Segelyacht Sly 42:Wind-Spiel

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Vor kurzem wurde sie zur "Yacht des Jahres 2008" gewählt": die neue Sly 42. Jetzt musste sie ihre Qualitäten erstmals im Praxistest zeigen.

Klaus Bartels

Windstärke vier mit Böen knapp über fünf Beaufort und eine kleine Welle auf der Kieler Förde. Ideale Bedingungen für eine Testfahrt mit der neuen, in Italien gebauten Segelyacht Sly 42 - ein Schiff, das erst vor kurzem von den Redaktionen europäischer Segelmagazine zur "Yacht des Jahres 2008" gewählt wurde. 12,80 Meter misst die Sly 42 in der Länge, fast 21 Meter hoch ist der Kohlefasermast - Eckdaten, die für hohes Geschwindigkeitspotential sprechen. Tatsächlich strahlt die Yacht auf den ersten Blick mit ihrem offenem Heck, dem senkrechten Bug, zwei Steuerständen im großen Arbeitscockpit, flachem Rumpf und windschnittigem Kajütaufbau viel Sportlichkeit aus - obwohl sie von der Werft nicht als Regattayacht, sondern als schneller Cruiser angeboten wird.

Nicht zu übersehen: Der aus Kohlefaser gefertigte Mast der 12,80 Meter langen Sly 42 misst fast 21 Meter und trägt am Wind 111 Quadratmeter Segel. (Foto: Foto: Sly Yachts)

Eine Yacht mit Schnellzugtempo

Das bedeutet Wohnkomfort unter Deck. Tatsächlich bietet die Sly 42 alles, was Crews für einen Segelurlaub benötigen und zeigt durch ein makellos verlegtes Teakdeck eindeutig die Ausrichtung als Fahrtenyacht. Durch die Rumpfbreite von 3,80 Meter gibt es viel Platz unter Deck. Dort finden sich sechs Kojen in drei Kabinen, zwei Nasszellen und eine Küche mit Backofen und Kühlschrank, die so angelegt wurde, dass sie auch beim Segeln genutzt werden kann. Ein U-Sofa bildet das Zentrum des Salons; gegenüber erstreckt sich eine Sofabank, deren hinteres Ende gleichzeitig als Sitz für den Navigationsschreibtisch dient. Wird der Salontisch aufgeklappt, finden dort bis zu acht Personen Platz. Was angenehm ins Auge fällt, ist das minimalistische Design mit viel hellen Flächen und klaren Linien; dunkles Edelholz und maritimen Kitsch sucht man vergeblich.

Die fast 13 Meter lange Yacht wurde segeltechnisch so ausgelegt, dass sie von einer Zweiercrew gut zu beherrschen ist; alle Leinen zum Bedienen der Segel sind nach achtern in das Cockpit verlegt worden. Mit Hilfe einer Winsch auf dem Kajütdach kann gleich nach der Hafenausfahrt das 64 Quadratmeter messende Großsegel ohne Schwierigkeit gesetzt werden, was allerdings mit etwas Kraftaufwand verbunden ist; das Ausrollen des 47 Quadratmeter großen Vorsegels dagegen ist völlig mühelos.

Sind die Segel gesetzt, springt die Sly tatsächlich an wie ein Sportwagen; der Winddruck wird sofort von der 111 Quadratmeter großen Segelfläche in Vortrieb umgesetzt, ohne dass sich die Yacht dabei stärker auf die Seite legt. Für Stabilität sorgt eine 2,50 Meter tiefgehende Kielfinne mit einer mehr als zwei Tonnen schweren Bombe aus gehärtetem Blei. Bei einem Kurs mit halben Wind zeigt der Geschwindigkeitsmesser schnell neun Knoten, umgerechnet mehr als 16 km/h - für eine Segelyacht dieser Größe Schnellzugtempo. Kein Wunder, dass alles was sonst noch auf der Förde unter Segel unterwegs ist, überholt wird - manchmal zur Verwunderung von Crews auf sehr viel größeren Yachten.

Dabei lässt sich die Yacht an ihren beiden Ruderständen im Cockpit einfach und mit zwei Fingern steuern. Nur wenn eine Bö in die Segel fällt, wird der Druck auf das Ruder größer. Die Yacht fährt dann jedoch wie auf Schienen weiter geradeaus. Dabei erreicht die Geschwindigkeitsanzeige fast zehn Knoten. Es sind gelungene Linien, die die Konstrukteure des Studio Lostuzzi der Yacht verpasst haben. Verfeinert wurde der Rumpf während der Entwicklung durch Schlepptankversuche an der Universität Triest - das ist für Serienyachten dieser Größe unüblich, aber effektiv.

Alles verbaut, was gut und teuer ist

Das moderne, jollenartige Unterwasserschiff mit Kielfinne und Bleibombe sowie dem schmalen, 2,10 Meter tiefgehenden Ruderprofil sind nur die eine Seite des Freude spendenden, großen Geschwindigkeitspotentials. Das Gewicht der segelfertigen Sly 42 von knapp 6,5 Tonnen ist die zweite Komponente. Denn: Umso weniger ein Segelboot wiegt, umso schneller kann es sein. Dieser schlichten Formel trug die Sly-Werft im italienischen Cesena durch die konsequente Bauweise mit leichtem und hochfestem Kunststoffsandwichmaterial mit Kohlefaserverstärkung Rechnung. Die Rümpfe aus Epoxidharz entstehen im sogenannten Vakuum-Injektionsverfahren, das im Gegensatz zum üblichen Handlaminieren einer Yacht zu höherer Materialdichte und dadurch zu geringerem Gewicht führt. Der leichte Kohlefasermast samt Großbaum, ebenfalls aus Kohlefaser, und Hightech-Segel sind weitere Voraussetzungen für das Schnellzugtempo. Auch am sonstigen Zubehör weist der schnelle Cruiser alles auf, was gut und teuer ist.

Rund 400.000 Euro kostet die Sly 42 - ein stolzer Preis, wenn man ihn mit gleich großen Serienyachten von Bavaria oder Bénéteau vergleicht, die es bereits für rund 150.000 Euro gibt. Der Preis relativiert sich allerdings, wenn die Sly 42 mit ähnlichen Performance-Yachten verglichen wird. So müssen beispielsweise für die als hochwertige und schnelle Einheitsklasse konzipierte Club Swan 42 der finnischen Nautor-Werft knapp 490.000 auf den Tisch gelegt werden.

Bereits 14 Yachten hat die Werft innerhalb des ersten Jahres seit der Premiere verkaufen können. Das große Interesse an der Yacht spürt auch Thorsten Sachs von der Vento Yachts GmbH, die die Yacht in Deutschland verkauft: Er ist fast täglich mit Kunden auf Probefahrten auf der Kieler Förde unterwegs, die Eigner einer Sly 42 werden wollen.

Sly 42; Länge: 12,80 m, Breite: 3,80 m, Wasserlinienlänge: 11,15 m, Tiefgang: 2,50 m, Gewicht: 6,4 t, Segelfläche 111 qm, Maschine: Saildrive 29 kW/40 PS Infos: www.sly-yachts.com

© SZ vom 28.6.2008/gf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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