Alpen:Tod im Tiefschnee

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In den bayerischen Alpen werden am Wochenende acht Wintersportler unter Lawinen verschüttet - ein 27-Jähriger stirbt am Wallberg.

Heiner Effern

Die Lust auf eine Tiefschneeabfahrt hat einen ehemaligen Leistungssportler aus dem Landkreis Miesbach das Leben gekostet. Christian K., 27, wurde am Samstag mit vier Begleitern am Wallberg von einem Schneebrett mitgerissen und getötet. Ein weiterer Snowboarder wurde verletzt, drei Männer konnten sich selbst befreien.

Am Wochenende hatte der Lawinenwarndienst in den Alpen die zweithöchste Gefahrenstufe ausgerufen. (Foto: Foto: dpa)

Doch nicht nur am Wallberg zeigte sich, warum der Lawinenwarndienst in den Alpen die zweithöchste Gefahrenstufe ausgerufen hat: Ein 14-jähriger Snowboarder wurde schwer verletzt, als ihn eine Lawine auf dem Herzogstand an einen Baum schleuderte. In Garmisch-Partenkirchen überlebten zwei Männer einen Lawinenabgang fast unverletzt.

Der tödlich Verunglückte Christian K. gehörte einst zur deutschen Snowboard-Elite. Mit vier Begleitern im Alter von 20 bis 34 Jahren suchte er das Tiefschneeerlebnis an der ungesicherten Ostseite des Wallbergs (Kreis Miesbach). Die Gruppe war nach Angaben der Polizei ortskundig und für Fahrten im Gelände mit Lawinensuchgerät und Spaten ausgerüstet.

Am späten Vormittag löste wohl einer der Abfahrer im Leitergraben ein 200 Meter breites und etwa ein Meter hohes Schneebrett aus, das alle fünf in die Tiefe riss. Alle fünf wurden teilweise unter den Schneemassen verschüttet. Die drei Unverletzten konnten sich selbst befreien, aber die Rettungskräfte nicht alarmieren, weil ihre Handys am Berg kein Netz hatten. Erst als der 20-Jährige ins Tal gefahren war, konnte er die Bergwacht Rottach-Egern um 11.45 Uhr alarmieren.

25 Bergretter und vier Hubschrauber waren im Einsatz, doch starke Schneefälle, die schlechte Sicht und die Gefahr durch weitere Lawinenabgänge behinderten ihre Arbeit. Lediglich den einzigen Verletzten konnten sie mit der Seilwinde in einen Hubschrauber ziehen und in eine Klinik nach München fliegen. Drei Wintersportler mussten begleitet von Einsatzkräften selbst ins Tal fahren.

Für die Bergung des Verstorbenen stiegen die Retter wegen der hohen Lawinengefahr mit einem Ackja von unten auf. Die Fahrt von der Bergstation der Bahn, wie sie die fünf Männer riskiert hatten, erschien zu gefährlich.

"Das ist der Powder-Effekt. Bei Tiefschnee schaltet manchmal das Gehirn aus", sagt Martin Stumpf, Chef der Bergwacht Rottach-Egern. Die Lawinengefahr sei zur Zeit so groß, weil auf eine feste Altschneedecke in den Bergen bis zu einem Meter Neuschnee gefallen sei. Diese beiden Schichten liegen momentan ohne Bindung aufeinander. "Man kann die Verhältnisse mit einem Stock vergleichen, der extrem zu einem Bogen gespannt ist. Eine kleine Schwachstelle oder Verletzung bringt ihn zum Brechen. Diese Schwachstelle im Schnee war hier einer der Skifahrer", erklärt Stumpf.

Die drei Snowboarder und zwei Skifahrer waren vor dem Unglück in einen 45 Grad steilen Hang eingefahren. "Das ist bedenklich steil und riskant", sagt Stumpf. Obwohl vermutlich einer nach dem anderen gestartet ist, wie es die alpine Erfahrung an gefährlichen Stellen vorschreibt, löste sich das Schneebrett. Bergwachtmann Stumpf warnt derzeit prinzipiell vor Fahrten ins Gelände.

Doch an Einsicht bei allen Wintersportlern glaubt er nicht. "Das ist nicht das erste Mal, dass wir am Wallberg Lawineneinsätze haben."

Doch auch ohne den Abgang von Lawinen verletzen sich Wintersportler immer wieder schwer. Ein Snowboarder aus Augsburg ist etwa am Samstag in Österreich verunglückt. Der 22-Jährige war im Skigebiet Silvretta bei St. Gallenkirch in Vorarlberg unterwegs. An einem Steilhang stürzte er fünf Meter über felsiges Gelände ab und blieb auf einer Skipiste liegen. Dabei erlitt er nach Polizeiangaben eine schwere Gehirnerschütterung. Der 22-Jährige wurde mit einem Hubschrauber ins Krankenhaus nach Feldkirch geflogen.

© SZ vom 16.02.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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