Fest mit vegetarischem Buffet, einem Gong-Konzert im Plenarsaal und Weggefährten aus acht Jahrzehnten.

Als Waltraud Goltz wurde Rütting am 21. November 1927 als ältestes von fünf Kindern in Wietstock bei Berlin geboren. Gerne wäre sie Ärztin geworden, doch nach dem Zweiten Weltkrieg musste sie sich als Dienstmädchen und Fremdsprachenkorrespondentin in Dänemark durchschlagen. Bis sie 1952 - nach ihrer Hochzeit mit dem Dänen Hans Rütting inzwischen unter neuem Namen - ihre Filmkarriere begann.

"Wer mich beleidigt, bestimme ich"

Es folgte 45 Hauptrollen in Kino- und Fernsehfilmen, sie drehte mit Kirk Douglas, Klaus Kinski und Maximilian Schell. Eine Flucht und auch Sinnsuche sei die Schauspielerei gewesen, sagt sie heute. Und weil sie eben diesen Sinn nicht gefunden habe, ließ sie das Schauspielern wieder bleiben. Sie schnitt sich die Haare ab und wurde zur Umwelt-Aktivistin, erfand das enorm verdauungsfördernde "Barbara-Rütting-Brot" und kettete sich vor Pharma-Konzernen an.

Die spinnt doch, die Rütting, heißt es angesichts ihres eigenwilligen Lebens gerne, doch davon fühlt sich die nicht angesprochen. Sie hält es mit einem Motto von Klaus Kinski: "Wer mich beleidigt, bestimme ich." Sie sei immer eine Außenseiterin gewesen, sagt Rütting, und habe sich nie daran gestört. Im Landtag jedenfalls pflegt sie ihre Sonderstellung. Fraktionsdisziplin kümmert die Alterspräsidentin wenig, am liebsten wäre ihr sowieso, wenn alle gemeinsam für die gute Sache kämpfen würden.

So lobte Rütting in der Talkshow Beckmann die CSU, weil die endlich ein absolutes Rauchverbot beschlossen hatte. Geht es allerdings um ein Verbot der Käfighaltung, ein gentechnikfreies Bayern, ein Klagerecht für Tierschutzverbände - da können sich die CSU-Kollegen in den nächsten Jahren auf wenig Schmeicheleien gefasst machen.

© SZ vom 21.11.2007/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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