Psychologie:Kindern ist Freundschaft wichtiger als Fairness

Lesezeit: 1 min

Teilen oder nicht teilen - das ist die Frage. (Foto: dpa)

Vorschulkinder geben beim Spielen einem beliebten Kameraden mehr ab als einem armen, fremden Kind - sogar dann, wenn der Freund reich ist.

Von Astrid Viciano

Die Suche nach dem Edlen im Kinde kann manchmal enttäuschend sein. Zumindest, wenn es um das Teilen von Aufklebern geht. So geben Vorschulkinder einem unbeliebten Spielkameraden kaum bunte Sticker ab, selbst wenn der nur drei der kostbaren Ziermotive besitzt. Einem Freund dagegen reichen sie bereitwillig neue Aufkleber, sogar wenn der bereits mehr als 100 davon in seiner Sammlung hat, das ergab eine Studie des Münchner Entwicklungspsychologen Markus Paulus ( Journal of Experimental Child Psychology).

In drei Experimenten an insgesamt 140 Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren prüfte der Wissenschaftler, ob und wem die jungen Probanden von ihren Stickern abgaben. Mal sollten sie entscheiden, wie sie das kostbare Gut zwischen sich selbst, einem guten Freund und einem unliebsamen Spielkameraden teilen. Mal wurden die Kinder angehalten, ihre Aufkleber direkt zwischen dem beliebten und unbeliebten Spielgenossen aufzuteilen.

Unbeliebte Spielgenossen

Und schließlich mussten sie sich zwischen ihrem Spezi und einem fremden Kind entscheiden. "Selbst unbekannten Kameraden gaben die Probanden mehr Aufkleber ab als dem unbeliebten Spielgenossen", berichtet Paulus. Dies galt besonders für Kinder zwischen fünf und sechs Jahren.

In diesem Alter nämlich können Jungen und Mädchen bereits festere Freundschaften schließen als zuvor. Sie können auch besser verstehen, dass die Kameraden ihr großzügiges Verhalten vermutlich erwidern werden. Und dass die missliebigen Spielgenossen die gute Tat wahrscheinlich nicht belohnen werden.

Den Kindern war demnach Freundschaft wichtiger als Fairness, so stellte Paulus überrascht fest. Bislang waren Psychologen davon ausgegangen, dass mit dem Alter auch der Sinn für Gerechtigkeit wächst und das Verhalten zunehmend bestimmt. Immerhin zeigten sich die Vorschulkinder jedoch edelmütiger als die jüngeren Sprösslinge. Sie gaben insgesamt mehr Aufkleber ab - aber eben vor allem an ihre Freunde.

© SZ vom 03.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: