Geplante Neuregelung bei Autokennzeichen:FL-OP über der Stoßstange?

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Der Vorstoß des Verkehrsministeriums, alte Regionalkürzel bei den Autokennzeichen wieder einzuführen, stößt auf ein geteiltes Echo. Kritiker der nostalgischen Idee sprechen von "Klamauk-Politik". "Lokalpatriotismus zu seinem Kuhdorf" könne man auch anders ausdrücken.

Für mehr Vielfalt bei den Autokennzeichen will der deutsche Verkehrsminister Peter Ramsauer sorgen und hat die Neuregelung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung angeregt. Im September soll der Bundesrat darüber entscheiden, ob Landkreise und Kommunen alte Kennzeichen-Kürzel, die nach Gebietsreformen verschwunden waren, wieder verwenden oder sich gar gleich ganz neue ausdenken dürfen.

Mit seiner Initiative reagiert das Verkehrsministerium nach eigenen Angaben auf ein Bedürfnis in der Bevölkerung. "Kfz-Kennzeichen sind für viele Autofahrer noch immer etwas sehr Emotionales", sagte Staatssekretär Andreas Scheuer (CSU) der Passauer Neuen Presse. Und auch der ADAC hat den Wunsch vieler Autofahrer vernommen, "ihre Heimatverbundenheit auch auf dem Kennzeichen zum Ausdruck zu bringen", so Sprecher Markus Schäper. Kritiker der nostalgisch inspirierten Neuordnung wollen sich von so viel Gefühl zwar nicht leiten lassen, formulieren ihren Widerspruch dennoch teilweise drastisch.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft kritisiert die geplante Lockerung bei den Autokennzeichen als "Klamauk-Politik" und warnt vor einem Anstieg ungeklärter Ordnungswidrigkeiten und Straftaten. " Wer Lokalpatriotismus zu seinem Kuhdorf zeigen will, soll das über einen Aufkleber am Kofferraum tun - aber bitte nicht über das amtliche Kfz-Kennzeichen", sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt der Neuen Osnabrücker Zeitung. Wendt befürchtet, durch den größeren Freiraum der Kreise und Städte werde die Arbeit der Polizei erschwert. "Die Kollegen werden die kryptischen Buchstabenkombinationen kleiner Orte schwerer entziffern können. In der Folge wird es schwerer werden, die Täter bei Ordnungswidrigkeiten und Straftaten zu ermitteln."

Auch der Präsident des Landkreistages, Hans Jörg Duppré, sieht wachsende Probleme bei der Bekämpfung von Kriminalität voraus, weil Bürger durch die Vielzahl neuer Kombinationen nicht mehr so sensibel auf auswärtige Kennzeichen reagieren könnten. Statt die regionale Identität zu stärken, führe die "auf Bestreben einiger weniger Bundesländer geplante Änderung des Kennzeichenrechts absehbar zu einem 'Kennzeichenwirrwarr'".

Grünen-Verkehrsexperte Anton Hofreiter kritisierte die Idee von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer als "typisches Ablenkungsmanöver". "Es fällt doch auf, dass der Verkehrsminister immer wieder solche Symbolthemen gerade dann setzt, wenn es an anderer Stelle wie beim Berliner Großflughafen Probleme gibt", sagte der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag der Passauer Neuen Presse. Ramsauers Plan sei zwar "ein interessanter Vorschlag". Dieser wirke aber noch "etwas unausgegoren und nicht hundertprozentig durchdacht", sagte Hofreiter. So sei unklar, wo die Grenzen bei der Vergabe von Kennzeichen liegen sollten. Außerdem stelle sich schon die Frage, "ob es aktuell nicht noch wichtigere Aufgaben in der Verkehrspolitik gibt".

Ablehnung aus Bayern

Ramsauers Staatssekretär Andreas Scheuer dagegen verteidigte die Pläne. "In einigen Bundesländern gibt es ein großes Interesse daran, die alten regionalen Kennzeichen wieder einzuführen", sagte er der Passauer Neuen Presse. Doch selbst in Ramsauers Heimatland stoßen die Pläne nach Informationen der Zeitung auf Ablehnung: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wolle die Neuregelung nicht einführen, schreibt das Blatt unter Berufung auf Berliner Regierungskreise. Und auch die Hauptstadt Berlin, deren Bezirke teils so groß wie Städte sind, machte gleich klar, am "B" nicht rütteln zu wollen.

Während sich viele Kommunen wünschen, alte Kennzeichen wieder ausgeben zu können - etwa "PL" für das sächsische Plauen statt "V" für Vogtland - könnte die neue Verordnung künftig auch ermöglichen, ganz neue Kombinationen einzuführen. Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) sagte, der Fantasie seien keine Grenzen gesetzt. "Aber ob es NIP für Köln-Nippes oder ROX für Münster-Roxel in Zukunft geben wird, soll vor Ort entschieden werden." Für seinen Amstkollegen aus Niedersachsen, Jörg Bode (FDP), hätte eine Neuregelung der Autokennzeichen noch ganz andere Auswirkungen: "Das Autokennzeichen-Raten wird schwerer."

Verwaltungsaufwand in Milliardenhöhe

Wenn es den Wunsch nach einem neuen alten Kennzeichen gebe, soll das entsprechende Land dies nach den neuen Plänen beim Bundesverkehrsministerium beantragen. Das soll verhindern, dass gleich alle Bundesländer dazu gezwungen wären, ihre eingemotteten Kürzel wieder zu reaktivieren. Wie viele Autofahrer die neue Wahlmöglichkeit nutzen können, weil ihr Kreis dies beantragt, muss sich zeigen. "Niemand wird gezwungen", erläutert eine Sprecherin Ramsauers.

Wer aus Verbundenheit für die altgewohnte Buchstabenkombination das neue Kürzel eines Großkreises abschrauben will, muss dafür bei der Zulassungsstelle die üblichen Gebühren zahlen: Im Schnitt zweimal zehn Euro für die Nummernschilder vorn und hinten sowie für den Antrag etwa 26 Euro Gebühren.

Bei der Verwaltung dürften zudem Kosten etwa für Softwareumstellungen von vier Millionen Euro zu Buche schlagen, auch wenn andere Extradaten nicht mehr erhoben werden sollen. Nicht geplant ist, dass in den neuen Ländern auch Kennzeichen aus DDR-Zeiten reanimiert werden. Kürzel, die "gegen die guten Sitten verstoßen", schließt das Ministerium aus und will auch lieber keine Beispiele nennen. Schon jetzt tabu sind ohnehin Kürzel aus der Zeit des Nationalsozialismus wie SA und SS.

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