Schätze am Meeresboden:Lockruf der Tiefe

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Spanische Schatzgaleonen machen nur einen Teil jener Schiffe aus, die mit Gold und Silber beladen auf den Weltmeeren verloren gingen. Schätze im Wert von 30 Milliarden Euro liegen bis heute am Meeresgrund. Wo die wertvollsten Schiffswracks der Welt liegen, zeigt unsere interaktive Karte.

Alexander Menden

Im Dezember 1940 stach die SS Gairsoppa, ein Handelsdampfer der British Indian Steam Navigation Company, von Kalkutta aus in See. Sie war Teil eines britischen Militärkonvois mit Kurs auf Liverpool.

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Weil der Treibstoff knapp wurde, musste sie jedoch vor der irischen Küste aus dem Schiffsverbund ausscheren. Am 16. Februar 1941 torpedierte und versenkte das deutsche U-Boot U 101 die Gairsoppa auf dem Weg nach Galway. Nur 32 der 85 Besatzungsleute erreichten die Rettungsboote, und nur einer überlebte die zwei Wochen, bis er endlich die Küste von Cornwall erreichte. Die Gairsoppa riss aber nicht nur zahlreiche Menschen, sondern wohl auch eine wertvolle Ladung mit in die Tiefe: An Bord befanden sich 200 Tonnen Silber.

Dieser Schatz, dessen Wert heute auf bis zu 170 Millionen Euro taxiert wird, soll im Frühling 2012 gehoben werden. Die US-Firma Odyssey Marine Exploration teilt mit, sie habe mit Hilfe von Sonartechnik die Lage des Wracks ermittelt. Es liegt 300 Meilen südwestlich von Galway, in 4700 Metern Tiefe. Die Bergung werde kein großes Problem, sagt Geschäftsführer Greg Stemm.

Das Schiff ruhe mit dem Kiel auf Grund, die Laderäume seien offen: "Wir müssten es entladen können, als läge es in einem Frachthafen", schätzt Stemm. Sollte das gelingen, wäre es eine der lohnendsten Bergungen, welche die Firma aus Florida bisher vorgenommen hat. Odyssey Marine Exploration, aufs Lokalisieren und Heben gesunkener Schiffe spezialisiert, hat einen Vertrag mit dem britischen Verkehrsministerium, wonach die Firma bei erfolgreicher Bergung 80 Prozent des Ertrags behalten darf. Der Rest geht an die britische Staatskasse.

Nicht immer sind die rechtlichen Verhältnisse so klar. Vergangene Woche erst bestätigte ein Gericht in Florida ein Urteil, demzufolge Odyssey Marine Exploration Gold und Silber im Wert von 290 Millionen Euro der spanischen Regierung übergeben muss. Nach einem vierjährigen Rechtsstreit wurde damit die Ladung einer spanischen Fregatte, die 1804 von den Briten im Atlantik versenkt und 2007 von der US-Firma geortet worden war, dem Rechtsnachfolger der ursprünglichen Besitzer zugesprochen.

Trotz solcher Streitigkeiten und trotz der hohen Kosten und Gefahren, die auf Schatztaucher warten, kann sich die kommerzielle Suche nach gesunkenen Schiffen lohnen. Auf dem Grund der Weltmeere harren noch etwa drei Millionen Wracks ihrer Entdeckung. In einem Zehntel von ihnen sollen Schätze zu finden sein. Der Gesamtwert ihrer Ladung wird auf bis zu 30 Milliarden Euro geschätzt.

Ein großer Teil der Wracks ist britischer Provenienz und liegt vermutlich nahe der britischen Küste. Das englische "Register of Shipping" verzeichnete allein zwischen 1864 und 1869 an die 10.000 gekenterte Schiffe. Aber auch in der Karibik, entlang der sogenannten Silberroute, sollen noch 3000 gekenterte Schiffe liegen, randvoll mit Schätzen aus Lateinamerika. Archäologen kritisieren, Firmen wie Odyssey Marine Exploration gehe es dabei nicht um wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern allein um finanziellen Gewinn.

Bei den Schätzen muss es sich übrigens nicht immer um Edelmetall oder Porzellan handeln: Der 1916 im Bottnischen Meerbusen gesunkene Schoner Jönköping hatte kistenweise Champagner für Russlands Zaren geladen. Als der Schatz 1997 gehoben wurde, erwies sich das Getränk bei Verkostungen als erstklassig und wurde für drei Millionen Euro versteigert.

© SZ vom 28.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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