Augsburg:Der Fiebertraum von der Uniklinik

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Das Zentralklinikum Augsburg steht vor dem finanziellen Kollaps - drei Ministerien suchen nach Rettungswegen.

Stefan Mayr

1982 nahm das Zentralklinikum Augsburg seinen Betrieb auf, 1982 zog auch Max Strehle in den Landtag ein. Für den CSU-Politiker begann damit ein unendlicher Kampf für das Großkrankenhaus, das unter einem schwerwiegenden Geburtsfehler leidet. Denn das Klinikum wurde als Haus der höchsten Versorgungsstufe mit der Option auf ein Krankenhaus mit universitärer Anbindung konzipiert, aber mit denkbar geringen Finanzmitteln ausgestattet.

(Foto: Foto: ddp)

Max Strehle schrieb seither Briefe an alle Ministerpräsidenten, er sammelte Unterschriften, gründete einen Förderverein und eine Stiftung. In seinem Aktenschrank stapelt sich "eine ganze Sammlung von Initiativen", die allesamt scheiterten.

So hat sich über die Jahre ein großes Defizit durch den Klinikumsbetrieb angesammelt - und bei Strehle jede Menge Frust. Doch zurzeit ist er so optimistisch wie lange nicht mehr, er hofft, dass der sieche Patient Klinikum doch noch genesen kann.

Grund hierfür sind Aussagen von Ministerpräsident Horst Seehofer und Gesundheitsminister Markus Söder. "Endlich einmal sieht die Staatsregierung ein, dass das Klinikum allein in kommunaler Trägerschaft von Stadt und Landkreis Augsburg nicht gehalten werden kann", sagt Strehle. "Endlich einmal wird anerkannt, dass wir mehr sind als ein großes Kreiskrankenhaus und das gleiche leisten wie eine Uniklinik."

Seehofer hatte Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) im November versprochen, das Zentralklinikum zur "Chefsache" zu machen, um die chronische Unterfinanzierung zu heilen. Dabei hatte Seehofer erwähnt, dass eine von vielen Behandlungmöglichkeiten die Umwandlung in eine Universitätsklinik sein könnte. Dies weckte in der Region neue Hoffnungen, und die Öffentlichkeit versteifte sich sogleich auf das Schlagwort "Uniklinikum". Doch so gut dieses Ziel auch klingen mag, der Weg dorthin dürfte lang und überaus schwierig sein.

So schob Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) den Ideen gleich einen Riegel vor: "Eine Umwandlung ist auf keinen Fall die Lösung für die angespannte Finanzsituation", sagte er. Zuallererst müsse das Klinikum sein Defizit in den Griff bekommen, erst dann könne man über eine Umwandlung in eine Uniklinik überhaupt nachdenken.

Optimistischer gibt sich Gesundheitsminister Markus Söder: "Auf Dauer wäre für die Region Schwaben und Augsburg der Status einer Uniklinik angemessen", sagt er, "jetzt müssen wir uns einen Weg überlegen." Er spricht sogar von einem "Masterplan", dessen Ziel "ganz klar" eine Uniklinik sei. Dauerkämpfer Max Strehle bleibt dagegen skeptisch: "Das ist illusorisch, das scheitert schon an der Kapazitätsverordnung." Diese Regelung des Wissenschaftsrats schließe den Ausbau der medizinischen Ausbildung aus.

Deshalb, so Strehle, bleibe "allerhöchstens die vage Hoffnung auf die Nische der Ärzte-Fortbildung" - oder, dass die Kapazitätsverordnung aufgrund des drohenden Ärztemangels demnächst aufgeweicht werde. Kurzum: Allen ist bewusst, dass das Zentralklinikum dringend behandelt werden muss - aber wie, weiß keiner.

Das "ZK", wie es in Augsburg genannt wird, ist Bayerns zweitgrößtes kommunales Krankenhaus. In seinem Einzugsgebiet leben 1,8 Millionen Menschen, pro Jahr werden mehr als 200.000 Patienten behandelt. Derzeit schiebt das Klinikum 56 Millionen Euro Schulden vor sich her, allein im Jahr 2008 kommt ein Betriebsdefizit von 17 Millionen dazu.

Nach 26 Jahren ist eine Erneuerung der Bausubstanz sowie der medizinischen Geräte überfällig. Hierfür haben Stadt Augsburg und Landkreis Augsburg bereits einen zusätzlichen Bedarf von 48 Millionen Euro angemeldet - den sie vom Freistaat einfordern.

Ergebnisse im Frühjahr

Die Stadt und der Landkreis tragen bislang alle laufenden Kosten - und das, obwohl 30 Prozent der Patienten nicht aus deren Gebiet kommen. Der Freistaat beteiligt sich lediglich mit 5,7 Millionen Euro pro Jahr - diese Jahrespauschale entspricht dem Förderbetrag des Gesundheitsministeriums für Kreiskrankenhäuser. "Aber in diesen Topf gehören wir nicht hinein", betont Max Strehle, "man muss für die Kliniken in Nürnberg, München-Harlaching und Augsburg einen Sonderweg finden, damit diese Häuser aus dem Topf des Wissenschaftsministeriums finanziert werden können."

Diesen verschlungenen Weg suchen nun die drei Ministerien für Gesundheit, Wissenschaft und Finanzen. Parallel dazu prüft seit einigen Wochen die Peritinos AG die Zahlen und Abläufe im Klinikum. Die Berliner Unternehmensberatung ist spezialisiert auf Firmen im Gesundheitswesen. Im Frühjahr sollen erste Ergebnisse vorgelegt werden.

Klinikchef Anselm Berger sieht diesem Prozess optimistisch entgegen: "Es ist zwar noch nicht klar, wie es funktionieren soll", sagt er, "aber erstmals seit langer Zeit ist ein konkreter politischer Wille erkennbar, unsere Situation zu verbessern." Max Strehle hingegen weiß, was er von der jüngsten Entwicklung halten soll: "Die Hoffnung stirbt zuletzt", sagt er, "und hoffen durften wir schon oft."

© SZ vom 16.12.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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