Smart Brabus Xclusive:Pfeffer im Rücken

Lesezeit: 3 min

Der Smart Fortwo Brabus Xclusive lässt selbst Sportwagen zurück, verlangt aber nach einem innerlich gefestigten Fahrer.

Karl Forster

Es macht derzeit keinen Spaß, über Traumautos nachzudenken. Der 911 von 1992? Der gute alte Z1? Tja, schon schön. Aber leider gehört man nicht zur Zunft der Tankstellenbesitzer, und selbst wenn, wäre der Spaß auch getrübt, denn verdienen lässt sich da auch nicht viel. Man müsste sich einen Ölkonzern angeln, es ist nur keiner frei.

Einen Porsche an der Ampel hinter sich lassen - das hat was

So bleibt der Autofreund bescheiden und denkt im Kleinformat. Und gibt es ein kleineres Kleinformat als den Smart? Na, eben. Also wird der Porsche ins Hinterstübchen verfrachtet und das Augenmerk auf den derzeit schnellsten Wagen mit einer Spurweite unter zwei Meter gerichtet - auf den Smart Fortwo Brabus Xclusive. Eine echte Alternative für Freunde automobilistischen Temperaments, wo sich hier doch Niedlichkeit mit Power paart und dieses Rennschuberl, laut Eigenauskunft des Herstellers Daimler, trotzdem zur Kategorie der Fünf-Liter-Autos gehört; mit 5,2 Liter Super nach den NEFZ-Regeln. Doch dazu später mehr.

Hoppla, so geht das nicht! Das sind ja schon fast 70 Sachen mitten in der Stadt, als der Kleine in den dritten Gang schaltet. Wie soll man dem Blitzer-Polizisten erklären, dass man sich an die Sprintfreude des zu testenden Autos noch gewöhnen müsse?

Da steht ein Cayenne an der roten Ampel. Na warte - im Kopf kurz zurückgeschaltet ins Postpubertärikum und dann bei Gelb das Pedal gedrückt. Da schaut er, der Pfeffer-Fahrer, zumindest bis 40 km/h, dann schaltet der Smart, der Gegner holt auf, zieht vorbei und grinst.

Jaja, es dauert immer noch ziemlich lange, bis der Smart den Schaltvorgang vollzogen hat. Dann geht's zwar hurtig weiter bis weit jenseits des in der Stadt Erlaubten. Aber was bei der Dieselversion mangels Sprintkraft kaum mehr auffällt, wird beim Brabus mit seinen sage und schreibe 72 kW (98 PS) überdeutlich: Zuerst drückt es einem das Genick in den Sitz, dann knallt das Kinn auf die Brust, dann klebt das Haar wieder am Sitzleder.

Erst durch Brabus wird der Smart zu etwas Besonderem

Es ist und bleibt halt dieses Automatikgetriebe, bei dem ein Elektromotor für den Schaltvorgang verantwortlich zeichnet - ein technischer Schwachpunkt, auch wenn sich die Situation im Vergleich zum alten Smart deutlich verbessert hat, angeblich um 20 Prozent. Man kann es aber auch so sehen, dass man einen Cayenne-Fahrer vor einer tiefen Depression bewahrt hat.

Es hat der Smart-Freund aber, neben der Automatik, noch zwei Varianten, den Schaltvorgang zu beeinflussen: mit der Rechten auf dem Schaltknauf, die zumindest in der Stadt diesen wegen Überbeschäftigung kaum verlassen kann; oder die Wippschaltung am Lenkrad, welche wiederum die fahrtechnisch zwar korrekte, aber nicht jedermann geläufige permanente 10-Uhr/2-Uhr-Haltung der Hände abverlangt, weil die Wippen sich mit dem Volant mitdrehen. So wird die Schaltzeit jedenfalls gefühlt kürzer.

Nun aber zu dem, was dieses Auto zum Besonderen macht: zu Brabus. Es ist ja auch möglich, den normalen Smart mit einem Chip zu mehr PS zu verhelfen. Das funktioniert, hat aber den Nachteil, dass der Rest des Autos, von den Stoßdämpfern bis zum Turbo, der stärkeren Belastung nicht gewachsen ist. Der Tuner aus Bottrop nun hat sich den Smart als Gesamtkunstwerk vorgenommen und der Kraft aus 999 Kubik angepasst, von eben diesem Aggregat bis zum tiefergelegten Fahrwerk und den Bremsen.

Trotzdem sollte, wer sich den Luxus Brabus leistet (möglicherweise auch noch die wirklich elegante Xclusive-Version), eigentlich vor dem Erwerb eine Reifeprüfung absolvieren. Denn dieses Auto ist, wie früher der NSU TTS und später der (alte) Mini Cooper S, total übermotorisiert. Wer Spaß am hurtigen Überholen hat, wird es lieben.

Wer aber - siehe Anfang - in diesem Auto spätpubertären Anwandlungen nachgibt, für den und dessen Mitmenschen wird der Smart Brabus zum gefährlichen Geschoss. Wenigsten hat der Hersteller die Vmax auf 155 km/h begrenzt. Doch auch so wird der Galopp auf der Autobahn zur schweißtreibenden Angelegenheit, zum einen wegen der eigenwilligen Vorderräder und der sehr direkten Lenkung, zum anderen, weil die Karosse extrem Seitenwind-anfällig ist.

Und der Verbrauch? Im Test waren es 7,1 Liter Super. Das ist deutlich mehr als versprochen, bedeutet alle 300 Kilometer einen Tankstopp und treibt natürlich auch die CO2-Emissionen in die Höhe. Aber Spaß macht er halt schon, der kleine Brabus.

Smart Fortwo Brabus Xclusive: 1,0-Liter-Dreizylinder-Turbo; 72 kW (98 PS); max. Drehmoment: 140 Nm bei 3500/min; 0-100 km/h: 9,9 s; Vmax: 155 km/h (elektronisch abgeregelt); Verbrauch: 5,2 l Super; CO2: 124 g/km; Euro 4; Grundpreis: 19.490 Euro.

© SZ vom 17.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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