Wasseraufbereitung im All:Cheers!

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Darauf muss angestoßen werden: Astronauten der ISS trinken nun Wasser, das sie aus ihrem Schweiß und Urin gewinnen.

Christopher Schrader

Es war ein denkwürdiger Toast. Die Astronauten auf der Internationalen Raumstation ISS, Gennadi Padalka, Mike Barratt und Koichi Wakata, haben vor einigen Tagen darauf angestoßen, ein Stück unabhängiger von der Erde zu sein. Sie hielten schmale, glänzende Folienbeutel mit speziellen Strohhalmen in der Hand. Barratt brachte einen Trinkspruch aus: "Auf alle, die das möglich gemacht haben."

Die drei Astronauten weihten die Anlage zur Wasseraufbereitung ein. (Foto: Foto: AP)

Auch in der Bodenstation wurden Gläser und Becher in Richtung eines großen Bildschirms gehoben, auf dem die Astronauten zu sehen waren. Diese stießen ihre Drinks ungeschickt aneinander und schlürften Wasser - Wasser das sie vorher als Schweiß abgesondert und als Urin in der Bordtoilette entsorgt hatten.

Der Anlass für die Feier: Kurz zuvor hatten die Nasa-Manager die Benutzung des WRS freigegeben, des Water Recovery Systems. Diese bordeigene Kläranlage der ISS steckt in zwei kühlschrankgroßen Kästen, die der Shuttle Endeavour Ende 2008 zur ISS gebracht hatte.

Sie sind mit der Bordtoilette, den Waschgelegenheiten sowie der Klimaanlage verbunden, sodass sie auch verdunsteten Schweiß aus der Luft zurück gewinnen können. Doch das Recycling des Urins funktionierte zunächst nicht richtig, erst im März brachte die Fähre Discovery ein wichtiges Ersatzteil. 20 Liter aufbereitetes Wasser sind zur Erde zurückgeflogen und in Nasa-Labors untersucht worden. Der Bericht darüber wurde gründlich geprüft, bevor die Freigabe kam.

Im Inneren der Schränke steckt ein komplexes System. Der Urin wird zunächst destilliert. Nach dem Kochen fängt die Kläranlage den Wasserdampf auf. Allerdings muss die Destille dazu rotieren, damit der flüssige Rest außen vom Gas innen getrennt werden kann. Der Dampf wird nach dem Kondensieren mit dem übrigen Brauchwasser gemischt, das durch eine Serie von Filtern und über Katalysatoren läuft, die alle organischen Reste entfernen. Im Prinzip herkömmliche Wassertechnologie, aber extrem verdichtet. Am Schluss werden unter anderem der verbleibende Kohlenstoff sowie die elektrische Leitfähigkeit des Wassers gemessen: Verschmutzungen lassen Strom besser fließen.

Schon während des Endeavour-Fluges hatte die Vorstellung, dass die Astronauten ihren eigenen Urin aufbereiten und trinken, für einige Heiterkeit auf der Erde gesorgt. Die Frankfurter Rundschau zum Beispiel wandelte in einer Reihe von Artikeln systematisch die Titel der Pippi-Langstrumpf-Geschichten von Astrid Lindgren ab. Die Raumfahrer selbst aber nehmen die Sache vollkommen ernst. "Diese Art von Technik bringt uns zum Mond und darüber hinaus", sagt der Astronaut Barratt. Und einer der Manager der ISS, Kirk Shireman, sprach von einem "wichtigen Meilenstein". Tatsächlich rechnet die Nasa fröhlich vor, wie viel Masse sie den regelmäßigen Versorgungsflügen zur Station erspart: fast drei Tonnen Wasser pro Jahr. 1,3 Liter der täglichen Ration von 3,5 Liter kommen von nun an aus dem WRS.

© SZ vom 26.05.2009/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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