Toyota Land Cruiser:An der Zeit vorbei

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Der neue Toyota Land Cruiser - gebaut für Wüstensöhne und solche, die eine Ölquelle ihr eigen nennen.

Joachim Becker

Der bullige Toyota ist seit 50 Jahren ein Geheimtipp unter Afrikareisenden, seine Zuverlässigkeit und Langlebigkeit sind legendär; längst ist der Land Cruiser aus dem Windschatten des Range Rover gefahren. Und Fans des Japaners würden sich nie mit dem britischen Original in abgelegene Gebiete wagen - sagt zumindest Piero aus Modena.

Ein Stück Auto: der neue Toyota Land Cruiser mit 286 Diesel-PS. (Foto: Foto: Toyota)

Der Diesel-V8 - nur ein entferntes Wummern

Der Stahlmanager entdeckt uns bei der Ausfahrt in den Schweizer Alpen und zückt sofort die Kamera. Klar, dass er den neuen Land Cruiser blind bestellt hat, um ihn als einer der Ersten in Empfang nehmen zu können. Die Schuhschachtel-Form gefällt ihm gut, denn sie verspricht viel Platz im Innenraum. Mehr als 100 Mal ist er schon zu Expedition nach Marokko, Algerien und weiter in die Wüste aufgebrochen. Mit einem Land Rover würde er das nie wagen: "Zu anfällig und zu wenig Werkstätten. Aber was rede ich: Mein Land Cruiser hat ja nie eine Reparatur gebraucht".

Unser Ziel ist nicht die Sahara, sondern St. Moritz. Selbst in der Schickimicki-Metropole zieht der Land Cruiser alle Blicke auf sich. Also cool bleiben, Startknopf drücken und schon ist aus dem Motorraum der Pulsschlag eines Schiffdiesels zu hören. 4,5 Liter Hubraum haben etwas Beruhigendes; wenig mehr als Standgas genügt, um die Schweizer Hochebene und das Pelzmantel-Rudel hinter uns zu lassen.

Wir haben es auch ohne Fell kuschelig warm, denn die Heizung arbeitet für einen Diesel erstaunlich schnell und vom 286 PS starken V8 dringt bald nur noch ein entferntes Wummern in den Fahrgastraum, der diesem Namen alle Ehre macht: Die breiten Ledersessel bieten selbst Sitzriesen genügend Platz, man sehnt sich allerdings nach mehr Seitenhalt in dem rollenden Wohnzimmer. In der dritten Sitzreihe im Heck bleibt genügend Raum für einen sechsten und siebten Passagier; doch die Hinterbänkler kauern mit den Knien vor der Brust - und am besten mit einer Spucktüte in der Hand.

Toyota Land Cruiser V8
:Endlich neu

Toyota hat seinen Gelände-Weltbestseller Land Cruiser neu aufgestellt - unter anderem mit einem leistungsstarken V8-Diesel-Motor.

Mag sein, dass die Executive-Ausstattung, die wenigstens 79.900 Euro kostet, mit ihrem aktiven Dämpfungssystem das Optimum für tagelange Ritte über schnurgerade Schotterpisten ist. Aber auf Bergstraßen und Autobahnen findet sich keine Abstimmung, die dem Landcruiser das Schaukeln abgewöhnt. Wie ein Stehaufmännchen neigt sich der Hüne von einer Seite auf die andere, sobald sich die Kurvenrichtung ändert; oberhalb von 120 km/h kommt ein Stuckern im Sport-Modus hinzu, das mehr über den Straßenbelag verrät, als man wissen möchte. Und im Komfort-Modus verwandeln sich die Stöße in ein lang gezogenes Rollen, das Nacken- und Magenmuskulatur in Bewegung hält. Der Kapitän klammert sich da längst am Lenkrad fest wie an einer Reling; und die süßen Kleinen im Fond sind auch ohne Videoberieselung ganz ruhig, schauen allerdings etwas grün drein.

Bärige 650 Newtonmeter Drehmoment

Klar, ein Auto, das alles können soll, muss Kompromisse machen. Unverständlich bleiben aber einige Defizite der jüngsten Toyota-Neuerscheinung. Zum Beispiel die hohe Anordnung der Scheinwerfer, die entgegenkommenden Autofahrern beim Linksabbiegen direkt in die Augen leuchten und entsprechend genervte Reaktionen auslösen. Störend für den Fahrer sind die nächtlichen Spiegelungen des Navi-Bildschirms und all der anderen kleinen Lichter in den Scheiben. Die ungenaue Lenkung und der V8-Diesel mit seinem ausgeprägten Turboloch sind ebenfalls kein Ruhmesblatt für die Entwickler. Beim Anfahren mit 1000 Umdrehungen verstreicht ein Moment, bevor die Fuhre Fahrt aufnimmt; und ist der 2,8-Tonner erst einmal in Schwung, läuft der Motor im Bereich von 2000 Touren so unrund, dass sich die Vibrationen bis ins Lenkrad übertragen.

Also rollen wir möglichst gleichmäßig dahin und lassen uns von bärigen 650 Newtonmeter Drehmoment über alle Berge ziehen. Bei ruhiger Fahrweise nimmt der Landcruiser gut zwölf Liter auf 100 Kilometer, in der Stadt ist schnell die 20-Liter-Marke überschritten - das mag im Vergleich zu früheren Selbstzündern dieser Größe ein Fortschritt sein, tatsächlich aber sind 270 Gramm CO2 pro Kilometer ein Rückschritt. Toyota hat beim Hybrid die Nase vorn; geht es aber um starke Diesel, kommen die Trendsetter aus deutschen Landen.

© SZ vom 22.03.2008/gf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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