Polio in Asien:Rückkehr der Kinderlähmung

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In einigen Regionen Pakistans, die von den Taliban kontrolliert werden, scheitern die Impfkampagnen gegen die Kinderlähmung. Nun breitet sich das Virus in Asien erneut aus. Selbst in China sind wieder Kinder erkrankt.

Christina Berndt

Die weltweite Kampagne zur Ausrottung der Kinderlähmung hat erneut einen Rückschlag erlitten. Auf acht Länder war die Krankheit zuletzt begrenzt, die in den 1950er-Jahren noch Millionen Kinder in aller Welt lähmte oder in die Eiserne Lunge zwang.

Polio-Impfung in Pakistan: Hier ist die Kinderlähmung noch heimisch. Von hier aus ist das Virus offenbar nach China vorgedrungen. (Foto: AP)

Doch nun ist die Poliomyelitis erstmals seit 1999 auch wieder in China aufgetreten. Wie genetische Untersuchungen zeigen, ist der Erreger offenbar aus dem benachbarten Pakistan nach Hotan im Westen Chinas gelangt. Dort wurden bereits großangelegte Massenimpfungen begonnen.

Seit vielen Jahren schon gehört Pakistan zu den letzten Ländern, in denen die Kinderlähmung noch heimisch ist und immer wieder Menschen erkranken. Großangelegte Impfprogramme sollten die Poliomyelitis dort eindämmen.

Doch in den vergangenen Monaten nahmen vor allem in Pakistans paschtunischen Stammesgebieten (FATA) immer weniger Kinder an den Impfungen teil. So haben allein in der Region Khyber mehr als 200.000 Kinder keine Impfung erhalten, meldet die Global Eradication Initiative nun. An diesem Zusammenschluss öffentlicher und privater Geldgeber ist die Weltgesundheitsorganisation ebenso beteiligt wie der Rotary-Club, das UN-Kinderhilfswerk Unicef und verschiedene Regierungen.

Die FATA-Regionen im Nordwesten Pakistans befinden sich zum Teil unter der Kontrolle der pakistanischen Taliban. Al-Qaida-Kämpfer sollen sich hier versteckt halten. Unter dem islamistischen Einfluss ist womöglich Misstrauen gegen die Impfungen gesät worden, wie dies auch vor wenigen Jahren in Nigeria der Fall war.

In China hat sich seit 1994 keine Person mehr mit Polio angesteckt; seit 1999 war auch keine Infektion mehr ins Land gebracht worden. Auch im übrigen Asien hat es bis auf einen indischen Fall im Jahr 2010 seit langem keine Erkrankung mehr gegeben. Seit Anfang Juli aber sind nun sieben chinesische Kinder erkrankt.

Über die Zahl der Krankheitsfälle in Pakistan herrscht Unklarheit. Die Zahl der registrierten Fälle hat sich im Vergleich zum Vorjahr beinahe verdoppelt. Allerdings bleiben zahlreiche Ansteckungen unentdeckt, wenn sie nicht zu den besonders auffälligen Lähmungserscheinungen führen. Die WHO befürchtet, dass sich die Polio während der im November anstehenden Pilgerströme nach Mekka ausbreiten wird.

© SZ vom 23.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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