Zeitmaschinen (2): Datsun 240 Z:Der Sprung nach vorn

Lesezeit: 5 min

Bis weit in die 1960er Jahre war Auto-Japan mit seinen bestenfalls bemühten Hervorbringungen die Lachnummer zwischen Detroit und Zuffenhausen. Doch dann kam der Rächer in Gestalt eines genialen Sportcoupés. Er ritt im Zeichen des Z.

Stefan Schlögl

Albrecht Graf Goertz war ein Ästhet. Und er war vor allem ein Sturschädel. 1962 entschloss sich der Designer auf einer Silvesterparty in New York kurzerhand in Japan zu arbeiten.

Zeitmaschinen (2): Datsun 240 Z
:Klassische Verführung

Bis weit in die 1960er war Auto-Japan mit seinen bestenfalls bemühten Hervorbringungen die Lachnummer zwischen Detroit und Zuffenhausen. Doch dann kam der Rächer in Gestalt eines genialen Sportcoupés. Er ritt im Zeichen des Z.

Der 48-jährige Deutsche und Wahl-Amerikaner hatte bis dahin einen verschlungenen Lebensweg, vor allem aber eine schillernde Karriere hinter sich gebracht. So riss er 1955 mit seinem bildschönen 507 Roadster BMW aus der Nachkriegslethargie. Zuvor hatte er sich bei Studebaker unter dem amerikanischen Design-Papst Raymond Loewy, auf dessen Konto etwa die Cola-Flasche oder die Lucky-Strike-Packung gehen, seine Meriten verdient.

Nach zwei Jahren schmiss der Graf hin und peppte Schreibmaschinen, Kühltruhen oder Feuerzeuge optisch auf. "Immer nur Autos machen ist langweilig." Bis zum Jahr 1962, als sich Goertz kurzerhand in ein Flugzeug nach Japan setzte - um sich von allen Herstellern eine Absage zu holen. Nur nicht bei der Nissan Motorcompany.

Das 1933 gegründete Unternehmen war das Produkt mehrerer Fusionen. Eine Mitgift war die Automarke Datsun (das Dat bezieht sich auf die Initialen der Firmengründer, das -sun auf die glücksverheißende Sonne, die über den Produkten schweben sollte. Zuvor hießen die Modelle Dat-SON, also Sohn des Dat, ein Name, der am Heimmarkt jedoch nicht sonderlich gut ankam, bedeutet doch "Son" im Japanischen nichts anderes als "Ruin" oder "Verlust".)

Nach der Weltkriegs-Niederlage hatte sich Nissan mit der Revitalisierung von 30er-Jahre-Ware sowie mit in Lizenz gebauten Austins hochgerappelt. Ab Ende der 1950er injizierten die Japaner von Los Angeles und New York aus die USA mit kleinen, günstigen Datsuns. Der Export tröpfelte anfangs in kleinen Stückzahlen dahin, die betulichen Wägelchen gerieten angesichts des spätfeudalen Chromwahnsinns der Detroit "Big Three" zur Lachnummer. Was Anfang der 60er für die meisten Hervorbringungen aus Auto-Japan galt.

Ein Umstand, den Nissan schleunigst zu ändern trachtete. Mit dem smarten, sauber gezeichneten Roadster Datsun Fairlady hatte man 1962 in Sachen Design bereits ein erstes Ausrufezeichen gesetzt, Graf Goertz führte sich mit dem betörend schlichten "Silvia" Coupé bei Nissan ein. 1968 verkaufte Nissan dank des Bluebird in den USA bereits mehr Autos als VW.

Trotz des Erfolgslaufs war die Z-Reihe eine veritable Steißgeburt. Bereits ab 1963 hatte sich Goertz an der vagen Vorgabe "irgendetwas zwischen Jaguar E-Type und Porsche 911" abgearbeitet. Rasch schälte sich eine Fastback-Karosserie heraus, die vorne ein Lookalike der Corvette, am Heck einen Ferrari gab.

Autoklassiker (21): 40 Jahre Nissan Z
:Godzilla kehrt zurück

Viele japanische Hersteller bauen keine Sportwagen mehr - der Nissan 370Z ist da eine Ausnahme. Der Z-Mythos begann vor 40 Jahren mit dem Datsun 240Z. Eine Ausfahrt mit Original und Nachfolger.

S. Viehmann

Den A550X genannten Prototypen ließ Nissan beim Kleinserien-Spezialisten Yamaha bauen, doch die Kooperation scheiterte im Herbst 1964 an technischen Problemen (Nissan hatte keinen passenden Motor im Talon), nicht zuletzt aber an Unstimmigkeiten mit Yamaha. Nissan sargte das Projekt kurzerhand ein, was Yamaha nicht daran hinderte, die Sportwagen-Studie Toyota anzubieten. Die zögerten nicht lange und modelten die Vorlage zum legendären 2000 GT um - was Albrecht Graf Goertz relativ egal war.

Er quittierte 1965 seinen Job, doch bald darauf machten sich einige seiner ehemaligen Mitarbeiter, die Herren Yoshida, Matsuo und Kimura, wieder über das Projekt her. Sie verpassten der Goertz-Studie den eigentlich gewünschten E-Type-Look, vergrößerten die Dimensionen und setzten am Heck mit rechteckigen Leuchten auf deutlich mehr Eigenständigkeit. (Ende der Siebziger sollten sich Goertz und Nissan einen respektablen Streit über die Urheberschaft des Z-Designs liefern, man einigte sich schließlich darauf, dass die Nissan-Designer von ihrem Ex-Chef "inspiriert" wurden.)

