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Unterwegs im Piemont

Alles Gute kommt von unten

Foto: Franziska Horn

Zwischen Ligurischem Meer und Monte Rosa gelegen, bringt die Erde des Piemont wahre Schätze hervor

Auf der Fahrt von Mailand Richtung Turin, Hauptstadt des Piemont, stehen sie erhaben da: Wie eine Wand ziehen sich die schneebedeckten Viertausender des Monte Rosa dahin. Auch einen Blick auf den Monviso erhaschen wir unterwegs, der elegante Dreitausender soll das Logo von Paramount Pictures inspiriert haben.

Ziel der Reise ist die Region Monferrato. Zwar nah an Frankreich, ist diese begnadete Hügellandschaft bei uns eher unbekannt. So untouristisch sogar, dass die Einheimischen die Köpfe zusammenstecken, wenn ein Kleinbus voller Touristen durch die Dörfer kurvt. Die Leute sind verschlossener hier, heißt es. Man geht nicht einfach so seinen Nachbarn besuchen, sondern sagt eine Woche vorher Bescheid. Schließlich muss man sich erst kennenlernen.

Dabei zählt das aufstrebende Monferrato zu den wichtigsten Weinvierteln Italiens. Klingende Namen wie Barbera, Barolo, Barbaresco oder Nebbiolo entstammen diesen sanften Hügeln. Neben klassischen Rotweinen bringen die Böden hervorragenden Spumante hervor. Als Mekka für Weinfans gilt der 10.000-Einwohner-Ort Canelli in der Provinz Asti, denn hier haben sich drei der größten Kellereien angesiedelt: Gancia, Contratto und Coppo. Berühmt für ihre wertvollen Tropfen, sind diese großen Namen ebenso für ihre unterirdischen Keller bekannt. Sogenannte Wein-Kathedralen mit Tunneln von bis zu 20 Kilometer Länge, die sich in den Tuffstein bohren und längst zum Unesco-Kulturerbe zählen. Die passende Feuchtigkeit, gemäßigte Temperaturen rund 30 Meter unter der Erde, dazu die raumgreifende Stille – wer im Rahmen einer Verkostung durch die spärlich beleuchteten Gänge wandert, versteht sofort, warum diese Hallen „Kathedrale“ genannt werden.

Vor dem Einsatz: die Trüffelsucher von Bergamasco. Foto: Franziska Horn

Zurück im Sonnenlicht, probieren wir andächtig die irdischen Schätze. „Wir sind nicht bekannt für das Blending, das Mischen also, dafür aber für 100 Prozent reine Trauben“, sagt Sommelier Luigi vom Label Coppo und schenkt ein – in diesem Fall einen frischer Spumante, gekeltert nach der „metodo classico“, die italienische Version der „méthode champenoise“. Ein paar Straßenzüge weiter öffnet Sommelier Riccardo im Hause Contratto eine Flasche Millesimato, einen Jahrgangs-Spumante von 2013, gemacht mit 80 Prozent Pinot Noir-Trauben, fein perlend und etwas mineralisch, das bleibt in Erinnerung. Dazu einen heimischen Formaggio di Castelmagno, den es nur im Piemont gibt, fertig ist der Aperitivo! 1867 gegründet, ist Contratto der älteste Spumante-Produzent Italiens. „Die Keller wurden einst per Hand gegraben. Früher hat jeder Bauer Wein für den Eigenbedarf angebaut und fünf Liter am Tag getrunken, um den Kalorienbedarf zu decken“, erzählt Riccardo.

„Surf and Turf“ der alten Schule im Piemont: Vitello Tonnato, Kalbsscheiben mit Thunfischsauce.

Foto: Franziska Horn

Für Menschen, die ein gut gemachtes Vitello Tonnato lieben, erweist sich ein Piemont-Trip als Reise zum Ursprung des Genusses: Denn vom „Fuße des Berges“ kommen sie her (nichts anderes bedeutet der Name Piemont), die mit Thunfischsauce überzogenen Kalbfleischscheiben. Hier, wo maritime (Thunfisch) auf ländliche Einflüsse (Kalbfleisch) treffen und ungewöhnliche Verbindungen eingehen.

Am schönsten ist diese Landschaft im Spätherbst, wenn Nebelschwaden die Täler zwischen sanften Hügeln bedecken. Dann ist Zeit zur Ernte der kraftvoll schmeckenden Haselnüsse. Nicht umsonst wurde das weltbekannte Nutella hier im Piemont als „Crema da Spalmare“, Haselnusscreme, erfunden. Im Herbst ist auch die beste Zeit zur Trüffelsuche, zum Beispiel im kleinen Dorf Bergamasco. 750 Einwohner, ein Restaurant, kein Hotel, aber ein altes Castello aus dem 11. Jahrhundert gibt es, das dem Adelsclan der Gonzaga gehörte, später dann Carlo Leva, unter anderem Produktionsdesigner der Sergio-Leone-Filme. Empfang beim Bürgermeister, das halbe Dorf ist dabei. Seit 1999 feiert man immer am zweiten Sonntag im Oktober die Fiesta di Tartufo, das Trüffelfest.

Immer der Schnauze nach

Die Akteure der Jagd nennt man hier Trifulau (Trüffelsucher) und Tabui (Trüffelhund). Wir folgen Gianpaolo Guastavigna und Hundedame Camilla, ein Lagotto Romagnolo – diese Tiere gelten als wahre Trüffelhunde. Ausgewachsen und trainiert erschnüffeln sie kostbare Preziosen aus der feuchten waldigen Erde, die viel Bares einbringen. „Die Tartufi wachsen spontan, nicht an bestimmten Stellen, das macht das Finden so schwierig“, erklärt Gianpaolo. Stracks läuft Camilla voraus, über die Felder und hinein in einen Hain aus Gelso, Maulbeerbäumen also. „Guarda bene, Topolina!“, ruft Gianpaolo, was soviel heißt wie „Schau gut hin, Mäuschen!“. Prompt fängt Camilla zu buddeln an und da, in rund 20 Zentimetern Tiefe, eine große Knolle! „Nicht kaputtmachen“, mahnt das Herrchen und legt den Tartufo mit einem speziellen Haken namens Zapetta frei. Bravo, Camilla! Rund 250 bis 350 Euro bringt ein „Etto“ vom weißen Trüffel ein, das sind 100 Gramm, eine wahre Delikatesse von Mutter Natur.

„Der schwarze Sommertrüffel heißt Scorzone und wird von Juni bis Ende August geernet, der weiße folgt im Herbst und Winter“ sagt Gianpolo und serviert, zurück im Dorf, handgehacktes Tatar vom Piemonteser Fassona-Rind, eine Rasse, die er persönlich züchtet. Darauf ein paar hauchdünne Raspel vom weißen Tartufo ... Fazit dieser Reise? Alles Gute kommt von unten!

Franziska Horn

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