Renault Grand Scénic 1.9 dCi:Bei sieben bitte nur Zwerge!

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Nun gibt es sogar bei den so genannten Minivans Langversionen. An sich ist das ja nichts Verwerfliches, aber muss es sein? Das kommt auf den Betrachtungswinkel an.

Bei Minivans haben Langversionen eine noch kurze Tradition. Jüngstes Kind des wachsenden Größenkults ist der Renault Scénic mit Namenszusatz Grand. Grand steht für eine um 23 Zentimeter verlängerte Karosserie und fünf Zentimeter mehr Radstand.

Markant geformte Front (Foto: Foto: Renault)

Der so auf 4,49 Meter gewachsene Scénic bietet statt fünf nun sieben Sitzplätze und einen deutlich größeren Kofferraum. Der Aufpreis für das Plus an Scénic beträgt 1200 Euro. Wir waren mit dem 120 PS starken 1.9 dCi unterwegs.

Für Individualisten

Mit aggressiv gezeichneten Scheinwerfern und dem eigenwillig geformten Heck mit Knick wirkt die zweite Scenic-Generation charaktervoll. Einen sehr positiven Eindruck hinterlässt auch der Innenraum. Das futuristisch und übersichtlich gestaltete Interieur wirkt dank geschmackvoll abgestimmter Beige- und Brauntöne warm und wohnlich. Materialanmutung und Verarbeitung in der Top-Ausstattung Privilège jedenfalls sind erstklassig.

Für Sammler

Außerdem bietet der Grand insgesamt 19 große und kleine Staufächer mit zusammen 104 Litern Stauvolumen. Besonders groß ist die Box zwischen den Vordersitzen. Das um 30 Zentimeter in der Länge verschiebbare, so genannte Vario-Modul ist zudem als Mittelarmlehne nutzbar.

Im Kofferraumboden versteckt sich eine dritte Sitzreihe. Die zwei Minisitze lassen sich mit kurzem Handgriff einfach aufrichten. Dann findet theoretisch eine Großfamilie im Van Platz. In der zweiten Reihe sitzt man jedoch zu dritt bereits etwas beengt.

"5 + 2" nur für Kurzstrecken

Extrem knapp ist das Platzangebot in Reihe drei. Selbst kleine Kinder benötigen noch ein Mindestmaß an Kniefreiheit, welches wiederum den Passagieren in der mittleren Sitzbank genommen wird. Die Sitzkonfiguration "fünf plus zwei" eignet sich nur für Kurzstrecken.

Riesengroß und flexibel

Sehr üppig ist der Kofferraum des Grand. Selbst mit sieben Sitzen passen noch 200 Liter Gepäck hinein. Mit fünf Sitzen bleibt Platz für 550 bis 605 Liter Gepäck. Mit ausgebauter zweiter Sitzreihe werden daraus sogar bis zu 2015 Liter. Und mit umgeklappter Lehne des Beifahrersitzes kann man im Grand Scénic Gegenstände von bis zu 2,75 Metern Länge transportieren. Der Innenraum ist also höchst variabel, recht flexibel und vielseitig nutzbar.

Chip statt Schlüssel

Ansonsten begeistert der Scénic mit einigen attraktiven Komfort-Lösungen. Nicht einzigartig, aber noch selten ist das serienmäßige Schlüssellos-System. Hier ersetzt eine Chipkarte den Schlüssel. Der Chip kann in der Hosentasche bleiben, während die Entriegelung automatisch erfolgt. Der Fahrer braucht den Wagen einfach nur öffnen und den Motor per Knopfdruck starten.

Bedingt empfehlenswert ist hingegen das 1080 Euro teure Navigationsgerät 5000 unseres Testwagens. Der Prozessor rechnet langsam, und es gibt nur ein CD-Laufwerk, wahlweise für den Audio- oder Navigationsbetrieb.

Optimaler Antrieb

Der 120 PS starke 1,9 dCi gehört hingegen zu den besten Dieseln seiner Hubraumklasse. Bei noch dezenter Akustik überzeugt er mit sattem Durchzug aus dem Drehzahlkeller. Zwar nervt zunächst das unvermeidliche Turboloch. Doch bereits bei knapp mehr als 1500 Umdrehungen geht der Selbstzünder ordentlich zur Sache.

Das Maximaldrehmoment von immerhin 300 Newtonmetern steht bei 2000 Umdrehungen zur Verfügung. Mit dieser Kraft aus dem Drehzahlkeller ist der 100-km/h-Sprint nach 12,7 Sekunden beendet. Hilfreich ist dabei die bemerkenswert gut abgestimmte Sechsgang-Schaltung mit einem hervorragend positionierten Schalthebel.

Schnell und sparsam, aber weder Filter noch Euro-4-Norm

Bei schneller Fahrt bleibt der Motor dank lang übersetzter sechster Gangstufe und guter Isloierung akustisch im Hintergrund. Dafür nehmen die Windgeräusche deutlich zu, werden aber keineswegs übertrieben laut. Die Höchstgeschwindigkeit wird von Renault mit 188 km/h angegeben. Der Digitaltacho in den mittig platzierten Armaturen zeigte bergab und mit Rückenwind sogar 210 km/h an.

