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FREUDE pur

Schilder verstehen

Durchblick im Zeichendickicht

Rätselhafte Wegweiser – so sind zertifizierte und mit Qualitätssiegeln ausgezeichnete Routen zu deuten

Durchblick im Zeichendickicht

Foto: Horst Kramer

Wer kennt das nicht? Schon seit einer gefühlten halben Stunde war keine Wegemarkierung auf dem Bergpfad zu erspähen gewesen. Die Unruhe steigt allmählich. Die einschlägige Wanderkarte liegt irgendwo zu Hause, den GPS-Track hat niemand heruntergeladen. Warum auch? „Ist ganz einfach, überall sind ja Schilder angebracht“, hatte die gute Freundin gemeint, die uns diese Wanderung ans Herz gelegt hat. „Spektakulär und trotzdem fast ein Geheimtipp“, schwärmte sie. Tatsächlich waren hier oben kaum Menschen unterwegs, nur einige Murmeltiere pfiffen vor sich hin. „Wenn wir jetzt jemandem begegnen würden, könnten wir wenigstens nach dem Weg fragen“, meint die Gefährtin und hält plötzlich inne: „Da vorne sind Schilder!“ Doch nun geht das Drama erst richtig los. Sieben Schilder, ein gutes Dutzend Ziele, manche farblich oder mit Symbolen gekennzeichnet, dazu apokryphe Sonderzeichen. Ganz kurz blitzt der Gedanke auf: Sollte es für derlei Schilder nicht eine Norm geben? DIN ISO zum Beispiel, oder was von der EU? „Lieber nicht!“, drängt sich ein zweiter Gedanke dazwischen: Erstens wird’s noch komplizierter, zweitens ist die Umsetzung eines Projektes, bei dem vermutlich eine Million Schilder allein in Deutschland ausgetauscht werden müssten, völlig unrealistisch.

Wanderbares Deutschland

Unmöglich? Sollte man meinen, doch tatsächlich wird ein ähnliches Vorhaben schon seit bald 20 Jahren umgesetzt. Und zwar vom Deutschen Wanderverband (DWV), mit Sitz in Kassel. Er vergibt seit 2004 das Prädikat „Wanderbares Deutschland“. Wer durch die Internetseiten der Organisation streift, findet irgendwann Tabellen mit Dutzenden von Kriterien, die ein Wegebetreiber ausfüllen und erfüllen muss, um Teil des „Wanderbaren Deutschlands“ zu werden. Der DWV unterscheidet zwischen langen und kurzen zertifizierten Wanderwegen. Wie viele es gibt, steht leider nicht auf der Seite – sie sind in zwei ellenlangen Listen mit Links aufgeführt, darunter zahlreiche in Bayern, unter anderem im Bayerischen Wald. Der DWV bezeichnet sich als der „Dachverband von rund 70 landesweiten und regionalen Gebirgs- und Wandervereinen“, wie auf der DWV-Seite festgehalten ist. Eines der Mitglieder ist der Bayerische Wald-Verein e.V. (BWV) in Zwiesel mit seiner geballten Bayerwald-Kompetenz. Präsident ist Klaus Gruber, Landrat vom Landkreis Freyung-Grafenau.

Goldsteig

Auf dem obersten und dem zweituntersten dieser Schilder, denen man auf dem Goldsteig begegnet, ist das Goldene S zu erkennen, das grüne Dreieck zeigt die Richtung. Wer genau hinsieht, erkennt, dass „DWV“ daneben steht. Foto: Horst Kramer

Bayerwald-Fans wissen natürlich, dass dort die Wanderrouten bestens markiert sind. Wie etwa auf dem Goldsteig mit seinen 660 Kilometern an Wanderwegen. Dessen Wegenetz ist tatsächlich vom DWV zertifiziert. Das Schild mit dem schwungvollen goldenen S kennen wohl alle, die jemals im Bayerischen oder Oberpfälzer Wald unterwegs waren. Die Bezeichnung „Goldsteig“ statt „Goldener Steig“ hat einen Grund. Mit „Goldener Steig“ wurden im Mittelalter und der frühen Neuzeit die historischen Handelswege zwischen Passau und Prag sowie zwischen Nürnberg und Prag bezeichnet. Die Kurzform ist hingegen der Name eines regionalen Käseherstellers, ein Partner des Tourismusverbands Ostbayern, einer der Initiatoren des vor 16 Jahren eröffneten Goldsteigs.

Der DWV arbeitet ebenfalls mit Partnern, etwa einem namhaften Wanderschuh-Hersteller, der nordwestlich von München seinen Sitz hat, einem sehr bekannten Münchner Wanderführer-Verlag oder auch einem Reiseanbieter, der sich auf Aktivreisen spezialisiert hat. Der DWV ist nicht die einzige Organisation, die Wanderrouten zertifiziert. Vor rund 20 Jahren wurde das Deutsche Wanderinstitut e.V. von einigen Geographen, weiteren Wissenschaftlern und Naturschützern gegründet. Es zeichnet „Premiumwanderwege“ aus und vergibt ein „Deutsches Wandersiegel“, dazu ein optionales Zertifikat „Regionalgenuss“.  Bisher vergaben die Wanderprofis ihr Zertifikat an 650 deutsche „Premiumwanderwege“ aus. Außerdem ist das Deutsche Wanderinstitut in acht weiteren europäischen Ländern aktiv – darunter Österreich, die Schweiz, Italien – sowie in Ruanda. Den Kriterienkatalog für eine derartige Auszeichnung zu studieren, ist auch in diesem Fall eine recht trockene Angelegenheit – die Wege zu erwandern macht da mehr Spaß.

