Urteil:Ohrfeige für Autobauer

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Ein US-Gericht in Vermont verpflichtet die Autoindustrie, Umweltgesetze einzuhalten.

Reymer Klüver

Ein bisschen klingt es nach Hohn und Spott, was der Richter für die Kläger übrig hatte. "Unwahrscheinlich" sei es, belehrte Chief Judge William Sessions aus dem kleinen Bundesstaat Vermont die Autogiganten General Motors und Daimler-Chrysler, dass sie nicht in der Lage sein sollten, innerhalb eines Jahrzehnts neue Umweltvorschriften einzuhalten. Und das in einer Industriesparte, setzte der Richter süffisant hinzu, "die so stolz ist auf ihre Modernität, Flexibilität und Innovationskraft".

Einer der vielen Staus in Los Angeles. In Kalifornien sind zwar scharfe Abgasregeln erlassen - aber sie gelten noch nicht. (Foto: Foto: dpa)

Niederlage für die Autoindustrie

Es ist in der Tat eine klare juristische Niederlage, die Amerikas Autoindustrie vor dem Gericht in Burlington eingefahren hat. Möglicherweise ist es eine Entscheidung, die den Weg bereitet für eine drastische Senkung der durch den Automobilverkehr verursachten Emissionen in den USA. Am Ende könnte sogar eine Neuausrichtung in der amerikanischen Klimapolitik stehen - gegen den Willen Washingtons von ein paar unbeugsamen Bundesstaaten erzwungen.

Die amerikanische Autoindustrie - zusätzlich zu den beiden Branchenriesen General Motors und Daimler-Chrysler klagte auch der Industrieverband Allianz der Automobilhersteller - wollte in Vermont ein Exempel statuieren. Sie wollte den kleinen, grünen Bundesstaat im Nordosten der USA zwingen, Vorschriften zurückzunehmen, nach denen die Emissionen von Treibhausgasen neuer Autos bis zum Jahre 2016 um 30 Prozent im Vergleich zu den gegenwärtigen Werten gesenkt werden müssen.

Die Autoindustrie hatte dagegen ein Doppelargument vorgetragen. Erstens könne sie eine solche scharfe Reduktion niemals schaffen. Und wenn, dann verteure es die Autos über die Maßen und gefährde 65.000 Arbeitsplätze. Zweitens dürfe ein Bundesstaat wie Vermont solche Regelungen nicht erlassen. Das sei Bundessache.

Doch da sind Amerikas Automobilisten in Sessions, der von Präsident Bill Clinton eingesetzt wurde, an den falschen Richter geraten. Er bürstete sie in allen Belangen ab.

Von größter Tragweite ist dabei seine Auffassung, dass das Recht der einzelnen Bundesstaaten in diesem Fall sehr wohl Bundesrecht bricht. Normalerweise ist das in den USA (wie in Deutschland auch) genau umgekehrt. In dieser Angelegenheit aber seien die Bundesstaaten dazu ausdrücklich berechtigt.

Die EPA, die Bundeumweltbehörde, muss immer zustimmen

Im Clean Air Act (Klimaschutzgesetz) wurde Kalifornien vor Jahren tatsächlich eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz gewährt. Kalifornien hat denn auch als erster Bundesstaat die verschärften Emissionswerte für Kraftfahrzeuge erlassen. Vermont, so die Schlussfolgerung Sessions', eifere nur dem Beispiel nach. Wenn Kalifornien die Standards einführe, müsse das Vermont auch erlaubt sein und noch neun weiteren Bundesstaaten, die entsprechende Gesetze verabschiedeten.

Allerdings gibt es da noch einen Haken. Die Abgasregeln gelten in Kalifornien noch gar nicht. Sie sind von der Zustimmung der Bundesumweltbehörde EPA abhängig. Die jedoch lässt sich seit fast zwei Jahren Zeit. Im November will sie jetzt aber angeblich entscheiden. Und der Urteilsspruch aus Vermont, so hoffen Umweltschützer, werde der Behörde die Entscheidung erleichtern. Sollte sie Kalifornien die Erlaubnis erteilen, würden die verschärften Grenzwerte über kurz oder lang in den ganzen USA gelten, weil sich viele andere Bundesstaaten wie Vermont oder Florida einfach anschließen können - was die Automobilbranche mit ihrer Klage in Vermont eigentlich hatte unterbinden wollen.

© SZ vom 14.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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