Zulassung zum Wassersport:Schein-Argumente

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Bei Seglern, Kanuten und Motorbootfahrern fehlt der Nachwuchs. Doch statt einer Deregulierung des sportlichen Schipperns werden immer neue Vorschriften und Richtlinien diskutiert.

Klaus Bartels

Verschiedene Sportbootführerscheine, Funksprechzeugnis, Sachkundenachweis für pyrotechnische Seenotsignale, Kennzeichnungspflicht für Binnenwasserstraßen und vieles mehr: Wenn es um die Regulierung des Wassersports geht, ist Deutschland Spitzenreiter in der EU.

Segler und Motorbootfahrer haben sich allerdings daran gewöhnt und sind in den vergangenen Wochen voller Freude in die neue Saison gestartet; die meisten von ihnen haben den Sportbootführerschein in der Tasche - der Pflicht ist, wenn das Boot einen Motor mit mehr als fünf PS hat. Und wer jetzt wieder an der Pinne eines Segelbootes oder am Ruder eines Motorbootes sitzt, denkt nicht an Paragraphen, sondern genießt die Zeit auf dem Wasser.

Registrierung, Dreimeilenzone, Ausrüstungspflicht

Tatsächlich aber ist die Regulierung des Wassersports zum aktuellen Thema geworden. Denn im Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ebenso wie in periodisch in Erscheinung tretenden Gremien wie Sicherheitskonferenz und Verkehrstag werden Pläne diskutiert, nach denen unter anderem der Sportbootführerschein See auf eine Dreimeilenzone vor den Küsten beschränkt werden und es zu einer umfangreichen Ausrüstungspflicht für Sportboote kommen soll; zudem ist die Registrierung aller Boote im Küstenbereich beabsichtigt.

Das alles hat einen Sturm des Protestes der Skipper und der Sport- und Branchenverbände entfacht. Denn: Für Bootseigner würde das nicht nur höhere Kosten bedeuten - sie würden auch wieder die Schulbank drücken müssen, um sich für die Prüfung des nächsten staatlich vorgeschriebenen Bootsführerscheins vorzubereiten.

Kommt gar die Bootssteuer?

Die Sportverbände wie der Deutsche Segler-Verband (DSV) und Deutsche Motoryachtverband (DMYV) befürchten, dass sich die Registrierung als erste Stufe für eine spätere Bootssteuer und einen Boots-TÜV entwickeln wird; die Branchenverbände Deutscher Boots- und Schiffbauer-Verband sowie Bundesverband Wassersportwirtschaft werten diese Vorschläge "als ernsthafte Bedrohung der deutschen Wassersportwirtschaft" mit ihrem geschätzten Jahresumsatz von drei Milliarden Euro.

Bereits bevor die Pläne aus dem Verkehrsministerium bekannt wurden, hatten die Brachenverbände und auch der ADAC eine Deregulierung des Wassersports gefordert. Ihre Gründe: Angesichts einer konkurrierenden Freizeitwelt schwänden die Anreize, aufs Wasser zu gehen. So nimmt seit Jahren die Zahl der Sportbootführerscheinaspiranten ab, es fehlt der Nachwuchs bei Seglern, Kanuten und Motorbootfahrern.

Jetzt nahm sich die Politik des Themas an. Nachdem die FDP-Bundestagsfraktion gefordert hatte, mehr oder weniger alles so zu lassen, wie es ist, wollen die Mehrheitsfraktionen im Bundestag von CDU/CSU und SPD gemeinsam "die Attraktivität des Wassertourismus und des Wassersports stärken".

Der Antrag an die Regierung beinhaltet Vorschläge, die darauf abzielen, den Wassersport zu fördern und Vereinfachungen zu erzielen; betont wird besonders die Selbstverantwortung der Boots- und Yachteigner. So wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, gemeinsam mit Vereinen, Sport, Wirtschafts- und Ausbildungsverbänden eine Kampagne zur Erhöhung des Sicherheitsbewusstseins in der Sportschifffahrt zu initiieren.

Zulassungskriterien und Prüfungsinhalte

Darüber hinaus sollen Zulassungskriterien und Prüfungsinhalte für den Erwerb des Sportbootführerscheins grundsätzlich überprüft werden, um veränderten Anforderungen im Wassertourismusbereich gerecht zu werden. Gefordert wird auch die Einbeziehung des Sachkundenachweises für pyrotechnische Signalmittel in die Prüfungsinhalte des amtlichen Sportbootführerscheins.

Die Bundestagsfraktionen empfehlen die Prüfung einer Kennzeichnungspflicht für den Seebereich, wobei dem bürokratischen und finanziellen Aspekt große Bedeutung zugemessen werden sollte. Auch empfehlen CDU/CSU und die SPD-Politiker die bestehenden verbindliche Ausrüstungsstandards zu überarbeiten, um klare und übersichtliche Vorgaben zu erzielen. Zusätzlich sollte eine bundesweite und breit angelegte Informationskampagne, die gemeinsam mit den Wassersportverbänden vorbereitet und durchgeführt werden soll, die Einhaltung der freiwilligen Sicherheitsstandards fördern.

In dieser Saison bleibt alles wie gehabt

Was aus den Anträgen an die Bundesregierung werden wird, stellt sich frühestens nach der Sommerpause heraus; in dieser Saison bleibt jedenfalls alles so wie es ist - was angesichts der Vorschläge aus dem Bundesverkehrsministerium von den Wassersportlern positiv bewertet wird. Allerdings haben sich die Mehrheitsfraktionen im Bundestag auch mit dem drängendem Problem der Unterversorgung der Sportbootfahrt mit Dieseltreibstoff befasst.

Der Antrag an die Regierung beinhaltet die Forderung nach besserer Versorgung, weil es - wie durch die Änderung des Energiesteuergesetzes im vergangenen Jahr eingetreten - zu unzumutbaren Versorgungsengpässen gekommen ist. Nach der Gesetzesänderungen hat sich das Tankstellennetz für die Sportbootfahrt erheblich reduziert, weil die Tankstellenbetreiber nur noch den für die Freizeitschifffahrt verbotenen gefärbten, steuervergünstigten Dieseltreibstoff verkaufen.

Dass sich die Volksvertreter auch bereits über die Finanzierung ihrer Vorschläge Gedanken gemacht haben, zeigt die Formulierung: "Die für die vorgeschlagenen Maßnahmen erforderlichen Haushaltsmittel sind durch Umschichtungen innerhalb der betroffenen Einzelpläne bereitzustellen." Und wenn das nicht hilft, droht möglicherweise doch die Bootssteuer.

© SZ vom 2.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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