Bugatti-Versteigerung:Das Wrack aus dem See

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Er lag mehr als 70 Jahre auf dem Grund des Lago Maggiore, jetzt wird der Bugatti versteigert. Hinter dem Wrack verbirgt sich eine komische Geschichte - und ein Drama.

Sebastian Viehmann

So teuer kann Schrott sein: 70.000 bis 90.000 Euro lautet der Schätzpreis für ein Bugatti-Wrack, das am 23. Januar vom Auktionshaus Bonhams in Paris versteigert wird. Neben echten Preziosen wie einem Alfa Romeo 6C von 1930 oder einem 62er Ferrari 400 Superamerica wird der Bugatti Brescia Typ 22 Roadster aus dem Jahr 1925 ein ziemlich klägliches Bild abgeben. Schließlich lag er seit über 70 Jahren auf dem Grund des Lago Maggiore. Erst im Juli 2009 wurde der Wagen geborgen, mehr als 2000 Zuschauer bestaunten das Schauspiel am Rand des Sees.

Interessante Historie, marode Substanz: der aus dem Schweizer Lago Maggiore geborgene Bugatti Brescia Typ 22 Roadster (Foto: Foto: Pressinform)

Doch wie kam der Bugatti überhaupt da hinein? Der Grund für den unfreiwillligen Tauchgang ist eigentlich ganz einfach und lautet: Zollbeamte verstehen keinen Spaß.

Wir schreiben das Jahr 1936, und für den Bugatti hat bald sein letztes Stündlein geschlagen. Denn der edle Roadster hat ein Problem - es hat nie jemand Einfuhrzoll für ihn bezahlt. Schon seit Jahren fährt der Architekt Marco Schmuklerski aus Zürich den Bugatti durch Ascona und am malerischen Seeufer des Lago Maggiore entlang.

Dass er sein Auto ummelden, mit ordentlichen Schweizer Kennzeichen versehen und Einfuhrzoll hätte bezahlen müssen, ist ihm offenbar herzlich egal. Als Schmuklerski 1936 Ascona verlässt, bleibt der Wagen in einem Lagerhaus zurück. Der neue Besitzer des Roadsters hat jedoch Angst vor der unerbittlichen Zollbehörde, denn mittlerweile wäre die fällige Summe wohl höher als der Wert des elf Jahre alten Wagens. Also muss das Beweisstück verschwinden und wird kurzerhand in den Lago Maggiore geschoben.

Bugatti-Versteigerung
:Das Wrack aus dem See

Er lag mehr als 70 Jahre auf dem Grund des Lago Maggiore, jetzt wird der Bugatti versteigert. Hinter dem Wrack verbirgt sich eine komische Geschichte - und ein Drama.

Sebastian Viehmann

Ob es wirklich so passiert ist, wird man vielleicht nie erfahren. Es ist jedenfalls die derzeit bekannte Historie des berühmten Bugattis, die die Experten des Auktionshauses Bonhams in mühevoller Detektivarbeit recherchiert haben. Um den Bugatti wieder zu finden, hatte man vor mehr als siebzig Jahren eine Kette an ihm befestigt, die jedoch im Lauf der Zeit verrostete. So sank der Wagen in sein nasses Grab - 53 Meter unter dem Wasserspiegel.

Das Schicksal des Untersee-Bugattis würde Stoff für eine satirische Komödie liefern. Doch es war ein Drama, das schließlich zur Hebung des berühmten Wracks führte. Bonhams und der Tauch- und Bergungsverein "Centro Sport Subacquei Salvataggio Ascona" veröffentlichen die Geschichte auf ihren Webseiten.

Insider wussten schon lange, wo der versunkene Bugatti zu finden war - bereits 1967 hatte der Taucher Ugo Pillon das sagenumwobene Fahrzeug bereits entdeckt. Dann das Drama: Im Februar 2008 wurde der 22-jährige Student Damanio Tamagni, ein Mitglied des Tauchclubs, grundlos von drei Jugendlichen provoziert und brutal zusammengeschlagen. Tamagni starb an seinen Verletzungen.

Der Fall hat die Schweizer Öffentlichkeit tief bewegt. Die Angehörigen des Studenten gründeten eine Stiftung gegen Jugendgewalt. Um die Stiftung zu unterstützen, organisierte der Tauchclub schließlich die Bergung des berühmten Wracks. Der Erlös aus der Versteigerung des Bugattis soll der Stiftung zugute kommen.

Der neue Besitzer bekommt zwar einen Wagen mit einer äußerst interessanten Historie, doch ziemlich maroder Substanz - nach sieben Jahrzehnten im Wasser ist von dem stolzen Roadster natürlich nicht viel übrig geblieben. Die meisten Teile sind verrottet und verrostet, fast die ganze rechte Seite des Wagens fehlt. Nur ein paar Elemente aus Holz, Messing oder Aluminium haben sich gut gehalten.

Bonhams schätzt, dass nur noch 20 Prozent des Bugattis im restaurierungsfähigen Zustand sind. Das Chassis könnte immerhin dazu dienen, eine Replika des Autos aufzubauen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass der Bugatti in seinem gegenwärtigen Zustand belassen und in einem Museum ausgestellt wird.

Trotz des stolzen Schätzpreises wird der Bugatti ein Sonderangebot auf der Auktion sein, die im Rahmen der Ausstellung Rétromobile in Paris stattfindet. Insgesamt kommen 99 Fahrzeuge unter den Hammer. Die Palette reicht von mehreren Hispano-Suizas über Bentleys und Cadillacs bis hin zu seltenen Vorkriegs-Rennwagen. Bei der Rétromobile 2009 betrug der Gesamterlös der Auktion laut Bonhams mehr als 11 Millionen Euro.

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