Psychologie:Vom Lümmeln und Lügen

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Menschen mit Macht und Dominanz zeigen eine besondere Körperhaltung. Und die kann zu negativen sozialen Nebeneffekten führen. Klingt seltsam? Scheint aber zu stimmen.

Von Sebastian Herrmann

Über die richtige Sitzposition auf dem Stuhl vor ihrem Rechner machen sich Büromenschen einen Haufen Sorgen. Wer weiß, wie lange die Bandscheiben das Gelümmel am Schreibtisch aushalten? Dann versuchen sie sich mit einem Schaumgummikeil auf der Sitzfläche zu beruhigen oder balancieren auf einem großen Ball.

Doch eigentlich sollten diese Menschen ihre Aufmerksamkeit auf die Sitzposition ihrer Vorgesetzten lenken.

Psychologen um Andy Yap vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) berichten nämlich, wie sich Macht und Dominanz in der Körperhaltung niederschlagen und wie sich das vor allem auf die Neigung zu unehrlichem, unsozialen Verhalten auswirkt ( Psychological Science, im Druck).

In vier Versuchen fanden die Forscher Belege für ihre These, dass eine raumgreifende Körperhaltung negative soziale Nebeneffekte hat. Die Probanden der Psychologen betrogen in Tests mit höherer Wahrscheinlichkeit, sie schummelten eher bei Spielen und sie behielten eher Geld für sich, das ihnen versehentlich gegeben wurde, wenn sie in einer entsprechenden Position saßen. Wer hingegen beengt saß, zeigte sich ehrlicher.

Auch außerhalb der künstlichen Laborsituation entdeckten die Experimentatoren Indizien für ihre These. Sie überprüften in den Straßen von New York, ob die Größe des Fahrersitzes eines Autos mit der Wahrscheinlichkeit korreliert, dass dieses regelwidrig geparkt ist - was laut ihren Daten in der Tat der Fall war.

Macht macht egoistisch

Die Befunde klingen vielleicht bescheuert, doch sie fügen sich in bisherige Ergebnisse ein. Zum einen zeigen sich Status und Dominanz bei Menschen und Tieren in raumgreifender Körperhaltung. Außerdem, so berichten die Psychologen, kenne die Fachliteratur zig Einzelbefunde, die alle eine Aussage stützen: Macht verleitet zu unehrlichem und egoistischem Verhalten.

Auch sei bekannt, dass Mimik und Körperhaltung Stimmungen sowie Verhalten beeinflussen. Auch ein künstliches Lächeln hebt etwa die Stimmung leicht. Dass aber die Ergonomie des Alltags unbemerkt das menschliche Verhalten lenkt, sei bisher kaum bekannt, sagt Yap. Also Achtung, wenn der Chef in einem großen Sessel hinter einem sehr ansehnlichen Schreibtisch lümmelt: Er könnte ein falsches Spiel spielen.

© SZ vom 27.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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