Das Ergebnis dieser Inspiration war betörender Purismus: Zwei Sitze, lange Motorhaube, klassische, nachgerade europäisch geprägte Linie - der im November 1969 auf der Tokyo Motor Show präsentierte Datsun 240 Z katapultierte Nissan in eine neue Umlaufbahn. Der Ansturm der Kunden sprengte Nissans Kapazitäten, in den USA geriet der Japaner vom Fleck weg zum Bestseller.

Was Wunder: Wo gab es sonst ein smartes Sportcoupé mit den Looks eines E-Type zum Preis eines MG? Und das ohne mimosenhafte Technik, sondern unterfüttert von solider, zugespitzter japanischer Großserientechnik. Die Einzelrad-Vorderachse mit verstärkten Querlenkern spendete der Datsun 510, hinten werkte eine neu entwickelte, relativ simple Hinterachs-Konstruktion, die ebenfalls mit einzeln aufgehängten Rädern aufwarten konnte.

Derlei war damals eine kleine Sensation, schließlich setzten MG B, Ford Capri, Opel GT oder Ford Mustang noch auf Starrachsen. Dem Datsun 240 Z - auf anderen Märkten hieß das Coupé "Fairlady" - bescherte sein aufwändiges, knochenhart abgestimmtes Fahrwerk eine kompromisslose, stets berechenbare Direktheit.

Die durchaus präzise Lenkung und standhafte Bremsen (Scheiben vorne, Trommeln hinten) machten ihn schließlich zu einem ernsthaften Sportgerät, was man vom Motor nur bedingt behaupten konnte. Der Reihen-Sechszylinder - ebenfalls eine adaptierte Mitgift aus dem Nissan-Regal - war eine kreuzbrave Konstruktion ohne technische Raffinessen, die mit nominell 130 PS zwar gut im Saft war, jedoch relativ zäh von der Kupplung ging und an einem lang übersetzten Getriebe litt.

Ab 2500 Touren entwickelte das 2,4-Liter-Aggregat jedoch respektables Feuer an den Hinterrädern - nach 9,5 Sekunden war Tempo 100 exekutiert, immerhin 1,3 Sekunden früher als ein Ford Capri 2300 GT und nur eine halbe Sekunde später als ein Porsche 911 E.

Zeitmaschinen (1): Citroën CX
:Der mit dem schweren Erbe

Manchmal braucht die Zukunft ein wenig Zeit, um in der Vergangenheit anzukommen und jung zu bleiben in alle Gegenwart. Zeitmaschinen: Legendäre Autos, die Geschichte machten.

Die Sport-Attitüde unterstrich der Zweisitzer mit ernsthafter Instrumentierung (in der Mittelkonsole versammeln sich Benzin-, Wasser- und Öltemperaturanzeige, ein Amperemeter sowie eine Analoguhr). Auf eine Art Luxus verweisen gar Kartenleselampe und ein serienmäßiges Radio, ein Anspruch, den die dünn gepolsterten Schalensitze nicht wirklich einlösen konnten.

Ansonsten setzten die Japaner auf großflächig verlegtes Leder-Imitat: Man ahnt nicht, zu welchen Schandtaten Chemie in den Sechzigern fähig war. Selbige kondomisierte auch die mächtig in den Kofferraum ragenden Federdome, dazwischen gähnte jedoch ein üppiger Laderaum, der in dieser Klasse seinesgleichen suchte.

Kurzum: Auto-Japan war mit diesem präzis durchkomponierten Statement in den USA und damit auch am Radar der Automobil-Geschichte angekommen. Anfang der Siebziger lief Nissan erstmals koordiniert in Europa auf. 1972, das Jahr, in dem Nissan Österreich gegründet wurde, brachte folglich auch den 240 Z an den Start. Dessen Leumund war angesichts beeindruckender Rallye-Erfolge nur der beste.

Zwar reichte es bei den europäischen Einsätzen nur zu schönen Ergebnissen, doch Afrika war Datsun-Land. 1971 wühlte sich der 240 Z bei der Safari Rallye auf Platz eins, 1972 errangen Aaltonen/Todt mit Platz drei das beste Resultat bei der Monte, 1973 triumphierte Shekhar Mehta für Datsun erneut bei der Safari. Sein eigens verlängerter, auf 240 PS aufgezwirbelter Hardcore-Z sollte auch die Basis für den Nachfolger des 240er liefern.

Mehr Hubraum, mehr Länge und Radstand lautete ab 1973 die Devise, mehr Leistung indes nicht. Als Bringschuld an verschärfte US-Abgasvorschriften mobilisierte der auf 2,6 Liter Hubraum aufgebohrte Sechszylinder nur noch 128 PS. Im Gegenzug spendierte Nissan dem 260 Z zwei Notsitze.

Allein: So erfolgreich die Japaner in den USA waren - und der Z-Reihe den Status des meistverkauften Sportwagens aller Zeiten bescherten -, in Europa kam das Angebot nie so recht über die Rampe, was vor allem am verhältnismäßig stolzen Preis lag. Die ab 1979 mit dem 280 ZX eingeleitete Umorientierung Richtung Luxus-Sportcoupé konnte da nichts mehr reparieren. Trotz eines 300 ZX (ab 1984) und des beeindruckenden Twin Turbo (283 PS, ab 1990) kam Nissan nicht mehr über die Rolle des Nischen-Players hinaus.

Erst der 350 Z sollte für Nissan ein glorioses Comeback in der Hardbody-Liga besorgen. Ein aufs Wesentliche einreduziertes Sportcoupé - wie sein Ahnvater, der Datsun 240 Z.

© sueddeutsche.de/Autorevue - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: