Verkehrsregeln:Wenn Supermarktkunden in der Falle parken

Lesezeit: 3 min

Nicht auf allen überwachten Supermarktparkplätzen werden die Bedingungen so klar kommuniziert wie auf diesem in München. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Immer mehr Supermärkte lassen ihre Parkplätze von privaten Firmen überwachen.
  • Die verlangen oft, eine Parkscheibe im Auto auszulegen. Macht der Autofahrer das nicht, erheben sie Strafen oder lassen das Auto sogar abschleppen.
  • Oft sind die Geldbußen höher als im öffentlichen Raum. Und viele Betreiber handeln einem Rechtsanwalt zufolge "unverhältnismäßig".

Von Felicitas Wilke, München

Als Marko Wallner Mitte März noch bei Penny an der Kasse stand, um Geflügelsalat, Nudelsoße und Schokolade zu bezahlen, da hing an seiner Windschutzscheibe schon ein Strafzettel mit Überweisungsschein. Tatbestand: fehlende Parkscheibe. Der Absender, die Firma "Fair parken", verlangte 19,90 Euro von Wallner. Er war ratlos. "Ich hatte zwei Wochen vorher noch dort eingekauft, da war von einer Parkscheibe noch keine Rede", sagt Wallner.

Die Situation, die der Erfurter schildert, erleben immer mehr Verbraucher. Supermarktketten lassen ihre Parkflächen zunehmend von privaten Dienstleistern überwachen. Die Firmen stellen Mitarbeiter ab, um abgestellte Autos zu überprüfen - und teils kräftig zu kassieren, wenn sich Kunden nicht an die Regeln halten.

Verkehrsregeln
:Diese Regeln gelten beim Parken mit Parkscheibe

Wie muss die Papp- oder Plastikuhr aussehen? Darf ich sie weiterdrehen? Und in welcher Situation wird Autofahrern Parkzeit geschenkt? So machen Sie es richtig.

Von Felicitas Wilke

Prinzipiell dürfen die Inhaber von Supermärkten ihre Parkplätze an andere Unternehmen auslagern, eine Parkscheibe einfordern oder sogar Parkgebühren berechnen. Es ist ihr Grundstück, also gelten ihre Bedingungen. Gerade bei Filialen in Innenstädten oder in der Nähe von Bürogebäuden könne wegen vieler Fremdparker "die Situation entstehen, dass unseren Kundinnen und Kunden nicht mehr genügend Flächen zur Verfügung stehen", heißt es bei Aldi Süd. Auch Penny, Lidl und Netto nennen Dauerparker, die gar keine Kunden sind, als Grund für ihre Parkscheiben-Politik. Haben die Verbraucher sie einmal eingestellt, bleiben ihnen je nach Parkplatz manchmal eine, manchmal zwei Stunden Zeit, um zum Auto zurückzukehren. Klingt lästig, aber zumutbar.

Doch fast täglich erhält der Berliner Rechtsanwalt Thomas Hollweck Anrufe von Verbrauchern, die sich von Überwachungsfirmen abgezockt fühlen. "Oftmals weisen die Betreiber nicht deutlich genug auf die Parkbedingungen hin", sagt Hollweck.

Höhere Strafen als auf öffentlichen Parkplätzen

Wenn ein Autofahrer mit seinem Wagen auf einen privaten Parkplatz kommt, geht er automatisch einen Vertrag mit dem Betreiber ein und akzeptiert dessen Bedingungen. Dafür muss aber klar ersichtlich sein, was der Kunde zu tun hat. "Idealerweise stehen schon an der Einfahrt mehrere große Schilder mit Symbolen und dem Hinweis, dass die Kunden ihre Parkscheibe benutzen sollen", sagt der Jurist. Auch ein Vermerk, welche Strafe ansonsten droht, dürfe nicht fehlen. Hollweck zufolge stehen auf vielen Parkplätzen nur vereinzelt Schilder, die auch noch in kleiner Schrift auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinweisen. "In solchen Fällen liegt der Gedanke schon nahe, dass die Firmen die Kunden nur abkassieren wollen", sagt Hollweck.

