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Früchte

Südtirols Birnen

Palabirne, Butterbirne oder Wasserbirne sind nur drei köstliche Sorten aus dem Land unserer Nachbarn

Südtirols Birnen

Foto: IDM/Frieder Blickle

Es mag wohl zwanzig Jahre her sein, dass wir sie das erste Mal bewusst wahrnahmen: die Palabirne. Wir waren im Vinschgau unterwegs, Ende August, von Tartsch rauf ins Wanderdorf Matsch. In der Nähe eines Hofes machten wir Halt, da fiel uns dieser Birnbaum auf, knorrig, mit großen gelbgrünen Birnen. Unsere Kenntnisse über Birnensorten waren dürftig, so spekulierten wir, dass es sich womöglich um eine Williams-Christ-Birne handeln könnte – die einzige Sorte, die wir namentlich kannten. Die Herrin des Hauses hatte uns wohl gehört. Sie meinte (im Dialekt): Nein, es handele sich um eine „Palabira“. Wir seien wohl das erste Mal in der Gegend? Waren wir nicht. Hier sei diese Birnensorte sehr wichtig, in Glurns denke man sogar über ein Fest nach. Dann pflückte sie zwei reife Exemplare und steckte sie uns zu, beide boxerfaustgroß, mit fester Schale. Eine kosteten wir gleich: Sie war sehr saftig und überraschend süß; eine samtweiche Süße und mit einem quasi weihnachtlichen Aroma. Später lernten wir, dass der Palabirne ein Zimt-Geschmackston nachgesagt wird.

Zurück in der Heimat versuchten wir herauszufinden, was es mit dieser zauberhaften Obstsorte auf sich hat. Wikipedia steckte noch in den Kinderschuhen. Google wusste nur, dass sie in Südtirol vorkommt. In der örtlichen Gärtnerei, in der wir einen Cox Orange-Apfelund einen Zwetschgenbaum erworben hatten, zuckte der Chef nur mit den Schultern. Ein oder zwei Jahre darauf trafen wir auf einen badischen Pomologen, der uns aufklärte: In Baden und Württemberg wäre diese Sorte als „Sommerapotheker-Birne“ bekannt. Später lernten wir weitere Bezeichnungen kennen: „Zuckerbirne“, „Straßburger Birne“, „Plutzerbirne“, „Türkenbirne“. Letzteres wohl deswegen, weil sie laut Walter Hartmann (siehe Literatur) aus der Türkei über den Balkan nach Mitteleuropa gekommen sein soll, die ältesten Erwähnungen stammen aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Friedrich Schillers Vater Johann Caspar Schiller besprach sie in seinem Werk „Die Baumzucht im Großen“ aus dem Jahre 1795*. 

Der Palabirnbaum wird auch Sommerapothekerbaum genannt. Foto: Horst Kramer

Das Fest, das die Landwirtin seinerzeit vermutlich meinte, ist inzwischen eine feste Größe im Tal. Es handelt sich um die „Palabira Tage“ im Städtchen Glurns, die heuer vom 4. September bis 24. September 2023 stattfinden. Ein kulinarisches Fest mit vielen lokalen Schmankerln mit und um diese alte Birnensorte. Etwa das Palabirnbrot, eher ein Süßgebäck denn ein Brot. Es besteht aus getrockneten Birnenschnitzen und einer Roggen-Dinkelvollkornmischung, die zusätzlich mit Sultaninen gesüßt und mit Fenchel und Kümmel gewürzt wird. Es gibt auch Bäcker, die Palabirnbrot mit Paarlteig herstellen, das üblicherweise für „Vinschgauer“, das würzige Fladenbrot der Region, verwendet wird. „Paarl“ deswegen, weil die Fladen traditionell paarweise gebacken wurden (ein Rezept der Obervinschgauer Bäckerei Schuster findet sich auf www.schuster.it).

Aus der Pala wird Saft, Chutney, Hochprozentiges gemacht

Die Birne wird in jeder erdenklichen Form verarbeitet und kann an den Marktständen gekostet werden: als Marmelade, Fruchtaufstrich, Chutney, Senf, als Saft sowie natürlich auch Süß- und Hochprozentiges. Der schon erwähnte Walter Hartmann hebt hervor, dass diese Birnensorte sich besonders gut als Brennfrucht eignet – ein Urteil, dem die Vinschgauer wohl nicht widersprechen werden. Die nordalpine Bezeichnung „Sommerapothekerbirne“ weist daraufhin, dass sie ehedem für alle möglichen medizinischen Zwecke genutzt wurde.

