Klassensprecher (9): Mini:Lebensgefühl Mini

Lesezeit: 4 min

Wenn es neben dem Golf einer verdient hat, als Klassensprecher betitelt zu werden, ist es der Mini. In den 60er Jahren wurde der rundlich-knuffige Viersitzer zum Liebling der Massen. 40 Jahre später ist der neue Mini das Trendmobil unserer Zeit.

Von Stefan Grundhoff

In der Serie "Klassensprecher" stellt die Redaktion von sueddeutsche.de Autos vor, die ihre "Klasse" geprägt haben und sie bis heute beeinflussen.

Ein Mini Cooper 1.3. aus dem Jahr 1990. (Foto: Foto: Mini)

Bereits die Ursprungsgeschichte des klassischen Mini ist eine Legende. Sir Alexander Issigonis - kurz Alec -, technikbegeisterter Sohn eines Schiffsbauers griechischer Abstammung, kreierte einen Kleinwagen, wie es ihn kein zweites Mal gab.

Weil er vom Singer-Weymann seiner Mutter Mitte der 20er Jahre aufs Tiefste enttäuscht war, ließ ihn fortan die Idee nicht mehr los, ein perfektes Auto für jedermann zu erschaffen. Issigonis kämpfte um die bezahlbare Mobilität des kleinen Mannes. Aus dem Morris-Projekt "Mosquito", einem kompakten Viersitzer, wurde als erstes Eigenprojekt im Jahre 1948 der Morris Minor. Bis zum Bau des legendären Mini sollten aber noch weitere elf lange Jahre vergehen. Nach einem Abstecher zum vermeintlichen Luxuslimousinenhersteller Alvis kam Alec erst 1955 ins Werk der fusionierten British Motor Corporation zurück. Vier Jahre später feierte der Ur-Mini am 26. August 1959 dann seinen Geburtstag.

Doch der Mini wurde nicht über Nacht zum Liebling der Massen. Er war zwar klein, günstig und obendrein pfiffig konstruiert. Und: Die Suez-Krise in den 50er Jahren hatte die Rufe nach einem sparsamen Kleinstwagen immer lauter werden lassen. Genau so ein Auto hatte der 1969 zum Sir geschlagene Alexander Issigonis mit seinem Team erschaffen.

Die Konstruktion wurde zum Erfolggeheimnis: Um eine maximale Platzausnutzung auf kleinstem Raum zu gewährleisten, verfügte der Ur-Mini über Frontantrieb und einen quer eingebauten Motor. Die Räder wanderten an den äußersten Rand der Karosserie.

Aus Kostengründen wurde das bewährte Triebwerk des Morris Minor in den Mini gepflanzt. Das ein Liter große Vierzylindertriebwerk mit kargen 37 PS machte den gerade einmal 600 Kilogramm leichten Mini zu einem wahren Rennwagen, der problemlos Tempo 150 schaffte - zu viel für Fahrwerk, Lenkung und Bremsen. Beim 3,05 Meter langen Serienmodell mussten daher 848 Kubikzentimeter und 34 PS für 120 Stundenkilometer reichen.

Anders als heute war der Mini der ersten Generation ein Sparmobil. Preiswerte Materialien und die charakteristisch nach außen zur Schau getragenen Blechpfalze ermöglichten eine günstige Produktion. Die Türscharniere lagen außen und abgesehen von einem großen Rundtacho gab es gerade einmal Schalter für Licht und Scheibenwischer sowie knapp 200 Liter Kofferraum. Selbstverständlichkeiten wie eine Heizung musste man selbst beim mit Chrom verzierten De-Luxe-Mini extra bezahlen. Der Basispreis des als Morris Mini-Minor und Austin Seven eingeführten Markendoppels lag bei 496 britischen Pfund.

Ein Morris Mini Pick-up, Anfang der sechziger Jahre. (Foto: Foto: Mini)

Noch zuviel für die breite Masse aus dem In- und Ausland, denn der Mini war zwar günstig, aber für viele Familien einfach zu teuer - insbesondere im Vergleich zu den oftmals günstigeren Volumenmodellen VW Käfer, Renault Dauphine und Fiat 600. Der deutsche Importeur verlangte für einen nackten Mini zum Marktstart knapp 5.800 DM; VW Käfer und BMW 700 Sport kosteten im Vergleich gerade einmal 4.600 sowie 5.650 DM.

