Psychologie:Bekannte Geschichten kommen besser an

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Bereits bekannte Anekdoten genießen Zuhörer besonders (Foto: Petra Schulz / una.knipsolina)

Am liebsten hören Menschen Anekdoten, die sie bereits kennen, statt Unbekanntes. Woran das liegt?

Von Sebastian Herrmann

Was das Schöne an Gesprächen mit guten Freunden ist? Dass man die Geschichten seit Urzeiten kennt, die da bei ein paar Bier zum hundertsten Mal aufgewärmt und nachgewürzt werden. Die alten Anekdoten wärmen wie ein Lagerfeuer und halten die Freunde zusammen. Doch auf Nachfrage behauptet jeder, er wolle lieber neue Geschichten hören statt den alten, gut durchgekauten Kram.

Tatsächlich wissen die Menschen mal wieder nicht, was ihnen wirklich gut tut. Wie nämlich Psychologen um Daniel Gilbert von der Harvard University im Fachjournal Psychological Science berichten, genießen Zuhörer besonders jene Geschichten, die sie schon kennen - behaupten aber beharrlich das Gegenteil.

Sowohl Publikum als auch Erzähler gaben in den Experimenten der Wissenschaftler an, dass ihnen Neuigkeiten die größte Freude bereiten würden. Die Experimente ergaben hingegen ein gegenteiliges Bild. In den Versuchen musste ein Erzähler zwei Zuhörern zum Beispiel einen Vortrag zusammenfassen, der sich mit der Intelligenz von Krähen beschäftigte. Die Zuhörer wiederum bewerteten, wie spannend und verständlich die Ausführungen des Erzählenden Probanden waren. Jene Zuhörer, die den Krähenvortrag ebenfalls bereits kannten, empfanden die Gespräche als wesentlich erquickender. Wer hingegen ohne Vorkenntnisse Nacherzählungen über schlaue Vögel hörte, folgte dem Gerede mit Mühe und geringerem Interesse.

"Die meisten sind ziemlich miese Geschichtenerzähler"

"Wenn unsere Freunde uns von Filmen oder Musik erzählen, die wir nicht kennen, langweilen wir uns in der Regel", sagt Gilbert. "Das liegt daran, dass es schwer ist, solche komplexen Erfahrungen anschaulich zu kommunizieren." Wer den Film oder die beschriebene Musik jedoch selbst bereits kennt, kann den Ausführungen besser folgen und ist so in der Lage, die Lücken in den Ausführungen des anderen auszufüllen. Das sorge dafür, dass die meisten Menschen lieber bekannte Geschichte anhören.

Theoretisch wäre es anders, eigentlich erzeugen Neuigkeiten größeres Interesse. "Aber die meisten Menschen sind ziemlich miese Geschichtenerzähler und lassen entscheidende Informationen weg", sagt Gilbert. So gesehen lautet die Nachricht also weniger, dass alte Geschichte spannender sind; sondern, dass es so schwer ist, neue Anekdoten anschaulich zu erzählen.

© SZ vom 15.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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