Zoologie:Aua, aua, aua

Der gähnt nur: Zum Glück leidet dieser Löwe nicht an Zahnschmerzen. (Foto: Stephen Morrison/dpa)

Löwen essen Menschen nur ungern. Doch vor 120 Jahren hielten sich zwei Tiere nicht daran - aus bizarren Gründen.

Von Sebastian Herrmann

Auch Löwen haben kulinarische Vorlieben, zum Glück. Vor die Wahl gestellt entscheiden sich die mächtigen Raubkatzen nämlich in aller Regel für Antilope oder Zebra und gegen Homo sapiens. Im Südosten Kenias hielten sich vor knapp 120 Jahren zwei Löwenmännchen nicht an diesen inoffiziellen Speiseplan: Binnen einiger Monate töteten und fraßen die zwei Tiere Dutzende Gleisarbeiter, die an der Strecke der Uganda-Bahn arbeiteten. Warum die zwei Raubkatzen damals im Jahr 1898 ihr Beuteschema so radikal änderten und ihre Jagdzüge auf Menschen fokussierten, beschäftigt Wissenschaftler noch heute. Nun geben Forscher um Larisa DeSantis von der Vanderbilt University in der Fachzeitschrift Scientific Reports eine überraschende Antwort: Die Löwen litten vermutlich an Zahnschmerzen und fraßen deshalb Menschen. Analysen der Gebisse der beiden Löwen von Tsavo, die einst die Gleisarbeiter gerissen hatten, legten nahe, dass die Tiere an schmerzhaften Abszessen an den Zahnwurzeln gelitten hatten. Diese machten es den Raubtieren wohl unmöglich, große Beute zu reißen oder die Kadaver bereits verendeter Tiere zu zerlegen. Menschen stellten wohl die letzte Möglichkeit für die Löwen dar, etwas zu beißen zu kriegen, was ihnen keine höllischen Zahnschmerzen bereitete. Bisher hatte als wahrscheinlichste Erklärung für den plötzlichen Menschenhunger der Löwen gegolten, dass damals während einer langen Dürre Nahrung einfach so knapp war, dass es für die Löwen nichts anderes gab als Menschenfleisch.

© SZ vom 20.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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