Die Vertragsstrafen, die private Anbieter auf Kundenparkplätzen verhängen, sind verglichen mit dem öffentlichen Raum hoch. Dort berechnet das Ordnungsamt für eine vergessene Parkscheibe in der ersten halben Stunde meist ein Bußgeld in Höhe von zehn Euro. Bei Fair parken sind es knapp 20 Euro, beim Wettbewerber Park & Control sogar 30 Euro. Als privates Unternehmen müsse man kostendeckend arbeiten, heißt es bei Park & Control dazu. "Die Leute müssen einfach nur die Parkscheibe auslegen, das ist nicht zu viel verlangt", sagt ein Sprecher. Anwalt Hollweck empfiehlt Verbrauchern, trotzdem Widerspruch einzulegen, wenn die Strafe das Doppelte des üblichen Bußgelds im öffentlichen Raum übersteigt. "Oft führt das dazu, dass die Forderung noch storniert wird", sagt er.

So viel Glück hatte Jen A. nicht. Im Februar parkte die Münchnerin vor einem Augsburger Supermarkt und stellte wie gewünscht ihre Parkscheibe ein. Nachdem sie bei Edeka eingekauft hatte, erledigte sie noch ein paar andere Dinge in der Nähe. Als sie, wie sie sagt, sieben Minuten nach Ablauf der Parkzeit zu ihrem Auto zurückkehren wollte, war es weg. Abgeschleppt. "Im Supermarkt sagte man mir, man habe mich ausgerufen, und ich hätte nicht reagiert", sagt sie. Zwar sei die Parkfläche als reiner Kundenparkplatz ausgeschildert gewesen, doch dass gleich der Abschleppdienst gerufen wurde, empfindet sie als "perfektionierte Geldmacherei".

Die Pressestelle von Edeka Süd verteidigt das Verhalten der Supermarktbetreiber. Im Fall der Münchnerin werde die "Marktdurchsage und die anschließend erfolglose Wartezeit von einigen Minuten als Bestätigung gewertet, dass sich der Fahrer nicht im Markt befindet".

"So ein Vorgehen ist unverhältnismäßig"

Zwar betonen große Dienstleister wie Fair parken und Park & Control, keine Autos abzuschleppen. Auf anderen Parkplätzen komme es aber immer wieder vor, dass ein Fahrzeug bereits wenige Minuten nach Ablauf der Parkzeit abgeschleppt wird, sagt Rechtsanwalt Hollweck. "So ein Vorgehen ist unverhältnismäßig", sagt er. Wenn das Auto bereits abtransportiert wurde und sich in einem abgesperrten Bereich befindet, hätten Verbraucher jedoch zunächst kaum eine andere Wahl, als es für viel Geld auszulösen. Bei Jen A. waren es 240 Euro. Sie zahlte den Betrag an den Augsburger Abschleppdienst, wohl oder übel, "ein Rechtsstreit wäre mir zu anstrengend gewesen", sagt sie.

Für Marko Wallner, den Erfurter, ging die Geschichte besser aus. Es beschwerte sich bei Fair parken und schickte dem Kundenservice seinen Kassenbon als Beweis zu, tatsächlich im Supermarkt eingekauft zu haben. Daraufhin verzichtete das Unternehmen auf die Strafzahlung. "Ich ärgere mich zwar immer noch, aber es ist mir auch eine Lehre", sagt Wallner, "in Zukunft werde ich vorsorglich immer meine Parkscheibe einstellen."

© SZ vom 31.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Fehler beim Autofahren
:Acht Sünden, die fast jeder Autofahrer begeht

Wir sind es so gewohnt, zu bequem oder wissen es nicht besser. Doch diese Angewohnheiten beim Autofahren kosten unnötig Geld oder schaden sogar dem Wagen.

Von Felix Reek und Thomas Harloff
Jetzt entdecken

Gutscheine: