Überdüngung:Smog der Meere

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In den Ozeanen ist der Stickstoffgehalt in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch angestiegen, der Eingriff in die Tierwelt ist gravierend. Verantwortlich dafür sind unter anderem Megastädte wie Peking.

Von Marlene Weiß

Der Mensch hat die Ozeane versauern lassen, er hat sie aufgeheizt über den Klimawandel, aber das ist offenbar nicht alles: Auch den Stickstoffhaushalt der Meere hat er mittlerweile erheblich verändert. Im Fachblatt Science beschreiben Forscher um Kitack Lee von der Pohang University of Science and Technology in Korea, dass der Stickstoffgehalt im Nordpazifik in den vergangenen Jahrzehnten stark angestiegen ist (Bd. 346, S. 1102, 2014). Ihre Ergebnisse sind erschreckend: Etwa ein Drittel des im Meer aufgenommenen Stickstoffs hat demnach die Menschheit zu verantworten. Nach Flüssen und Seen, die unter dem Dünger der Landwirte leiden, könnten also nun auch Meere großflächig überdüngt sein - mit unabsehbaren Folgen für das Leben im Ozean.

Anders als Binnengewässer, in die Dünger-Rückstände und damit Stickstoff meist direkt aus dem Boden gespült werden, nimmt der offene Ozean den Stickstoff in erster Linie aus der Luft auf. Gerade in den Ländern in Asien um den Nordpazifik ist jedoch die Luftverschmutzung zuletzt dramatisch angestiegen. Stickoxide aus der Industrie belasten nicht nur die Luft in Peking, sondern werden auch aus den Industriezentren über das Meer geweht. Aus der Landwirtschaft gelangt zusätzlich Stickstoff aus der Düngung direkt in die Luft.

Solange die Luft verschmutzt bleibt, reichert sich der Stickstoff weiter an

Für die Studie haben die Wissenschaftler Tausende Wasserproben analysiert. Zwar gibt es keine älteren Vergleichsdaten, aber anhand einiger Chemikalien lässt sich bei jeder Probe neben dem Stickstoffgehalt bestimmen, wann das Wasser zuletzt an der Oberfläche war. Daraus vermochten die Forscher abzuleiten, dass der Stickstoffeintrag in den vergangenen 40 Jahren massiv angestiegen ist, parallel zum Wirtschaftswachstum in Asien.

Die Folgen der zusätzlichen Düngung sind absehbar: Das Leben im Nordpazifik ist durch Stickstoffknappheit bestimmt, anders als etwa im Nordatlantik, wo eher Phosphat fehlt. Mehr Stickstoff wird also im Nordpazifik wohl zu mehr Wachstum etwa von Algen führen, die wiederum herabsinken und in tieferen Zonen abgebaut werden. Das aber verbraucht Sauerstoff, sodass sich die extrem sauerstoffarmen Todeszonen im Ozean ausdehnen dürften.

Wie gravierend der Eingriff in das globale Gleichgewicht ist, kann man schwer absehen. "Der Effekt ist wahrscheinlich noch nicht mit der Versauerung und der Erwärmung der Ozeane vergleichbar", sagt Nicolas Gruber, Biogeochemiker an der ETH Zürich, der an der Studie beteiligt war. "Aber er kann sich noch verstärken, wenn der Stickstoff sich weiter anreichert." Womit zu rechnen ist, solange die Luft nicht deutlich sauberer wird.

© SZ vom 28.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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