Erst als die Londoner Schickeria Anfang der 60er Jahre den Mini zu ihrem Liebling machte, wurde auch die breite Masse auf ihn und seine offensichtlichen Qualitäten aufmerksam. Der gestiegenen Nachfrage entsprechend legte Mini-Produzent BMC bereits 1960 die Karosserievarianten Van und Estate nach. Die damals aus dem Nutzfahrzeugbereich herübergeholten doppelten Hecktüren finden sich heute im Szene-Laster Mini Clubman wieder.

So unterschiedlich die Mini-Generationen von gestern und heute auch sind: die Gemeinsamkeiten bei Styling, Konzept und Positionierung liegen auf der Hand. Doch ist der heute von BMW im ehemaligen Stammwerk Oxford produzierte Mini der zweiten Generation kein Auto für die Massen. Die Bayern wollten den Mini zu einem Szenemobil machen und landeten einen Volltreffer. Ein Auto, bei dem der Kunde nicht aufs Messer um Leasingraten feilscht und sich gerne auf beheizte Ledersitze bettet, während er das HiFi-Soundsystem genießt. Der Mini wurde trotz anfänglich wenig überzeugenden Motoren aus dem Hause Chrysler auf Anhieb zum Lustobjekt der 30- bis 40-jährigen. Der Mini-Kunde ist jung, zumeist weiblich, aufstrebend erfolgreich und schaut nicht auf das Geld. Wer mit Autohändlern spricht, wird überrascht sein: Kein Gemaule über hohe Rabatte und niedrige Ausstattungsquoten.

Mini Clubman
:Shooting Brake

"Ich bin ein echter Brite, lasst mir meine Schrullen": So oder so ähnlich würde sich der Mini Clubman äußern - könnte er sprechen.

Der Mini-Kunde kommt ins Geschäft und will das Auto als Ereignis besitzen. "Als Konkurrenzfahrzeug wird ab und zu ein Golf GTI ins Spiel gebracht", so ein Verkäufer aus Norddeutschland, "sonst schielt man allenfalls noch zum Cabrio hinüber." Die meisten Minimodelle werden exzellent ausgestattet verkauft: Ledersitze, Xenonlicht und Navigation - die Liste der Extras ist deutlich länger als bei den meisten 3er und 5er Modellen von BMW. Die Preise zwischen 15.450 und 23.900 Euro sind alles andere als günstig und die Basisausstattung karg - so wie damals.

Doch wer einen Mini will, der kauft in erster Linie ein Stück Lebensgefühl. Nur die wenigsten Piloten erinnern sich noch an das Mini-Urgestein aus den 60er Jahren. Irgendwann haben einige mal von den Erfolgen bei der Rallye Monte Carlo gehört.

Viel wichtiger ist jedoch, dass der Mini knuffig aussieht und Spaß macht. Ladevolumen, Unterhaltskosten und Verbrauch interessieren nur am Rande. Beim Kauf muss schließlich noch geklärt werden, welcher Mini es sein soll. Das 95 PS starke Basismodell Mini One ist nur etwas für Einsteiger. Viele wollen den 109 PS starken Mini Cooper Diesel oder den 120 PS starken Cooper. Ungewöhnlich hoch ist auch die Quote des Topmodells Cooper S, der 175 PS leistet.

"Der typische Kunde gibt sich nicht mit dem Mini von der Stange zufrieden. Er will sein Fahrzeug - sei es nun Mini, Cabrio oder Clubman - individualisieren", so Mini-Sprecher Cypselus von Frankenberg, "das fängt bei der Außenfarbe mit Sport-Stripes an und geht weiter bis hin zu einer Checkered Flag für die Außenspiegel oder einem Union Jack für das Dach."

Wem das alles nicht reicht, träumt vom John Cooper Works. Der Tuningkit steigert die 175 Basis-PS des Cooper S auf satte 210 Pferdestärken. Knapp 240 km/h Spitze sind locker drin.

Was der Daimler AG mit dem Cityflitzer Smart bislang nicht gelang, wurde beim BMW-Ableger Mini der Schlüssel zum Erfolg. Der Wagen sieht gut aus und passt in die Zeit. Der junge Städter und die lässige Lifestyle-Frau von heute sehen sich in einem Mini erstklassig repräsentiert. Fünf Jahre nach der Markteinführung ist bereits der 1.000.000ste Mini produziert worden. Die kleinen Autos werden derzeit in über 80 Märkten weltweit verkauft. Tendenz steigend. Der Ur-Mini wäre stolz auf seinen Enkel.

© sueddeutsche.de/Pressinform - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: