Seismologie:Erdbeben-Vorhersage mit dem Geschichtsbuch

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Forscher wollen mit einer Datenanalyse schwere Erdbeben vorhersagen: In Japan sollen Häufigkeit und Stärke der leichten, alltäglichen Erdstöße vor vergangenen schweren Beben stets ein charakteristisches Muster gezeigt haben.

Von Marlene Weiss

Wann und wo ein schweres Erdbeben bevorsteht, das könnten Muster in lokalen, schwachen Beben verraten. Dies vermutet ein griechisch-japanisches Team um Seiya Uyeda von der japanischen Akademie der Wissenschaften nach der Analyse von historischen Erdbebendaten Japans, die von 1984 bis zum katastrophalen Erdbeben im März 2011 bei Fukushima erfasst wurden.

Die Forscher vermuten, dass die Abfolge leichterer Beben ab einer Stärke von 3,5 auf der japanischen Skala vor einem Großbeben ein charakteristisches Muster zeigt. Von den kleineren Erschütterungen gibt es in Japan etwa 150 im Monat.

Die Wissenschaftler hatten Schwankungen der Häufigkeit und Stärke solcher Beben in ganz Japan analysiert und eine Struktur identifiziert, die jedem der sechs schweren Beben mit mehr als einer Magnitude von 7,6 in den vergangenen Jahrzehnten vorausging - egal wo in Japan. Allerdings zeigte sich das Muster auch bei neun weiteren Gelegenheiten - ohne katastrophale Folgen, was gegen das Modell spricht.

Sind Erdbeben überhaupt vorhersehbar?

Mittlerweile haben die Forscher ihre Analyse auch auf kleinere Gebiete angewandt, wie sie in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences berichten: Demnach zeigen Auffälligkeiten in lokalen Erdbebenmustern auch, in welcher Region das schwere Beben droht.

Erdbeben sind notorisch unzuverlässig; ob und wie man deren Zeit, Ort und Stärke vorhersagen kann, bleibt umstritten. Mehrfach wurde vor schweren Beben auffälliges Verhalten bei Tieren beobachtet, aber für ein Frühwarnsystem eignet sich so etwas kaum. Eher könnten Änderungen im Grundwasserspiegel, Chemikalien in Wasser oder Luft oder vorangehende Erschütterungen drohende Katastrophen ankündigen.

Aber die Datenlage ist unklar: Mal zeigt sich ein Effekt, mal ein anderer, oder ein vermeintlicher Hinweis tritt auf, aber das Beben bleibt aus. Nur einmal, 1975 im chinesischen Haicheng, waren die Stöße vor einem schweren Beben so eindeutig, dass rechtzeitig evakuiert werden konnte.

Am aktuellen Artikel beteiligt ist Panayiotis Varotsos von der Universität von Athen, der seit vielen Jahren die Ansicht vertritt, auch elektromagnetische Signale kündigten Erdbeben an. Diese Theorie sehen Seismologen jedoch skeptisch; nicht ganz klar ist auch, was der physikalische Zusammenhang mit einem Beben wäre. Die neue Analyse kommt ohne solche Signale aus.

© SZ vom 30.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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