Auf unseren Testfahrten lag der Spritkonsum zwischen sieben und maximal neun Litern auf meist sehr schnell gefahrenen Etappen. Insgesamt überzeugt der Motor mit guten Fahrleistungen bei noch geringem Verbrauch und hoher Kultiviertheit. Was dem 1.9 dCi jedoch fehlen, sind eine Euro-4-Zertifizierung und ein Rußpartikelfilter.

Sicher und komfortabel

So sieht es von oben aus: Siebensitzer (Foto: Foto: Renault)

Das stramme Fahrwerk des Scénic ist für einen Franzosen eher untypisch. Und trotz des sehr sicheren Fahrgefühls in Kurven bietet der Minivan ein hohes Komfortniveau. Selbst mit dem schweren Diesel sind Untersteuerungstendenzen und Wankbewegungen kaum spürbar.

Die Bremsen können richtig gut zupacken. ESP und Antriebsschlupfregelung sorgen zusätzlich für sicheres Vorankommen. Ein sicheres Gefühl vermittelt die elektrohydraulische Servolenkung, die sich leichtgängig und bei hoher Geschwindigkeit sehr präzise anfühlt.

Fazit: großzügiger Fünfsitzer, beengter Siebensitzer

Für den Grand Scénic 1.9 dCi werden in der von uns getesteten Top- Ausstattung Privilège 26.200 Euro fällig. Das sind 1200 Euro mehr als in der vergleichbaren Kurzversion. Wer Wert auf zwei zusätzliche Notsitze und einen größeren Kofferraum legt, für den lohnt sich die Mehrinvestition allemal.

Auch im Vergleich mit vielen Konkurrenten ist der Grand Scénic ein interessantes Angebot. Die Serienausstattung ist bereits sehr umfangreich und beinhaltet viele attraktive Extras und Sicherheits-Features. Weniger empfehlenswert ist hingegen das Navigationssystem 5000 mit einem zu langsamen Prozessor und veraltetem CD-Laufwerk.

Begeistern kann dafür der Dieselmotor 1.9 dCi: Sein kultiviertes, kraftvolles und sparsames Naturell verträgt sich sehr gut mit dem straffen und sicheren Fahrverhalten des langen Minivans. Dem Antrieb fehlen jedoch leider die Euro-4-Norm und ein Rußpartikelfilter.

Technische Daten, Ausstattung und Preise siehe nächste Seite

Renault Grand Scénic 1.9 dCi

Motor und Antrieb Reihenvierzylinder, SOHC, Common-Rail-Direkteinspritzung, Turbolader mit variabler Geometrie 4 Zylinder, 2 Ventile pro Zylinder Hubraum: 1870 ccm max. Leistung: 88 kW (120 PS) bei 4000 U/min max. Drehmoment: 300 Nm bei 2000 U/min Frontantrieb 6-Gang-Schaltgetriebe

Messwerte Höchstgeschwindigkeit: 188 km/h Beschleunigung 0 - 100 km/h: 12,7 sec. Gesamtverbrauch: 5,8 Liter auf 100 km Verbrauch innerorts: 7,4 Liter auf 100 km Verbrauch außerorts: 5,0 Liter auf 100 km Schadstoffklasse: Euro 3

Maße und Gewichte Leergewicht: 1605 kg Länge: 4493 mm Breite: 1810 mm Höhe: 1636 mm Radstand: 2736 mm Zuladung: 590 kg Kofferraumvolumen: 550 bis 2015 Liter Dachlast: 80 kg Tankinhalt: 60 Liter Kraftstoffart: Diesel

Renault Grand Scénic 1.9 dCi Privilège Grundpreis: 26.200 Euro

Serienausstattung: ABS mit EBV, zweistufige Adaptiv-Airbags für Fahrer und Beifahrer, Seitenairbags vorn, Windowairbags vorn und hinten durchgehend, Regensensor, Reifendruckkontrolle, ESP mit ASR und USC, Nebelscheinwerfer, Licht-an-Automatik, Bordcomputer, Außentemperaturanzeige, Schubladen unter den Sitzen vorne und hinten, Vario-Modul, Innenrückspiegel automatisch abblendbar, automatische Parkbremse, Sonnenschutzrollos hinten, Stoff-Lederpolsterung, Lenkrad und Schaltknauf in Leder, Türöffner innen in Mattchrom, Türeinstiegsleiste in Alu, CD-Radio, elektrische Fensterheber, Keycard Handsfree (automatische Öffnung und automatisches Starten per Chipkarte), Außenrückspiegel elektrisch einstellbar, 16-Zoll-Leichtmetallfelgen, Klimaautomatik

Sonderausstattung / Preis in Euro

Notrad 110 Tempopilot mit Geschwindigkeitsbegrenzer 250 Reifendruckkontrolle 200 Einparkhilfe hinten (akustisches Signal) 390 Panorama-Glas-Hubschiebedach, elektrisch 950 Navigationssystem 5000 mit TMC, Piktogramm-Darstellung, Sprachführung 1080 Navigationssystem 8000 mit TMC, Sprachausgabe, Bildschirm 16/9 1850 Sicherheitstrennnetz 140 Dachträger (schwarz) 150 aufklappbare Heckscheibe 200 Leichtmetallräder Nervasport 17 Zoll 400

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