Oldtimer-Events:Wenn zwei sich streiten

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Auch wenn es das Bild nicht vermuten lässt: Die Resonanz auf das Oldtimer-Treffen auf Schloss Benzberg ist eher verhalten. (Foto: N/A)

Mit Oldtimertreffen haben sich Schloss Dyck und Schloss Bensberg einen Namen gemacht. Doch der Versuch, daraus eine einzige Veranstaltung von Weltformat zu formen, ist zum Scheitern verdammt.

Von Eckhard Schimpf

Welch ein seltsamer Aroma-Mix. Da weht ein Duft von Wasser, Blüten, Äpfeln und feuchter Erde heran und mischt sich mit dem Geruch von Benzin und verbranntem Renn-öl. Das gibt es in Deutschland nur an einem einzigen Ort: bei den "Classic-Days" im 70 Hektar großen Park von Schloss Dyck nordwestlich von Düsseldorf. Zwischen Tulpenbäumen, Platanen und Sumpfzypressen rund um diesen 1000 Jahre alten Adelssitz präsentiert sich hier alljährlich im Hochsommer für drei Tage eine grandiose Rundum-Show automobiler Vergangenheit.

Die Basis für diese Attraktivität ist ein Stück Einmaligkeit. Das Schlossensemble selbst, dessen ockerfarbene Gebäude sich in zahlreichen Gewässern spiegeln. Dyck gilt als eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler Deutschlands und gleichzeitig als Zentrum der Gartenbaukunst. Solch ein nobler Rahmen lässt die Motorwelt glitzern wie nirgendwo sonst.

Auf Schloss Dyck bietet sich eine kaum zu übertreffende Vielfalt

Auch in diesem Jahr lockte das unvergleichliche Ambiente wieder 42 000 Zuschauer. Den Besuchern bietet sich hier seit 2006 eine sorgsam komponierte Vielfalt, die kaum zu übertreffen ist. Mit einem Concours d'Elégance in der Orangerie, mit Rudeln exklusivster Rennwagen auf einem drei Kilometer langen Rundkurs und mit diversen Sonderschauen im Park, in Höfen und Remisen. Zusätzlich treffen sich auf den Obstwiesen rund um das Schloss auch noch rund 120 Markenclubs mit ihren sehenswerten Fahrzeugen. Es locken außerdem Picknicks, Jazz, Bistros. Und in den Fahrerlagern bollern nicht nur legendäre Motoren, sondern es klettern auch berühmte Rennfahrer in die Cockpits - wie Stirling Moss, Jacky Ickx, Hans-Joachim Stuck, Jochen Mass, Hans Herrmann und Klaus Ludwig.

Irgendwo auf diesem weitläufigen Areal ist ständig etwas Tolles zu entdecken. Vom Goggomobil mit Wohnwagen am Haken bis hin zu Alberto Ascaris Lancia D50- Grand-Prix-Wagen von 1955. Notfalls muss man zum Himmel schauen, wo auch schon mal historische Doppeldecker ihre Ehrenrunden drehten. Jeder echte Fan kennt das "Festival of Speed" auf den Ländereien des Earl of March in Goodwood. Kein Zweifel: Schloss Dyck ist das "deutsche Goodwood".

Auf einem Oldtimer-Festival passen sich die Fahrer auch stilmäßig an ihre Autos an. (Foto: N/A)

300 Freiwillige organisieren Schloss Dyck

Wer das arrangiert? Nicht selten steht hinter Erfolgen irgendeine schillernde Persönlichkeit. Doch in diesem Fall gibt es keinen einzelnen Macher, sondern 300 engagierte Freiwillige, die diese Welt der Klassiker Jahr für Jahr wachsen lassen. Sie alle sind diesem märchenhaften Schloss regelrecht verfallen, oft bereits seit Kindertagen. Und diese Zuneigung, verbunden mit der Liebe zu Automobilen, treibt sie an - in einem gemeinnützigen Verein. Alle Einnahmen fließen in eine Stiftung, die sich um Renovierung und Pflege von Gebäuden und Parks kümmert.

"Classic-Days"-Sprecher Marcus Herfort sieht es so: "Wir arrangieren ein Autofest so, wie wir es uns vorstellen. Uns reizen spannende Inhalte, bestimmte Formen, besondere Autos. Wir glauben, dass wir diese sensible Szene verstehen. Und das ist wichtig." Der Zuspruch der Besucher, der Teilnehmer und der unterstützenden Firmen wie Mercedes und VW bestätigt diese Philosophie. Das heißt im Umkehrschluss aber wohl auch, dass diese Crew, die mit so viel Hingabe agiert, sich für keinen Betrag der Welt ihre Unabhängigkeit abkaufen lassen würde.

Zwischen 1925 und 1965 verströmten Autos noch Erotik

Begehrlichkeiten gibt es schon. Große Konzerne drängen seit Langem in diese Szene. Inzwischen managt BMW den traditionsreichen Concorso d'Eleganza in Como. General Motors, Ford, Toyota, Hyundai und auch Mercedes engagieren sich im kalifornischen Pebble-Beach. Volkswagen riskierte sogar einen kompletten Neuanfang und hob "Schloss Bensberg Classics" aus dem benzingefüllten Taufbecken.

Concours d'Elégance ist ja eigentlich ein Begriff aus der Welt von gestern, lange vergessen, aber seit etwa zehn Jahren plötzlich wieder hochaktuell. Ein Concours d'Elégance ist nichts anderes als ein Schönheitswettbewerb für Autos. Tatsache ist, dass nie attraktivere Karossen entstanden als zwischen 1925 und etwa 1965. Da verströmten Autos noch eine Art Erotik und Originalität. Hingegen verführten spätere Fahrzeuge - auch geprägt durch eine Flut von Gesetzen - nur selten dazu, sich nach ihnen umzusehen.

Da seit drei Jahrzehnten das Interesse an Oldtimern geradezu epidemieartig gestiegen ist (die Preise auch), pflegen die Konzerne ihr Erbe nun mit vorher nie gekannter Intensität. Dafür gibt es Gründe. Tradition ist ein Werbefaktor, schafft Vertrauen beim Kunden. Die Klassiker nähren das Marketing, sind Brücken zur Gegenwart und lassen die Sensibilität für Design sprießen. Mehr denn je gilt - ob bei Audi, BMW, Mercedes, Porsche oder VW - ein Zitat von André Malraux: "Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft bewältigen." Deshalb das Engagement in historischen Rennen und Rallyes. Und eben auch im Rahmen von Veranstaltungen mit Schönheitswettbewerb.

Volkswagen hat sich 2009 mit Thomas Althoff verbunden, der eine Reihe europäischer Luxushotels führt, wie das Grandhotel Schloss Bensberg. Dorthin leitete der Konzern seit 2010 einige Millionen Euro, arrangierte zusätzlich eine Rallye, ließ prominente Gäste aufmarschieren, organisierte Sondershows der zahlreichen Konzernmarken. Doch die Resonanz beim Publikum blieb bescheiden. Bensberg ist zwar ein Solitär, bietet auch rollende Kostbarkeiten in großer Zahl, aber was nützt das alles, wenn der Funke zum Publikum nicht überspringt. Fehlt diesem luxuriös-kühlen Ort vielleicht die Seele, das "gewisse Etwas", das Schloss Dyck in Fülle versprüht?

So entstand bei Volkswagen die Idee, mit Schloss Dyck zu kooperieren, also beide Ereignisse, deren Termine in diesem Jahr ohnehin nur zwei Wochen auseinanderlagen, unter dem gemeinsamen Label "Classic Days" laufen zu lassen - mit dem Concours d'Elégance in Bensberg und dem üblichen bunten Treiben, sowie den Rennläufen auf der Rundstrecke im Park von Schloss Dyck. Allerdings müssten, so die Vorstellung von Althoff und Sponsor VW, die Dyck-Leute dann auf ihren Concours d'Elégance verzichten - doch dafür dürfte, so ist zu hören, eine Mehrheit des gemeinnützigen Vereins Dyck kaum zu gewinnen sein. "Wir wollen ,wir' bleiben", heißt es. Mit Volkswagen oder ohne Volkswagen.

Nach britischem Vorbild: das Oldtimertreffen von Schloss Dyck. (Foto: K<)

Concours d'Elegance in Pebble-Beach - es gibt nichts Vergleichbares

Nun gibt es auf der Welt einen Maßstab, den alle respektieren. Das ist der Concours d'Elégance in Pebble-Beach auf der Halbinsel Monterey südlich von San Francisco. Seit sechs Jahrzehnten gibt es weltweit nichts Vergleichbares. Inzwischen wird das Hauptereignis, der Concours auf dem Golfplatz von Pebble-Beach, längst umrahmt von mehr als 30 Veranstaltungen. Rennen, Rallyes, Versteigerungen. Und es gibt sogar mehrere Concours. Zum Teil liegen diese Veranstaltungen mehr als eine halbe Autostunde voneinander entfernt. Und alle haben ihr Publikum.

Könnte das - so die Überlegung - nicht auch ein Grundmodell für die beiden deutschen Top-Events Bensberg und Dyck sein? Theoretisch ja. Praktisch wohl eher nein. In Bensberg wirkt Thomas H. Althoff, der neben der Imagebildung in erster Linie den Profit im Auge hat. In Dyck jedoch werkeln selbstbewusste Idealisten, die automobile Nostalgie mit Charity verbinden. Da schafft wohl auch das Geld nur schwerlich eine Brücke.

© SZ vom 09.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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