Die Magie des Gehens

Umso interessanter ist es, die Wegebeschreibungen zu studieren. Bayern wird dort leider recht stiefmütterlich behandelt, mit Ausnahme der Rhön. Vermutlich weil der Verein seinen Sitz in Marburg in Hessen hat. In Südbayern haben bisher ein halbes Dutzend Wege im Oberallgäu das Qualitätslabel erhalten, im alpinen Oberbayern eine Tour am Spitzingsee, eine weitere bei Fischbachau sowie ein halbes Dutzend bei Reit im Winkl. Der Bayerwald scheint dagegen fest in DWV- und BWV-Hand zu sein. Dafür ist Baden-Württemberg mit dem Schwarzwald und der Schwäbischen Alb beim Deutschen Wanderinstitut sehr gut repräsentiert. Im Gegensatz zu Österreich (eine Route bei Salzburg und eine auf der Südseite der Nagelfluhkette) und Südtirol (eine schöne Tour mit Ausgangspunkt Schwarzseespitze nördlich von Klobenstein/Collalbo).

Wer nach zertifizierten Wanderrouten bei unseren südlichen Nachbarn sucht, stößt auf das „Österreichische Wandergütesiegel“ der Vereinigung zur Qualitätssicherung für Wandern in Europa e.V., die in Villach ansässig ist. Die Kärntner wollen die „Magie des Gehens“ in ihrer Gesamtheit auszeichnen, wie sie auf www.wanderguetesiegel.at betonen.

„Das Zusammenwirken aus dem Dorf, als Wanderstartplatz in der Natur, spezialisierten Wandergastgebern und dem Weg, der die Schönheit der Landschaft einfängt, sind wesentlich für das perfekte Wandererlebnis.“ Ein lobenswerter Ansatz, ganz im Sinne von ganzheitlichen Outdoor-Aficionados. Die Villacher begutachten Wanderregionen, Wanderdörfer, Wanderwege und Wanderbetriebe. Die 18 ausgezeichneten Regionen reichen vom Waldviertel bis zum Bregenzer Wald, von der Steirischen Krakau bis zum Wilden Kaiser, von Osttirol bis zum Montafon. Ein Schwerpunkt scheint Kärnten zu sein. Insgesamt sind 6447 Wanderwege für jeden Wanderwunsch aufgelistet. Das klingt nach viel. Allerdings ist zu bedenken, dass sich unsere südlichen Freunde schon sehr lange und sehr professionell darüber Gedanken machen, wie sie optimale Urlaubserlebnisse anbieten können. Unser Tipp: Einfach mal einen der mit Gütesiegel ausgezeichneten Routen ausprobieren.

Alpina-Route

Hier sind Wandernde auf der Via Alpina-Route unterwegs, wie auf dem kleinen weißen Zusatzschild unten am Pfosten zu erkennen ist. Foto: Horst Kramer

Ohne Zweifel einen Besuch wert

Die Villacher haben noch ein zweites Projekt gestartet: die ARGE Europas Wanderdörfer. Neben einigen schon auf der österreichischen Seite ausgezeichneten Dörfern sind hier auch zwei Südtiroler Ortschaften aufgeführt, die ohne Zweifel einen Besuch wert sind: Wengen/La Val, ein idyllisches Dorf in den Dolomiten, und Truden/Altrei am Naturpark Trudener Horn.

Ein weiterer Vorschlag: Etappen auf den durch jahrelange Praxis geprüften Fernwanderwegen gehen. Etwa auf der Via Alpina. Sie entstand als Initiative der Alpenvereine aller anliegenden Länder. Die Alpenkenner dachten sich in den Neunzigerjahren fünf alternative Routen aus, mit denen sich das größte zentraleuropäische Gebirgsmassiv komplett durchqueren lässt.

Der „Rote Weg“ ist der Königsweg der Via Alpina: Er verbindet Triest ganz im Osten mit Monaco im Westen und quert in 161 Etappen alle acht Alpenstaaten. Der Gelbe Weg dagegen beginnt (oder endet) in Triest. Wer den gelben Schildern folgt, quert Südtirol und kommt schließlich in Oberstdorf an. Streckenweise ist er mit dem Europäischen Fernwanderweg E5 identisch.

Wer sich hingegen auf Kärnten und Slowenien konzentrieren will, liegt mit dem Alpe-Adria-Trail richtig. Er besteht aus 43 Etappen mit mehr als 750 Kilometern zwischen dem Großglockner in Kärnten und Muggia bei Triest.

Solche Fernwanderungen bleiben für viele Wander-Enthusiasten wohl ein ferner Traum. Doch einzelne Etappen lassen sich von vielen halbwegs trainierten und orientierungsstarken Wanderfreundinnen und Wanderfreunden bewältigen, egal ob auf dem Goldsteig, der Via Alpina oder dem Alpe-Adria-Trail. Übrigens lief uns damals tatsächlich noch ein routiniertes Wanderehepaar über den Weg, das sich bestens auskannte. Die Tour war gerettet.

Horst Kramer

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