Angst um Datenschutz an Schulen:"Den gläsernen Schüler darf es nicht geben"

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Die Staatsregierung will die Noten aller Schüler speichern - die Grünen bangen um den Datenschutz.

Roman Deininger

Die Grünen wollen den Aufbau einer vom Kultusministerium geplanten bayernweiten Schüler-Datenbank verhindern. "Das Projekt verstößt gegen elementare Prinzipien des Datenschutzes", sagt die bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Simone Tolle.

Das Kultusministerium plant den Aufbau einer bayernweiten Schul-Datenbank. Die Grünen wollen das aus Sorge um den Datenschutz verhindern. (Foto: Foto: ddp)

Der entsprechende Gesetzentwurf der Staatsregierung sieht vor, die Namen, Adressen und schulischen Leistungsdaten der bayerischen Schüler in einem zentralen Register zu speichern. Die Anonymität der Schüler soll dabei durch eine Verschlüsselung der Daten vor der Auswertung gewährleistet werden. "Es ist nicht bewiesen, dass dieses System sicher ist", kritisiert Tolle. "Den gläsernen Schüler darf es nicht geben."

Ein Sprecher von Kultusminister Siegfried Schneider (CSU) widerspricht Tolle. Schneider habe immer betont, dass das Projekt nur dann realisiert werde, wenn keine Bedenken des Landesbeauftragten für Datenschutz vorlägen: "Solche Bedenken sind aber nicht bekannt." Mögliche Befürchtungen der Schüler und Eltern nehme man jedoch "sehr ernst".

Der Gesetzentwurf sei in "enger Abstimmung" mit dem Datenschutzbeauftragten entstanden und diene allein einer "fundierten Bildungsberichterstattung" zum Wohl der Schüler. Tolle dagegen hält neue Erhebungen zum Schulwesen für überflüssig: "Wir kennen die Grundübel des bayerischen Bildungssystems doch ohnehin schon lange."

Der bildungspolitische Sprecher der CSU-Landtagsfraktion Gerhard Waschler hingegen erwartet von der Datenbank "durchaus neue Erkenntnisse". So könne etwa der Verlauf von Bildungskarrieren, die mehrere Schularten umfassen, mithilfe der Datenbank dokumentiert werden: "Das wäre dann eine gute Grundlage für bildungspolitische Entscheidungen."

Datenschutzexperten seien einhellig der Meinung, dass die Schülerdaten vor Missbrauch geschützt seien. "Natürlich müssen wir aber eine genaue Information der Eltern sicherstellen und ihnen ihre Sorgen nehmen", sagt Waschler.

Elternbeirat kündigt Verfassungsbeschwerde an

Der Elternbeirat des Gymnasiums Grafing im Landkreis Ebersberg hat am Donnerstag angekündigt, eine Verfassungsbeschwerde gegen die Datenbank zu prüfen. Die Grafinger Eltern hatten im vergangenen Jahr zusammen mit Elternverbänden mehr als 21000 Unterschriften gegen das Vorhaben gesammelt. Auch Landesschülersprecher Stefan März sagt, er sehe "Probleme" in dem Projekt: "Zumindest haben wir Schüler ein Informationsbedürfnis."

Die Vorwürfe bayerischer Gymnasiallehrer, das Kultusministerium würde die Pädagogen zu einer zu milden Benotung der Schüler anhalten, hat das Ministerium zurückgewiesen. Im Gespräch mit der SZ hatten mehrere Lehrer geklagt, das Ministerium übe über die Schulleiter Druck auf sie aus, um die Durchfallquote gering zu halten. "Keinesfalls gibt es seitens des Ministeriums Vorgaben über bestimmte Notengrenzen oder Wiederholerquoten, die von den Schulen erreicht werden sollen", sagt der Sprecher.

Im Rundschreiben eines Ministerialbeamten, das der SZ vorliegt, gebe es "keine Hinweise darauf, dass Arbeiten bei einem bestimmten Notenschnitt neu geschrieben werden müssen". Auch der Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbandes, Max Schmidt, sagt, ihm sei nicht bekannt, dass das Ministerium "eine unangemessene Großzügigkeit von den Lehrern einfordert". Gleichwohl bemühten sich viele Lehrer, Schülern, die unter der Belastung durch das achtjährige Gymnasium litten, "möglichst viele Vorteile einzuräumen". In Einzelfällen werde "auch mal ein Auge zugedrückt".

© SZ vom 28.03.2008/sg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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