Die Marktgemeinde Glurns (mit rund 900 Einwohnern) verfügt über einen besonderen Charme mit ihrem historischen Kern und der mittelalterlichen Stadtmauer samt ihren wehrhaften Türmen. Zu Zeiten der Römer führte hier übrigens die Via Claudia Augusta entlang, die nördlich der Alpen in Augsburg endete. Die Palabira-Tage umfassen kulturelle Veranstaltungen, im vergangenen Jahr etwa eine musikalisch-literarische Wanderung, Livemusik, Lesungen, Orgelkonzerte, Schaukochen mit Verkostungen und vieles mehr.

Seit dem oben geschilderten Erlebnis achteten wir bei unseren Südtiroltouren besonders auf Birnbaum-Sorten. Dass Palabirnbäume im gesamten Etschtal zu finden sind, ist nicht verwunderlich. Sie werden übrigens erstaunlich groß, im Tal bis zu 20 Meter hoch. 

Fast mit der Williams Christ zu verwechseln: die Palabirne. Foto: Horst Kramer

Dass in Südtirol auch Williams-Christ-Birnen gehegt und gepflegt werden, ist klar. Doch wer die Augen aufhält, wird dort auch Butterbirnen entdecken, etwa zwischen Meran und Lana oder im Grödner Tal. Nicht die bei uns populäre „Gellerts Butterbirne“, mit einer stumpfkegeligen, gelb-grünlichen Frucht, sondern eine Variante der „Ulmer Butterbirne“, die sich tiefrot färben kann. Ebenfalls zu finden sind „Schweizer Butterbirnen“, eine Sorte mit faustgroßen apfelähnlichen Früchten, die sich zur Sonnenseite rötlich färben. Alles Sorten, die sich wie die Palabirne auch für die Vermostung und als Dörrobst eignen. Mithilfe der unten genannten Bestimmungsbücher glaubten wir auch die österreichische „Kleine Landbirne“ und die „Hirschbirne“ erkannt zu haben. Doch mit Obstbestimmungen ist es so eine Sache. Im Grunde ist das Sache von Pomologen. Indes die Aufzählung zeigt: Südtirol ist nicht nur ein Apfel-, sondern auch ein Birnenparadies.

Für Kernobst-Interessierte sei hier das Südtiroler Obstbaumuseum in Lana (südlich von Meran) empfohlen. Der Schwerpunkt liegt auf dem Apfel, aber auch zu Birnen lässt sich einiges erfahren. Das Museum wurde schon 1990 eingeweiht, ist seitdem erweitert und modernisiert worden. Es ist im historischen Larchgut untergebracht, in zwei Gebäuden und dem ausgebauten Stall. Mit einer multimedialen Ausstellung, interaktiven Stationen, liebevoll gestalteten, lebensgroßen Dioramen und Original-Gerätschaften. Besonders empfehlenswert ist die Kinderwelt, die wohl für Vorschul- und Grundschulkinder gedacht ist, aber auch Erwachsene bestens unterhält. Ab Anfang April ist das Museum regulär geöffnet, für eine Teilnahme an den Führungen bittet der Museumsverein um Voranmeldung. Weitere Informationen samt virtueller Führung auf www.obstbaumuseum.it.

Horst Kramer

 

* als PDF-Scan bei der Bayerischen Staatsbibliothek zum Download.

Literatur-Tipps

Bayerischer Landesverband für Gartenbau und Landespflege (Hrsg.): „Altbewährte Apfel- und Birnensorten“, Obst- und Gartenbau-Verlag, München, 13. Auflage 2021, 55 Seiten

 

Sofia Blind: „Die alten Obstsorten“. Du Mont Verlag, Köln, 2020, 192 Seiten

 

Dieter Grill/Herbert Keppel: „Alte Apfel- und Birnensorten“, Leopold Stocker Verlag, Graz 2005, 254 Seiten

 

Walter Hartmann: „Alte Obstsorten“. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 6. erw. Auflage 2019, 327 Seiten

 

Helmut Pirc: „Enzyklopädie der Wildobst- und seltenen Obstarten“, Leopold Stocker Verlag, Graz 2. Auflage 2021, 416 Seiten kram

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